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Leben mit Neurodermitis
"Man muss selber zum mündigen Patienten werden"

Neurodermitis kann eine extrem lästige und unangenehme Krankheit sein. Vor allem quälender Juckreiz lässt die Betroffenen leiden. Außenstehende können die Probleme kaum nachvollziehen. Doch wie erleben Neurodermitis-Patienten ihre Krankheit?

Von Mirko Smiljanic | 06.12.2016
    Eine Frau cremt ihre Hände ein.
    Chronischer Juckreiz: Zentrales Symptom beim atopischen Ekzem, das landläufig Neurodermitis genannt wird. (imago )
    Stefan Wehr ist Vorstandsmitglied des "Bundesverbandes Neurodermitis". Er hat der "Sprechstunde" seine Leidensgeschichte erzählt:
    "Ja, das fing schon im Kleinkindalter an, ich habe Erinnerungen, dass ich mit meinen Eltern im Schwimmbad gewesen bin und da auch Kontakt mit der Wiese hatte und dann auf einmal erste Erscheinungen an den Kniekehlen hatte, ja, so ging’s dann seinen Weg sozusagen, aber da hatte ich zu dem Zeitpunkt noch wenige betroffene Stellen gehabt.
    In der Jugend ging es etwas zurück, dann wurde es eher als junger Erwachsener schlimmer, stetig halt über eine gewisse Zeit, bis ich dann mit Mitte 20 eine Phase hatte, wo es mir ganz, ganz schlecht ging, da war fast der komplette Körper betroffen, das war auch die Zeit, wo die Leidenszeit auch am höchsten war.
    "Der Hautarzt hilft einem nicht weiter"
    Ja, natürlich ein sehr, sehr starker Juckreiz, der sehr belastend ist, der auch dazu führt, dass man schlecht schläft und sich auf viele andere Dinge nicht konzentrieren kann, wie zum Beispiel Arbeit oder Studium, was ich seinerzeit eben gemacht hab, das lenkt dann sehr ab und führt auch nachher dazu, dass man gedanklich nur noch mit der Krankheit beschäftigt. Was auch aus psychologischer Sicht ein Problem ist, weil, die Krankheit wird ja nicht dadurch besser, wenn man sich permanent damit auseinandersetzt.
    Ich habe irgendwann mal einen Punkt erreicht, da habe ich eine Radiosendung gehört, da wurde über das Thema berichtet, und dann kam ich über diesen Weg auf den "Bundesverband Neurodermitis", und da habe ich sehr viel Hilfe erfahren, und ich habe dann einfach festgestellt, der Hautarzt hilft einem nicht weiter, es gibt dann nur die Symptombehandlung per Kortison im Wesentlichen, und man muss selber zum mündigen Patienten werden, und da hat auch gerade die Selbsthilfeorganisation mir dann sehr gut weitergeholfen, sodass ich heute ein sehr stabiles Hautbild hab.
    Möglichkeiten stationärer Behandlung
    Auf welche Idee ich damals selber gar nicht gekommen wäre, ist, sich mal stationär behandeln zu lassen. Krankenhaus und Klinik waren für mich nie eine Behandlungsmethode für Hautkrankheiten, aber das war auch ein sehr guter Hinweis, den ich damals bekommen habe vom "Bundesverband Neurodermitis", sich einfach mal dahin zuzuwenden. Man muss natürlich auch gezielt nach Kliniken suchen, die eine ganzheitliche Behandlung machen. In vielen Kliniken wird die volle Kortisonbreitseite gegeben für zehn Tage, da sieht man dann erscheinungsfrei aus, aber nach drei Tagen ist die Erkrankung wieder voll zurück. Das habe ich auch von vielen anderen Patienten in den Kliniken gehört. Ein großer Vorteil ist auch, man hat eine Rundumbetreuung, selbst wenn man nachts große Probleme hat, starken Juckreiz, man hat ständig Pflegepersonal um sich rum, allein das hilft schon sehr, sehr gut, muss ich sagen."