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Lauschangriff aufs All

Die Radioastronomie bringt erstaunliche Details zu Tage. Mit dem Radioteleskop Effelsberg bei Bad Münstereifel tragen deutsche Wissenschaftler seit mehreren Jahrzehnten wesentliche Daten zu der Forschungsarbeit bei. Vor 35 Jahren ging die voll bewegliche Antennenschüssel mit 100 Metern Durchmesser in Betrieb.

Von Mathias Schulenburg | 12.05.2006
    Als die weiße Riesenschüssel am 12. Mai 1971 in Effelsberg in der Eifel eingeweiht wurde, erregte die kühne Konstruktion großes öffentliches Aufsehen.

    "Es war weltweit das größte frei bewegliche Radioteleskop, und das für drei Jahrzehnte,"

    sagt heute Norbert Junkes vom Bonner Institut für Radioastronomie der Max-Planck-Gesellschaft.

    "Seit nunmehr sechs Jahren haben wir Konkurrenz, unsere amerikanischen Kollegen haben ein Radioteleskop der gleichen Klasse, also auch der 100-Meter-Klasse, gebaut, das von der Oberfläche her geringfügig größer ist. Aber die beiden, jedes auf seiner Seite, des Atlantiks, sind auch im internationalen Netzwerk die begehrtesten Partner."

    Nach wie vor spielt das Effelsberger Radioteleskop mit seinen 100 Metern Durchmesser einen wichtigen Part in der Radioastronomie, die den Himmel nicht im Spektralbereich des sichtbaren Lichtes beobachtet, sondern in einem für die menschlichen Sinne unzugänglichen Teil des elektromagnetischen Spektrums. Das aber kann, der Name sagt es ja schon, von radioartigen Gerätschaften empfangen, verarbeitet und in Bilder oder Töne umgesetzt werden. Das gelingt sogar mit einem gewöhnlichen Radio oder Fernseher: Das heftige Rauschen, das zu hören ist, wenn man einen unbesetzten Kanal angesteuert hat, rührt von der Radiostrahlung des Planeten Jupiter her.

    Wenn Experten mit Schüsseln wie der Effelsberger den Jupiter anpeilen, können sie Signale aufnehmen, aus denen sich feine Details über die Magnetfelder dieses Planeten ableiten lassen.

    Wird das Effelsberger Radioteleskop mit seinem amerikanischen Pendant in West Virginia über moderne Kommunikationsleitungen zusammengeschaltet, entsteht ein virtuelles Radioteleskop, das um ein Vielfaches schärfer sieht als die Einzelschüsseln.

    "Dieses weltweite Netz von Radioteleskopen, Sie können so genau hingucken, dass Sie - rein im Vergleich - zwei nebeneinander liegende Münzen auf dem Mond - zwei nebeneinander liegende Handys auf dem Mond, dann hätten wir die Radiostrahlung auch - unterscheiden können."

    Das ermöglicht nicht nur fantastische Aufnahmen, sondern auch sehr erdnahe Beobachtungen. Die Kontinente etwa driften mit der Geschwindigkeit wachsender Fingernägel über den Erdmantel, und wo sie aufeinander drücken, türmen sich - ganz langsam - Gebirge auf, bebt die Erde. Darüber wüsste man gern Genaueres, was man tatsächlich mit Radioastronomie in Erfahrung bringen kann. Denn wenn man ein sehr fernes Objekt anpeilt, lässt sich aus der allmählichen Änderung von dessen Signalen die Geschwindigkeit ableiten, mit der sich die Teleskope auf den driftenden Kontinenten relativ zueinander verschieben, und damit die Kontinente, was wiederum die Geologen interessiert. Und was lässt sich mit dem Effelsberger Teleskop sonst noch herausfinden?

    "Wir haben mit unserem Teleskop zusammen mit Partnern den gesamten Himmel in Radiowellen kartiert. Ein Rekord, den das Teleskop aufgestellt hat: Das entfernteste Wasser, das im Kosmos entdeckt wurde, Moleküllinien von H2O, von Wasser also, in 750 Millionen Lichtjahren Entfernung; neue Moleküle, die entdeckt wurden; Pulsare, extrem schnell rotierende Neutronensterne bei den höchsten Frequenzen beobachtet, bei Wellenlängen von 9 Millimetern nur."

    Pulsare sind die Reste explodierter Sonnen, die sich drehen und dabei wie ein Leuchtturm Strahlungsblitze aussenden. Die kann man in ein Geräusch umrechnen.