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Landwirtschaft in Simbabwe
Rückkehr der weißen Farmer

Seit dem Jahr 2000 enteignete die Regierung des damaligen Präsidenten Robert Mugabe 4.000 weiße Farmer in Simbabwe. Viele der Ländereien liegen seither brach. Nachdem Mugabe 2017 gestürzt wurde, können die ersten Vertriebenen zurückkehren - ein Hoffnungsschimmer.

Von Sebastian Engelbrecht | 04.05.2018
    Rob Smart steht vor seinem kleinen Bürohaus auf dem Grundstück seiner Farm
    Nach der Machtübernahme durch den neuen Präsidenten Mnangagwa durfte Rob Smart im Februar auf seine Farm in den Eastern Highlands zurückkehren (Deutschlandradio / Sebastian Engelbrecht)
    Aus weißen Rohren sprüht Wasser im hohen Bogen über ein Kartoffelfeld. Einer der Arbeiter auf dem Feld ist Mike Chinoiunoiu, ein Mann Mitte 50 im weißen Polohemd. Er hält ein Funkgerät in der Hand, begrüßt den Reporter als "Boss". Seit Februar ist sein tatsächlicher Boss, der weiße Simbabwer Rob Smart, zurück auf der Farm.
    "Seit er zurück ist, sind alle froh, weil wir wieder Geld von ihm bekommen. Als er nicht da war, hatten wir kein Geld. Die Kinder gingen nicht zur Schule und so weiter. Als er zurückkam, haben sich alle gefreut, weil wir von ihm bezahlt werden."
    Mike Chinoiunoiu spricht in nüchternen Worten von seinem Chef, ohne Begeisterung. 92 US-Dollar im Monat verdient er jetzt wieder, seit Rob Smart zurück ist. Der 72-Jährige sitzt etwa einen halben Kilometer entfernt vom Kartoffelfeld - im weiß getünchten Bürohäuschen der "Lesbury Farm".
    "Eines Tages kamen sie mit bewaffneter Polizei"
    Das Frühjahr 2017 hat er noch gut im Gedächtnis, als drei schwarze Simbabwer ihn und seine Familie von hier vertreiben wollten.
    "Einer von ihnen, Bischof Mananga von der Pfingstkirche, sagte, die Regierung hätte ihm ein Stück Land angeboten. Wir haben ihm gesagt: Das können Sie nicht machen! Wir haben schon Land aufgegeben, wir sind schon verkleinert worden und haben da ein Rechtsverfahren durchgemacht. Das kann nicht noch mal gemacht werden. Sie können uns nicht von unserer einzigen Existenz vertreiben, und wir haben auch kein anderes Zuhause."
    Rob Smart hat rosige Haut und blaue Augen, er trägt ein verwaschenes grünes Hemd mit dem Emblem einer simbabwischen Tabakfirma. 1946 wurde er auf der Farm geboren. Rob baute wie seine Eltern Tabak, Mais und Gemüse an und hielt Vieh. Im Juni 2017 musste die Familie die Lesbury Farm verlassen.
    Pflanzen auf einem Feld unter strahlend blauem Himmel
    Auf seiner Farm baut Rob Smart Kartoffeln und Tabak an (Deutschlandradio / Sebastian Engelbrecht )
    "Eines Tages kamen sie mit zwei großen Lastwagen und bewaffneter Polizei, und sie brachten ein paar einfache Leute mit. Sie kamen und zerstörten alle Schlösser im Haus. Es gab zwei Häuser - das von meinem Sohn und meins. Sie warfen alle unsere Sachen heraus, packten sie auf Lastwagen und schmissen es auf die Hauptstraße."
    4.000 weiße Farmer wurden enteignet
    So wie Rob Smart ging es vielen. Seit dem Jahr 2000 enteignete die Regierung des damaligen Präsidenten Robert Mugabe 4.000 der etwa 4.500 weißen Farmer in Simbabwe, verstaatlichte das Land, überließ es schwarzen Kleinbauern. Mitglieder der Regierungspartei ZANU-PF bereicherten sich und übernahmen ganze Farmen. Aber den meisten fehlte das Wissen, wie sie die großen Ländereien betreiben sollten und auch das Geld. Denn Banken im In- und Ausland geben nur wirklichen Landeigentümern Kredite.
    Rob Smart und sein Sohn Darryn überließen schon 2003 drei ihrer vier Farmen freiwillig dem Staat. Zwei Jahre später mussten sie auch die Hälfte der Lesbury Farm abgeben. Danach gehörten ihnen immerhin noch 700 Hektar Land. Immer wieder muss der alte Farmer schlucken, wenn er seine Geschichte erzählt.
    "Wir mussten in die Berge fliehen und blieben dort, mein Sohn, meine Schwiegertochter und ihre kleinen Söhne, acht, und sechs Jahre alt. Es war traumatisch für alle von uns, auch für unsere Arbeiter. Sie wurden auch aus ihren Häusern vertrieben von diesen gierigen Typen. Aber sie haben es nicht selbst gemacht. Bischof Mananga war dafür zu klug. Er schickte seine bewaffneten Leute."
    Anruf der Regierung
    Der Sturz des Diktators Robert Mugabe Ende November 2017 brachte die Wende. Der heutige Interims-Präsident Emmerson Mnangagwa sah bei einer Investorenkonferenz in Südafrika Bilder von der Vertreibung der Familie Smart im Fernsehen.
    "Präsident Mnangagwa sah das und sagten den Leuten: Das ist heute ein Problem in unserem Land. Leute nehmen das Gesetz selbst in die Hand. Das ist pure Habgier. Das werde ich beenden."
    Zwei Tage nach der Machtübernahme durch Präsident Mnangagwa erhielt Rob Smart einen Anruf von der Regierung. Die Familie könne auf die Lesbury Farm zurückkehren. Die simbabwische Armee vertrieb die Besatzer.
    "Wir brauchen einen Weißen"
    Heute ertönt mittags um 12 wieder die Sirene und ruft die Landarbeiter zur Pause. Mike Chinoiunoiu, einer von Smarts Arbeitern, erzählt, zwischen Kartoffelpflanzen in der Herbstsonne stehend, die Farmbesatzer hätten auch die schwarzen Arbeiter aus ihren Häusern verjagt.
    Der Arbeiter Mike Chinoiunoiu vor einem Kartoffelfeld
    Seit Rob Smart zurück ist, verdient Arbeiter Mike Chinoiunoiu wieder rund 92 US-Dollar im Monat (Deutschlandradio / Sebastian Engelbrecht)
    "Dieses Land sollte einem Weißen gehören. Wir brauchen einen Weißen, der diese Farm betreibt. Wenn das Schwarze versuchen, schaffen sie es nicht. Sie haben kein Geld. Aber wenn er da ist, arbeiten hier alle und verdienen ihr Geld."
    Eins mussten die Smarts allerdings hinnehmen: Sie sind nun nicht mehr Eigentümer ihrer Farm. Das Land gehört dem Staat. Sie verhandeln derzeit mit der Regierung über einen Pachtvertrag für 99 Jahre. Aber die finanziellen Probleme schwarzer Farmer haben sie nicht. Die Firma British American Tobacco hilft ihnen über den finanziellen Engpass beim Neuanfang hinweg.