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"Lasst uns diese verdammte Ost-West-Verkeilung auflösen"

Wagenknecht, Bartsch, Lafontaine, Gysi und andere: Die Prominenz und die Basis lieferten sich beim Parteitag der Linken einen bemerkenswert intensiven Schlagabtausch. Am Ende standen ein neues Führungsduo und die Gewissheit: Hinter den Appellen an Gemeinsamkeit schwelt weiter der Funken der Unruhe.

Von Christiane Wirtz | 03.06.2012
    Der Mann, der die Linke in die Zukunft führen will, wohnt an diesem Wochenende auf dem Parkplatz vor dem Lokschuppen. Jürgen Stange ist mit seinem Wohnmobil von Koblenz nach Göttingen gekommen, um den Machtkampf in der Linken zu beenden und sich auf dem Parteitag um das Amt des Vorsitzenden zu bewerben.
    "Keiner weiß, wer ich bin – nur, dass ich mal Karnevalsprinz in Berlin war."
    Zur Feier des Tages, seiner Kandidatur, hat sich der Mann mit grauem Backenbart und langem Pferdeschwanz für einen Nadelstreifenanzug entschieden. Am späten Samstagabend steht der 64-Jährige am Rednerpult, er streckt die Arme weit aus, schräg nach oben und nach unten, um seine Argumente zu bekräftigen. In der Wahlordnung hat er gelesen, dass sich jedes Mitglied um den Parteivorsitz bewerben kann. Also hat er sich beworben. Denn er will den Finger in die Wunde legen. Den Machenschaften in seiner Partei ein Ende machen.
    "Lieber Oskar, lieb, durchaus ehrlich gemeint, mit Respekt vor Deiner Lebensleistung, aber zur Wahl antreten mit der Bedingung, dass kein Gegenkandidat antritt, das passt nicht ..."

    Sieben Minuten hat jeder Kandidat, um sich vorzustellen. Danach stehen die vier Männer, die sich im zweiten Wahlgang um den Vorsitz bewerben, an zwei weißen Bistrotischen. Die Delegierten fragen, sie antworten. Jürgen Stange hat sich ganz nach links gestellt, neben ihm – einen ganzen Kopf größer - der langjährige Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch und der Gewerkschafter Bernd Riexinger. Rechts außen steht ein Mann mit blauer Kappe und Freizeit-Blouson – noch ein Mann aus der Partei, der ähnlich schlechte Chancen hat wie Jürgen Stange. Eigentlich hat die Situation etwas Absurdes, wie dieses ungleiche Quartett so dasteht, doch die Lage ist zu ernst. Bartsch und Riexinger kommt nicht einmal ein Schmunzeln über die Wangen, denn in wenigen Minuten wird sich hier ein Machtkampf, der Machtkampf, entscheiden. Von der größten Krise der Linken ist seit Wochen die Rede – und wenigstens in diesem Punkt sind sich die Anhänger aller Flügel einig.
    "Eine Partei, die Solidarität auf ihren Fahnen hat, die kann sich doch nicht innerparteilich so engagieren, wie wir in letzten Wochen, liebe Genossinnen und Genossen."
    Dietmar Bartsch ist sehr blass an diesem Abend. Er hat seine Kandidatur schon im November vergangenen Jahres erklärt – lange bevor Oskar Lafontaine nach der verlorenen Wahl in NRW verkündete, dass er bereit sei, die Linke noch einmal zu retten. Allerdings zu seinen Bedingungen. Als sich die Partei aber nicht von ihm retten lassen wollte, zog sich der Gründungsvater zurück.
    Viele Genossen aus seinem Lager forderten dann, auch Bartsch solle seine Kandidatur zurückziehen. Sahra Wagenknecht warnte vor einem Show-Down.
    Dieser Show-Down ist jetzt gekommen.
    "Die Totenglöckchen und Spaltung, was da geredet wird, alles Unsinn, wenn wir es wollen, kommen wir zurück auf die Erfolgsspur. Dankeschön!"

