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Kurzfilmfestival British Shorts
Unabhängig auch im Film

Kurz, bunt, britisch - das Kurzfilmfestival "British Shorts" präsentiert 200 Filme aus dem letzten Jahr, von der klassischen Dokumentation bis hin zum Horrorfilm. Der Brexit ist nur selten Thema. Dafür wird das Überschreiten von Grenzen diskutiert.

Von Oliver Kranz | 15.01.2018
    Der britische Blick auf die Welt: Das 10. British-Shorts-Filmfestival in Berlin
    Der britische Blick auf die Welt: Das 10. British-Shorts-Filmfestival in Berlin (imago stock&people)
    Kein roter Teppich, wenig Stars - doch dafür Filme satt, die meisten von unabhängigen Produzenten. Einige dauern nur wenige Sekunden, andere bis zu 30 Minuten. Die Genres sind dabei bunt gemischt. Es gibt Dokumentar-, Animations- und Horrorfilme, Privates und Politisches, Filme von Profis und von Filmstudenten. Darauf ist Jürgen Fehrmann vom Organisationsteam besonders stolz:
    "Das war so, dass wir gemerkt haben, dass junge Filmemacher, die noch studieren und ihren ersten Film machen, unglaublich glücklich waren, dass ihr Film in einem Screening lief mit einem Film, wo Judy Dench zum Beispiel mitgespielt hat. Also das war ein bisschen ein Ansporn, bei dieser Mischung zu bleiben. Und da auch wert draufzulegen."
    Denn die Anfängerfilme können oft neben den Profiproduktionen durchaus bestehen. Gleich am ersten Festivaltag wurde "La Madre Buena" gezeigt, ein Fünf-Minüter von Sarah Clift, die bisher als Art Direktorin und Werbetexterin gearbeitet hat. Er erzählt von einer mexikanischen Mutter, die ihrem Sohn fürs traditionelle Piñata-Schlagen eine Puppe mit dem Gesicht von Donald Trump besorgt. Als sie sie auf dem Rücksitz ihres Mopeds nach Hause bringt, fängt sie an zu sprechen.
    "You might think I don't like Mexico. I Love Mexico. Love It. Beautiful."
    Für dieses heuchlerische Liebesbekenntnis bekommt der Pappmache-Trump beim Piñata-Schlagen ein paar Hiebe ins Gesicht. Die Idee ist einfach, wird aber in dem Film so hinreißend in Szene gesetzt, dass "La Madre Buena" mehrfach ausgezeichnet wurde. Auch beim "British Shorts"-Festival war der Film nominiert, doch er ging bei der gestrigen Preisverleihung leer aus. Den Preis der Jury erhielt "British by the grace of god", ein 15-Minuten-Film von Sean Robert Dunn.
    Partys im Pub
    Der Film erzählt von einer schottischen Familie, die im Sommer des Brexit-Jahres von einer Veranstaltung zur nächsten hetzt. Der Vater demonstriert in einer Paradeuniform seine Treue zur Königin, die Mutter feiert Partys im Pub, der Sohn bleibt allein zu Hause und bringt sich am Ende um. Der Selbstmord lässt das Leben der Eltern als oberflächlich erscheinen. Immerzu wird gefeiert und getrunken - doch wirkliche Ziele scheinen sie nicht zu haben. Die Brexit-Debatte ist im Hintergrund präsent, wird von den beiden, aber nicht wirklich wahrgenommen.
    Nur wenige Filme des Festivals greifen den Brexit in diesem Jahr auf, sagt Andrea Stosiek, die zweite Leiterin des British-Shorts-Festivals:
    "Ich muss sagen, letztes Jahr war es mehr Thema als dieses Jahr bei den Filmen, aber natürlich spielt es immer noch eine Rolle und natürlich ist es auch für viele Filmemacher immer noch ganz wichtig, dass sie sagen, wir kommen jetzt hierhin, aber wir wissen gar nicht, wenn wir nächstes Jahr noch mal kommen, wie das dann wird."
    48-Stunden-Filme
    Im Rahmenprogramm des Festivals gibt es zudem einen Workshop, der das Thema Brexit streift. Die Teilnehmer sollen innerhalb von 48 Stunden kurze Filme herstellen, die zeigen, wie Grenzen überschritten werden können. Mitmachen darf jeder, unabhängig von Alter und Qualifikation. Entsprechend verschieden sind auch hier die Teilnehmer.
    Finnegan: "Ich bin Finnegan. Ich bin noch in der Schule, mache gerade mein Abitur, aber mache als Hobby und Nebenverdienst Kurzfilme."
    Sharareh: "Ich mache gerne Filme, aber bin kein professionell. Ich arbeite mit Refugees. Ich denke einfach, wenn die Menschen miteinander reden und Geschichten hören, dann wird die Grenze verschwinden."
    Sharareh aus dem Iran weiß genau, welche Geschichte sie erzählen will, andere Workshop-Teilnehmer kennen sich mit der Technik des Filmemachens aus. Das Festival bringt sie zusammen. Natürlich ist es nicht leicht, schon nach 48 Stunden ein Ergebnis präsentieren zu müssen, aber es ist auch ein Ansporn.
    "Ich bin dann froh, dass ich mich unter den Druck setze, dass ich den Film dann fertig habe und dass dann der Rahmen da ist und Leute da sind, mit denen man reden kann."
    Sagt eine Frau mittleren Alters, die endlich herausfinden will, wie das Filmemachen funktioniert. British Shorts bietet viele Möglichkeiten. Es ist kein Hochglanz-Festival, sondern eines, das auch Arbeitsprozesse beleuchtet und hinter die Kulissen blickt.