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Laserlicht als "Klebemittel"

Technik. - Nachwachsende Rohstoffe sind nicht nur "ökologisch" interessant. Sie sind sehr stabil und dabei deutlich leichter und oft auch flexibler als Blech. Allerdings sind sie nicht so leicht mit anderen Komponenten zu verbinden, wie es die traditionellen Werkstoffe sind. Am Laserzentrum Hannover experimentieren Wissenschaftler mit einem Verfahren, das Holzfaser-Bauteile mit Hilfe von Laserlicht mit anderen Komponenten verschweißt.

06.02.2003
    Von Michael Engel

    "Man sieht nichts, man hört nichts, man riecht nichts." Wenn Laserlicht zum Fügen eingesetzt wird, verläuft alles - äußerlich betrachtet - völlig unspektakulär, sagt Stefan Bartcikowsky. Und er sieht dabei sichtlich stolz aus. Der Chemiker entwickelte im Laserzentrum Hannover mit den Fördermitteln des Bundeswirtschaftsministeriums ein Laser gestütztes Verfahren zum Verbinden von Holzwerkstoffen mit Polymeren. Der Kunststoff wird dabei auf eine Holzfaserplatte gepresst, dann kommt das Laserlicht - und schon beginnt es an der inneren Berührungsfläche zu brodeln. Wie gesagt: unsichtbar für das menschliche Auge. Bartcikowsky:

    Man muss sich das so vorstellen, dass der Kunststoff für den Laserstrahl transparent ist. Der Laserstrahl kann dort hindurchsehen - "sieht" in Häkchen das Holz - und eben dort wird die Energie deponiert. Der Kunststoff ist typischerweise ein bis zwei Millimeter dick, und dann strahlt eben diese Wärme von dem Holz in den Kunststoff hinein und es gibt diese wunderbare, sehr feste Verbindung, die eben gegenüber dem Kleben wesentliche Vorteile hat.

    Eine Laseranlage lässt sich im Handumdrehen für immer neue Aufgaben programmieren. Diese "Flexibilität" ist nach Meinung des Laserzentrums der entscheidende Vorteil gegenüber der Klebetechnik. Der Laserstrahl darf die Holzoberfläche aber nicht höher als 400 Grad Celsius erwärmen, sonst würden die Holzfasern verkohlen. Doch so hoch muss die Temperatur des Laserstrahls gar nicht eingestellt werden: die meisten Kunststoffe wie Acrylglas, PVC oder Carbonatglas schmelzen schon oberhalb von 90 Grad. Die Schmelze fließt dann in die Poren der Holzoberfläche hinein und "verkrallt" sich makroskopisch mit dem Faserwerkstoff zu einer festen Verbindung. Bartcikowsky:

    Derzeit ist es so, dass bei allen Proben, die wir geschweißt haben, die wir miteinander gefügt haben: wenn man den Kunststoff und das Holz auseinanderreißt, dann ist es so, und das ist eigentlich ein sehr gutes Signal, dass das Reißen im Grundwerkstoff passiert. Das heißt: die Fügezone ist fester. Die resultierende erstarrte Schmelze ist fester als der Grundwerkstoff selbst. Und das - finden wir - ist ein gutes Zeichen, wenn eine Verbindung so dauerhaft und fest ist.

    Möglicherweise - so der Chemiker - schmilzt auch der Naturstoff "Lignin" im Holz und verbindet sich mit der Polymerschmelze. In diesem Fall könnte man tatsächlich von einem "Schweißvorgang" sprechen, der die extremen Haftungseigenschaften erklären könnte. Bartcikowsky:

    Genau, das ist ein sehr interessante Punkt, was auch von werkstoffwissenschaftlicher Sicht interessant ist, dass Holz einerseits das Lignin mitbringt, das schmelzflüssig durch Temperatureinbringung werden kann, also ein Thermoplast ist und daher auch mit allen anderen Thermoplasten verschweißt werden kann. Den wissenschaftlich korrekten Nachweis dafür haben wir noch nicht erbracht, wir haben eher die Anwendung im Auge, und da eben dieses Schweißen funktioniert, sind wir zunächst einmal daran interessiert, vernünftige Prozessgeschwindigkeiten zu erreichen, und auch vernünftige Anwendungen gemeinsam mit unseren zahlreichen Partnern demonstrieren zu können, um eben einen Markt dafür zu erschließen.

    Noch "schweißt" der Laser mit einer Vortriebsgeschwindigkeit von einem Meter pro Minute - Ziel sind 80 Meter pro Minute, was mit einer deutlichen Erhöhung der Laserleistung von derzeit 100 Watt erreicht werden soll. Bereits in einem Jahr - so die Hoffnungen - soll es einen marktfähigen Prototypen geben. Die Apparatur könnte Tischplatten mit Kunststofffurnier verkleben und nachwachsende Holzfaserwerkstoffe für den Karosseriebau interessant machen.