    Die Dramaturgie des Klatschens auf diesem Parteitag ist vorhersehbar. Spricht Bartsch, kommt der Applaus aus dem Osten. Ganz besonders laut klatschen die Delegierten aus Mecklenburg-Vorpommern, die in der Mitte vor der Bühne sitzen. Schließlich kommt Bartsch aus ihren Reihen. Dem 54-Jährigen wird immer wieder vorgeworfen, dass er die Nähe zur SPD suche. Die Eigenständigkeit der Linken aufs Spiel setze, weil er die Regierungsverantwortung suche. Lafontaine und die meisten westlichen Landesverbände stehen dagegen für harte Opposition und eine klare Abgrenzung gegenüber den Sozialdemokraten. Dieser Konflikt droht die Partei in Göttingen zu zerreißen.
    "... und lasst mich noch etwas sagen, zu diesen Spaltungsdebatten: Ich habe keinen Delegierten auf diesem Kongress gesehen, der anderer Meinung ist. Wir haben nur als Linke als gesamtdeutsche Partei Zukunft."

    Bernd Riexinger spricht und der Westen applaudiert. Nachdem Lafontaine sein Angebot zur Rettung zurückgezogen hatte, schickte er den ver.di-Mann aus Baden-Württemberg als seinen Kandidaten ins Rennen. Der 56-Jährige war auf Bundesebene bislang noch nicht allzu bekannt, Parteiämter hatte er nur in seinem Landesverband. Doch die Patenschaft des Patriarchen verhilft ihm zu überraschender Popularität.
    "Lasst die Farbe Rot Mode werden. Lasst uns eine starke Linke aufbauen. Dankeschön!"

    Auf diesen zweiten Wahlgang, bei dem sich Männer und Frauen bewerben konnten, war am Samstag alles hinausgelaufen. Den ganzen Tag über steht die Frage im Saal, ob Sahra Wagenknecht noch in allerletzter Minute ihre Kandidatur ankündigen würde. Sie kandidiert. Sie kandidiert nicht. Sie kandidiert. Von Stunde zu Stunde finden neue Spekulationen ihren Weg durch die Reihen der Delegierten. Erinnerungen an den SPD-Parteitag in Mannheim werden wach. An jenem Tag 1995, als eigentlich Rudolf Scharping wieder Parteivorsitzender werden sollte. Oskar Lafontaine ihm aber im letzten Augenblick einen Strich durch die Rechnung machte.
    "Oskar, manches hat bitter wehgetan. Aber wir müssen jetzt die Kraft finden, die Schmerzen der Vergangenheit hinter uns zu lassen, denn wir haben eine Aufgabe, die wichtiger ist als wir selbst."
    Doch Göttingen ist nicht Mannheim. Endlich, gegen halb zehn am Abend, kündigt die Tagungsleitung eine persönliche Erklärung von Wagenknecht an. In einem petrolgrünen Kostüm steigt die 42-Jährige die Stufen zur Bühne hinauf, stellt sich ans Rednerpult. Ihre Miene verrät Entschlossenheit.

    "Ich weiß, dass natürlich, dass seit Tagen, seit Wochen über meine Kandidatur spekuliert wurde und mich haben auf diesem Parteitag noch sehr viele Genossinnen und Genossen angesprochen, aufgefordert, anzutreten. Ich habe einfach das Bedürfnis, hier zu sagen, warum ich es nicht tue."

    Sie tut es nicht, weil sie sich eigentlich viel mehr für den Vorsitz in der Bundestags-Fraktion interessiert, für jenen Job, den noch Gregor Gysi macht. Für den Parteivorsitz hätte sie wohl nur im Notfall kandidiert – also in dem Fall, dass die Stimmung in Göttingen eindeutig pro Bartsch ist. Die Lebensgefährten Lafontaine und Wagenknecht aber haben ein gutes Gespür für die Stimmung des Parteitages. Am Ende halten sie Risiko für kalkulierbar, schicken ihren Kandidaten allein in die Abstimmung. Denn wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
    "Auf Dietmar Bartsch entfielen 251 Stimmen, das sind 45,23, auf Bernd Horn entfielen zwei Stimmen, das sind 0,36 Prozent, auf Werner Klein entfiel keine Stimme, Bernd Riexinger erhielt 297 Stimmen, das sind 53,51 Prozent, Jürgen Stange erhielt eine Stimme, das sind 0,18 Prozent - es gab vier Stimmenthaltungen. Damit ist Bernd Riexinger zum Parteivorsitzenden der Linken gewählt worden."

