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Lebensarbeitszeit
Deutsche bekommen immer länger Rente

Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) fordert, dass die Rente später beginnen müsse. Naturgemäß gibt es sowohl Zustimmung als auch Gegenwind für diese Ansicht. Hintergrund der Debatte ist, dass die Deutsche Rentenversicherung neue Zahlen vorgelegt hat - demnach beziehen die Deutschen für immer längere Zeit eine Rente.

Von Gerhard Schröder | 25.07.2016
    Mehrere ältere Personen sitzen am auf einer Parkbank im Schlosspark Pillnitz (Sachsen).
    Rentner: Für immer längere Zeit können die Deutschen statistisch betrachtet ihren Ruhestand genießen. (picture alliance / dpa / Arno Burgi)
    Absurd und völlig weltfremd nennt Michaela Rosenberger, die Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung, Genuss Gaststätten NGG, den Vorschlag des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), die Lebensarbeitszeit über 67 Jahre hinaus weiter zu verlängern. Sabine Zimmermann von der Linkspartei spricht von einer rentenpolitischen Geisterfahrt.
    Unterstützung kommt dagegen vom CDU-Wirtschaftsrat und von der Jungen Union. Die neuen Zahlen zeigten, dass es nur gerecht sei, das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung zu koppeln, sagte Paul Ziemiak, der Vorsitzende der Jugendorganisation der CDU. Über die Rente mit 67 hinaus muss ein Mechanismus greifen, dass ein Drittel der gestiegenen Lebenserwartung zu längerer Arbeitszeit wird, forderte der JU-Chef in der "Bild"-Zeitung. Soll heißen: Erhöht sich die Lebenserwartung um drei Jahre, müssten die Beschäftigten ein Jahr länger arbeiten.
    In die gleiche Richtung zielt das Institut der Deutschen Wirtschaft. Dessen Geschäftsführer Hubertus Bardt hatte die Verlängerung der Lebensarbeitszeit zunächst auf 69, bis 2041 sogar auf 73 gefordert. Nur dann wird verhindert, dass die Rentenbeiträge steigen und das Rentenniveau weiter als geplant sinken muss, argumentierte Bardt in der "Bild"-Zeitung.
    Neue Zahlen der Deutschen Rentenversicherung
    Hintergrund sind neue Zahlen der Deutschen Rentenversicherung. Weil die Lebenserwartung steigt, erhöht sich auch die Zeit, in der die Deutschen Rente beziehen. 2015 stieg die Bezugsdauer bei Frauen im Durchschnitt auf 22,8 Jahre, bei Männern waren es 18,8 Jahre. Zum Vergleich: Zehn Jahre zuvor hatten Frauen nur 21,2 Jahre Altersgeld bezogen, anderthalb Jahre weniger, bei den Männern waren es 16,4 Jahre, über 2 Jahre und vier Monate weniger. Grund ist die steigende Lebenserwartung in Deutschland. Frauen bezogen im vergangenen Jahr im Durchschnitt bis zum 84 Lebensjahr Altersrente, Männer in der Regel bis zum 79.
    Die steigende Rentenbezugsdauer bedeutet, dass die Rente insgesamt über einen längeren Zeitraum gezahlt wird, was sich auch positiv auf die Rendite der Beitragszahlungen zur gesetzlichen Rentenversicherung auswirkt, bemerkte die Rentenversicherung. Die negative Seite: Längerer Rentenbezug belastet die Rentenkasse, erst Recht in Zeiten des demografischen Wandels, wenn immer weniger Beschäftigte immer mehr Ruheständler finanzieren müssen.
    Allerdings sind Effekte längerer Lebensarbeitszeiten begrenzt. Das Prognos-Institut hat das einmal durchgerechnet, wenn die Deutschen ab 2030 schlagartig drei Jahre später in Rente gingen, nicht erst mit 64, wie derzeit, sondern erst mit 67.
    Das Ergebnis: Die Rentenbeiträge würden bis 2040 einen halben Prozentpunkt geringer steigen, auf gut 23 Prozent. Das Rentenniveau würde sich um knapp einen Prozentpunkt erhöhen. Nicht gerade ein durchschlagender Erfolg.
    Ohnehin schaffen es viele schon heute aus gesundheitlichen Gründen nicht, bis zur Regelaltersgrenze zu arbeiten, und müssen mit hohen Abschlägen vorzeitig in Rente gehen. Karl-Josef Laumann, der Vorsitzende des Arbeitnehmerflügels in der CDU, fordert daher, die Erwerbsminderungsrenten zu verbessern. Wer aus gesundheitlichen Gründen früher in Rente gehe, dem müssten die Abschläge erspart bleiben, sagte Laumann, der dafür knapp zwei Milliarden Euro veranschlagte.
    Er sprach sich außerdem dafür aus, Selbstständige zur Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung zu verpflichten, damit sie besser gegen Altersarmut abgesichert seien. Forderungen, die auch der Deutsche Gewerkschaftsbund unterstützt. Gleichzeitig müsse aber das Rentenniveau stabilisiert werden, damit die Altersgelder nicht weiter an Wert verlören, sagte DGB-Vorstand Annelie Buntenbach.