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Lachen
Vom Grinsen und Gackern

Vom Strahlen bis Lächeln - die unterschiedlichen Ausprägungen des Lachens haben neben einer psychischen Wirkung, auch eine gesundheitsfördernde. Wer viel lacht, baut Stress ab, leidet seltener an Krankheiten und kann Schmerzen besser ertragen. Aber es gibt auch die Lachangst.

Von Mirko Smiljanic | 01.08.2017
    Eine Frau liegt auf einem Bett und lacht
    "Wenn man richtig lacht, wird das Zwerchfell in Bewegung gesetzt, und dieses massiert die Leber, die Galle, die Milz, und auch der Magen-Darm-Bereich wird kräftig durchgeknetet, und das ist sehr heilsam", sagt der Geotologe Michael Titze. (imago/Westend61)
    Was gibt es Schöneres als intelligente, gut erzählte Witze?! Der Spaß am Doppeldeutigen, am unerwarteten Ausgang, zum Schluss das befreiende Lachen.
    "Berühmter Witz von Paul Watzlawick, ein genialer Psychotherapeut: Geht ein Mann durch die Straße und klatscht immer zwei Mal in die Hände (klatscht), fragt ihn jemand, was tun Sie da? Ich verjage die Elefanten (klatscht), aber hier gibt es doch keine Elefanten. Sehen Sie,… (Saal lacht)."
    Alle lachen, manche könne sich kaum halten. Zumindest bei dieser Veranstaltung, auf der Eckart von Hirschhausen und Jürgen von der Lippe dem Witz und dem Lachen auf den Grund gehen. Sitzen im Saal also ein paar Hundert Menschen in humoristischem Gleichklang? Wahrscheinlich nicht! Zunächst einmal gibt es zwei Typen lachender Menschen.
    Gelotologen - die Fachmänner des Lachens
    "Es gibt Menschen, die sind extrovertiert und die sind bereit, häufig zu lachen und die können das auch authentisch rüberbringen, bei denen ist es ein echtes Lachen; und dann gibt es viele andere Menschen, die das Lachen kommunikativ einsetzen, was nichts anderes heißt, dass man sich entscheidet, eine Strategie zu nutzen, dann ist es häufig kein echtes Lachen, das aus dem Bauch oder aus dem Herzen kommt, sondern es ist ein gestelltes Lachen, das eine Kommunikation akzentuieren soll", erläutert Dr. Michael Titze, Psychotherapeut und Gelotologe aus Tuttlingen in Baden-Württemberg. Gelotologen beschäftigen sich mit den medizinischen und psychischen Aspekten des Lachens. Lachen, so Titze, sei ein Mittel der Kommunikation. Manche setzen es bewusst ein, andere automatisch – zum Beispiel Babys.
    "In der sechsten Lebenswoche gibt es schon das unspezifische Lächeln des Kindes, das einfach ein Kommunikationsangebot ist, man spricht auch von einem "sozialen Schmiermittel", deswegen, weil die Bezugsperson, also Mutter und Vater über dieses Lächeln geradezu konditioniert werden, ein Brücke zum Kind aufzubauen."
    Nur hartgesottene Zeitgenossen sind nicht fasziniert vom Lächeln ihres Kindes, normalerweise verfallen Eltern geradezu dem ersten Strahlen. Brückenbauen ist eine wichtige Funktion des Lächelns, kein Flirt, kein anregendes Gespräch funktioniert ohne Lächeln und Lachen. Was aber nicht bedeutet, dass Lachen ausschließlich positive Bedeutungen hat.
    "Es kann auch signalisieren, dass derjenige, der lacht, dass er sich sehr stark fühlt, auch in einem aggressiven Sinne, und dieses sehr laute, sehr offensive Lachen, das kann unter Umständen auch eine feindselige Tendenz haben und kann sogar dazu führen, dass Menschen, die zum Beispiel in ihrer Kindheit, in der Pubertät häufig erlebt haben, dass sie das Ziel dieses aggressiven Lachens sind, dass die dann eine Lachangst entwickeln."
    Gelotophobie - die Angst vor dem Lachen
    Brüllend lautes Lachen schüchtert ein. Am schlimmsten aber ist es, ausgelacht zu werden: Ausgelachte Menschen – besonders häufig sind Kinder betroffen – fühlen sich bloßgestellt. Eine ebenso schmerzhafte wie entwürdigende Erfahrung. Die daraus entstehenden psychischen Probleme, unter anderem die Angst vor dem Lachen, fassen Fachleute unter dem Begriff "Gelotophobie" zusammen. Dabei lachen alle zunächst einmal gerne, vor allem Kinder.