    Bernd Riexinger wird von den Delegierten aus Baden-Württemberg gefeiert wie ein Held. "Ihr habt den Krieg verloren", rufen die Linken aus dem Westen und meinen die Parteifreunde aus dem Osten. Schon nach wenigen Minuten ist der Sieger in einem Pulk von Menschen und Kameras verschwunden. Sahra Wagenknecht, die an diesem Tag nur selten ihren Platz in der ersten Reihe verlassen hat, findet trotzdem ihren Weg zu ihm. Auch Dietmar Bartsch ist einer der ersten Gratulanten. Er hat knapp verloren - und doch hat er verloren. Als er den Glückwunsch erledigt hat, verschwindet er hinter den schwarzen Vorhängen in den Kulissen. Was aus ihm jetzt wird? Die Linke wird seine politische Heimat bleiben, auch wenn es andere, unmoralische Angebote gibt.

    "Seit 1990 kenne ich SPD-Mitglieder, die sagen, komm doch zu uns. Das ist für mich jetzt keine Besonderheit. Wie gesagt, seit über 20 Jahren kenne ich dieses Angebot."

    Bernd Riexinger bahnt sich seinen Weg durch die Menge; zusammen mit Katja Kipping, die schon in der ersten Runde zur Vorsitzenden gewählt worden war, zieht er durch den Saal nach vorne. Noch etwas unbeholfen legt der Gewerkschafter seinen Arm um die Schulter der neuen Partnerin, tastet unsicher über ihre Haut, sie trägt das blaue T-Shirt rückenfrei. Kaum auf der Bühne angekommen, sind sie auch schon wieder von Kameras umlagert. Sie wirken wie ein Brautpaar, das auf einmal, ganz unverhofft beim Speed-Dating zueinandergefunden hat.
    "Ich bedanke mich auch ganz herzlich für das Wahlergebnis
    und ich möchte noch einmal betonen, dass das, was ich bei meiner Rede gesagt habe, sehr ernst gemeint ist und dass ich mit allen, die mich nicht gewählt haben, zuerst in Kontakt kommen will."

    "Liebe Genossinnen und Genossen, damit das passiert, heißt es jetzt wirklich, nachdenklich zu sein bei den nächsten Wahlen, und ich bitte um Verständnis, dass wir beide uns jetzt erst einmal kurz zurückziehen und uns etwas besser kennenlernen."

    Katja Kipping schaffte es im ersten Wahlgang mit einer klaren Mehrheit an die Spitze der Partei.
    Die Satzung der Linken sieht vor, dass sich in diesem ersten Wahlgang nur Frauen um das höchste Amt bewerben dürfen. Vor dem Parteitag trauten sich vier Genossinnen eine solche Kandidatur zu. Doch kurz vor der Wahl sind es nur noch zwei.
    "Deswegen habe ich mich entschieden, meine Kandidatur zurückzuziehen."

    Katharina Schwabedissen ist die Sprecherin der Linken in Nordrhein-Westfalen. Sie hat ihre Partei im Mai in die kleine Bundestagwahl geführt, die strategisch so wichtige Wahl an Rhein und Ruhr – und musste am Wahlabend desaströse 2,5 Prozent kommentieren. Dass sie nach einer solchen Niederlage eine Kandidatur überhaupt gewagt hat, zeigt, wie verzweifelt die Personalsituation der Linken sein muss. Während sie ihren Rückzug bekannt gibt, steht Katja Kipping neben ihr am Rednerpult. Die beiden wollten als weibliche Doppelspitze kandidieren, doch jetzt stehen sie nur wenige Minuten gemeinsam auf der Bühne des Parteitags. Sie lachen tapfer in die Kameras.
    Ihre gemeinsame Kandidatur konnte taktisch erfolgreich verhindert werden. Schließlich hatten sich Sahra Wagenknecht und auch Klaus Ernst schon vor Göttingen klar für ein Duo Kipping/Riexinger ausgesprochen. Schon bevor Kipping ihre Rede hält, ahnen die meisten im Saal, dass ihre letzte Mitbewerberin, Dora Hayenn aus Hamburg, keine Chance hat.

    "Ich bin 63 Jahre, habe drei Kinder und bin Lehrerin. Diese qualitative, pädagogische Ausbildung hat mir in der Partei schon so manches Mal geholfen und der Partei auch."

    Pädagogik allein wird nicht reichen, um die tief zerstrittene Partei wieder zusammenzuführen. Strategie, Taktik, gerne auch Intrige – das sind wohl eher die Methoden der Genossen. Katja Kipping aber gibt sich optimistisch. Sie will einen neuen Weg beschreiten, einen dritten Weg, der eben nicht in eines der verfeindeten Lager führt. Sie will die Trennung zwischen Ost und West überwinden.
    "Mein Freundeskreis ist voll von Mischehen. Meine Tochter ist übrigens – so gesehen – ein reiner Ost/West-Mischling. Wir finden, es gibt Strömungsauseinandersetzungen in der Partei und dann lasst uns offen darüber reden, aber lasst es uns nicht verschleiern, hier daraus eine Ost-West-Auseinandersetzung zu machen. Entscheidet selber, welche Kandidatinnen uns Kandidaten ihr richtig findet, welche ihr vorne sehen wollt – aber bitte, lasst uns diese verdammte Ost-West-Verkeilung auflösen."

    Dann entscheiden die Delegierten.
    "Auf Dora Hajenn entfielen 162 Stimmen, das sind 29,3 Prozent, auf Katja Kipping entfielen 371 Stimmen, das sind 67,1 Prozent.
    Damit ist Katja Kipping gewählt. Herzlichen Glückwunsch Katja!"

    Vor den Wahlen zum neuen Vorstand hat sich am Mittag Klaus Ernst aus dem Amt verabschiedet. In einem grauen Anzug tritt er ans Rednerpult und erinnert seine Partei noch einmal an die große linke Idee. Denn eigentlich ist doch gerade jetzt ihre Zeit – jetzt, wo der Euro seinen Wert verliert und die Regeln des Kapitalismus infrage stehen. Die Genossen in Griechenland und auch in Frankreich machen es doch vor – sie zeigen, wie stark die Linke sein kann.
    "In Frankreich ist es Melenchon gelungen, dem neuen Präsidenten Hollande unsere Konzepte aufzuzwingen.
    Alexis Zipras wird womöglich bald griechischer Ministerpräsident."

    Zum Abschied bekommt Klaus Ernst von seiner Partei einen italienischen Fresskorb. Denn der bayrische Genosse ist bekannt für seine Lebensfreude – auch wenn ihm das seine Partei immer wieder übel genommen hat. Der scheidende Vorsitzende hinterlässt eine Partei, die in den bundesweiten Umfragen derzeit zwischen fünf und sechs Prozent liegt. Bei der Bundestagswahl 2009 waren es noch fast 12 Prozent gewesen. Für ein letztes Bild stellen sich Klaus Ernst, Oskar Lafontaine und Gregor Gysi noch einmal gemeinsam auf die Bühne – hinter ihnen ist in großen Buchstaben der Slogan des Parteitags zu lesen: "Solidarisch. Gerecht. Demokratisch. Friedlich." Als Gregor Gysi spricht, wird schnell deutlich, was die Partei darunter versteht.
    "Aber in unserer Fraktion im Bundestag herrscht auch Hass. Und Hass ist nicht zu leiten. Seit Jahren versuche ich, die unterschiedlichen Teile zusammenzuführen. Seit Jahren befinde ich mich wirklich zwischen zwei Lokomotiven, die aufeinander zu fahren. Und ich weiß, dass man dabei zermalmt werden kann. Seit Jahren bin ich in der Situation, mich entweder bei der einen oder bei der anderen Gruppe unbeliebt zu machen. Und ich bin es leid."
    Dass diese beiden Lokomotiven nun gerade in Göttingen, in einem ehemaligen Lokschuppen, aufeinander rasen, hat seine eigene Symbolik. Gregor Gysi hat bis zum Schluss zu vermitteln versucht, zwischen Lafontaine und Bartsch.
    Doch ohne Erfolg – was, wie Gysi betont, nicht an dem Mann aus dem Osten lag. Am Ende aller Diplomatie sprach sich der Fraktionsvorsitzende dann auch gegen Lafontaine aus. Jetzt, hier in Göttingen, versucht er wieder zu vermitteln. Er gibt alles, spricht, bis sein Gesicht rot anläuft, und er seine Füße nicht mehr auf der Bühne halten kann, kleine Sprünge in die Luft macht.