    "Die einfachste Form, um zum Lachen zu kommen, ist die körperliche Stimulation, das wäre das Kitzeln, das funktioniert eigentlich immer, das funktioniert auch bei einem Kind. Andere Formen des Lachens ergeben sich, wenn man etwas lustiges, belustigendes, etwas komisches wahrnimmt, das bedeutet, wenn man Zusammenhänge erkennt, die eigentlich nicht dem natürlichen Lauf der Dinge entsprechen, also das, was wir im Alltagsleben erwarten, was wir uns jeden Tag als etwas normales vor Augen führen."
    "Alter Herr holt sich einen neuen BMW, fährt Probe und jagt über die Autobahn, 200, 230, 240,… hinten sieht er ein Blaulicht und denkt, scheiße, den hängste ab, 260, sagt er, komm, du bist 76, jetzt hör mit dem Scheiß auf, halt an. Er hält an, der Polizeiwagen hält, Fenster runter, sagt der Polizist, passen Sie auf, ich hab in zehn Minuten Feierabend und möchte ins Wochenende, wenn Sie mir eine Ausrede bringen, warum Sie so schnell gefahren sind, die ich noch nie gehört habe, können Sie weiterfahren. Sagt er, meine Frau ist vor zehn Jahren mit einem Polizisten durchgebrannt, jetzt hatte ich Angst, Sie wollen sie wiederbringen,… (Saal lacht)."
    Wer lacht, aktiviert 80 Muskeln
    Über die Auslöser von Lachen wird häufig geschrieben und gesprochen, ebenso über die psychische Wirkung. Weniger bekannt sind körperliche Aspekte. Zunächst einmal ist Lachen ausgesprochen anstrengend: Wer lacht, aktiviert im Gesicht 17 Muskeln, am ganzen Körper sogar 80. Lacher atmen stoßweiße, ihre Luft rast mit fast 100 Kilometern pro Stunde durch Bronchien und Lunge, die Stimmbänder von Männern vibrieren rund 300 Mal pro Sekunde, die von Frauen 500 Mal. Je angespannter die Muskeln im Gesicht und im Oberkörper sind, desto entspannter ist die Beinmuskulatur. Manche Lacher können kaum noch stehen. Und wer ganz heftig lacht, pinkelt sich schon mal in die Hose: Die Blasenmuskulatur erfüllt beim Lachen nicht mehr ihre Funktion.
    "Der Hauptmuskel beim Lachen ist das Zwerchfell. Wenn man richtig lacht, wird das Zwerchfell in Bewegung gesetzt, und dieses massiert die Leber, die Galle, die Milz, und auch der Magen-Darm-Bereich wird kräftig durchgeknetet, und das ist sehr heilsam, weil zum Beispiel Blutfette auf diese Weise in Bewegung gesetzt werden, entfernt werden, sodass sie dort nicht mehr abgelagert werden können, und auf diese Weise wird auch die Verdauung gefördert."
    Wer viel lacht, nimmt drei Mal mehr Sauerstoff auf, die Lunge wird besser belüftet, die Wahrscheinlichkeit von Atemwegskrankheiten sinkt. Lacher bauen Stress ab, leiden seltener an Infektionskrankheiten und Herzinfarkten, außerdem können sie chronische Schmerzen besser ertragen. Lachen ist rundum positiv, weshalb es auch therapeutisch eingesetzt wird. Beim Lachyoga zum Beispiel sollen Klatsch-, Dehn- und Atemübungen die Probanden zum Lachen stimulieren. Die medizinisch heilsame Wirkung setzt allerdings nur bei häufigem und längerem Lachen ein – hin und wieder künstlich Lächeln reicht nicht. Bleibt zum Schluss die Frage: Können auch Tiere lachen?
    "Tiere können lachen! Da sind zunächst mal die Primaten, die auch entsprechende Lachlaute haben, und dann scheint es so zu sein, dass selbst Nager, Ratten, lachen können, auch da gibt es bestimmte Lachlaute, die wir aber nicht hören können, weil sie in einem anderen Bereich verortet sind. Das würde beweisen, dass das Lachen etwas ist, was bei vielen Lebewesen so etwas wie ein Lebensmechanismus ist."