    "Und ich verstehe es auch nicht – was ist denn eigentlich so schlimm daran zu akzeptieren, dass wir im Osten eine Volkspartei sind. Was ist denn eigentlich so schlimm daran, umgekehrt zu akzeptieren, dass wir im Westen eine Interessenpartei sind? Warum kann uns das nicht bereichern? Ich will nicht begreifen, dass uns das spaltet."
    Oskar Lafontaine sitzt unten in der ersten Reihe, hört seinem langjährigen Weggefährten aufmerksam zu. Er lässt die Stimmung im Saal auf sich wirken, schreibt noch ein paar Stichworte für seine Rede auf ein weißes Blatt Papier. Ob "Spaltung" auch darauf steht? Die 500 Delegierten aus Ost und West hören, was Gregor Gysi sagt, minutenlang herrscht eine betretene Stille in der großen Halle. "Spaltung" – dieses Wort war in den vergangenen Tagen zwar immer wieder gefallen, aber so deutlich wollten es die Genossen nun wirklich nicht hören.
    "Ich wünsche Euch eine glückliche Hand und einen klugen Kopf. Wir müssen es gegen alle Unkenrufe schaffen. Und mit den Worten Karl Liebknechts sage ich Euch: trotz alldem."
    Während Gregor Gysi auf seinen Platz zurückkehrt, lässt Oskar Lafontaine seine Hände nur ein paar Mal träge ineinander fallen. Nein, wirklich applaudieren will er nach dieser Rede nicht. Er sieht auf die Uhr, jetzt ist seine Zeit gekommen.
    "Und deshalb sage ich heute trotz all der Schwierigkeiten, die Gregor Gysi hier angeführt hat. Es gibt keinen Grund, das Wort Spaltung in den Mund zu nehmen. Ich bitte Euch alle, lasst dieses Wort in Zukunft weg aus eurem Diskurs."
    Auch er spricht mit hochrotem Kopf, so, als wolle ihm gleich die Luft ausbleiben. Noch einmal, vielleicht ein letztes Mal, legt er sich ins Zeug für sein politisches Projekt: eine Partei links der SPD, an der er sich bis heute abarbeitet.
    "Und wenn dieser geniale Stratege Gabriel, diese drei Loser, sag ich jetzt, an der Spitze der SPD, Gabriel, Steinmeier und Steinbrück, die alle nur Landtagswahlen verloren haben. Wenn die jetzt sagen, die Linken sind für die SPD keine Option, dann sage ich ihnen, wenn es nicht irgendwann mal jemanden gibt, der wirklich einen linken Gegenentwurf organisieren will in der Bundesrepublik gegen Schwarz-Gelb, dann ist die SPD auf Dauer dazu verurteilt, Vizekandidaten zu küren."
    Gregor Gysi gegen Lafontaine, es ist der Kampf der Giganten.

    "Deshalb war es gut, dass die Beiden wirklich hier auch die Masse noch einmal so ein bisschen einstimmen, einpeitschen können, könnte man fast sagen. Also kraftvolle Reden, wie man lange nicht so gesehen hat, würde ich sagen."

    Doch ohne Mikrofon sind auch andere Töne zu hören
    Die Delegierten aus dem Osten sind frustriert über die Rede Lafontaines; seine mangelnde Bereitschaft, auf Gregor Gysi zuzugehen, sich um eine Versöhnung der Partei zu bemühen. Ob Katja Kipping und Bernd Riexinger, den beiden neuen Vorsitzenden das gelingen wird, bleibt abzuwarten.

    Es wird eine schwere Aufgabe, zumal für zwei auf bundespolitischer Ebene eher unerfahrene Protagonisten, denn der Graben zwischen Ost und West hat sich hier in Göttingen durch die Kampfkandidatur nur noch weiter vertieft.

    "Es wird ja immer wieder die Einheit beschworen und dann werden eben solche Siegesgesänge angestimmt, und es wird dann doch der Sieg über die eine oder andere Seite gefeiert, obwohl die ganze Zeit gesagt worden ist: Das darf nicht passieren."

    Auch Jürgen Stange, der ehemalige Karnevalsprinz aus Koblenz, hatte keinen Grund zum Feiern. Nur ein einziger Delegierter hatte ihm seine Stimme gegeben.

    "Ich hatte im Prinzip schon von vorneherein gewonnen - durch die Tatsache, dass ich Rederecht bekomme. Das habe ich weidlich genutzt. Die Delegierten hier sind mit mir zu einem großen Teil nicht zufrieden. Das sieht man ja auch am Wahlergebnis."

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