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Lebensmittelverpackungen
Gesundheitsrisiken durch Druckfarben

Wieder einmal sind Farben, mit denen etwa Servietten oder Pappteller bedruckt sind, ins Visier der Behörden geraten. Damit sollte man so wenig wie möglich in Kontakt kommen, so das Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin. Mindestens ebenso problematisch sind allerdings Lebensmittel-Verpackungen.

Von Anja Nehls | 11.08.2014
    tellerKinder feiern einen Kindergeburtstag an einem bunt gedeckten Tisch.
    Gerade zur Grillsaison oder bei Kindergeburtstagen geht es häufig nicht ohne Pappteller und Papierservietten. Doch offenbar gilt: Je hübscher und bunter, je giftiger. (picture-alliance/ dpa / Stephan Jansen)
    Es geht vor allem um Lebensmittel, die länger mit den bedruckten Papptellern oder Servietten in Berührung kommen. Zum Beispiel das Brötchen, das in die Serviette gewickelt wird oder der Salat, der auf dem Pappteller vor sich hin suppt.
    Gerade zur Grillsaison oder bei Kindergeburtstagen im Freien geht es ja häufig nicht ohne: Pappteller und Papierservietten. Aber, je hübscher und bunter, je giftiger, sagt jedenfalls das Bundesinstitut für Risikobewertung.
    Im Auftrag einiger Bundesländer wurden jetzt nämlich die Risiken untersucht, die von den Druckfarben ausgehen, mit denen Becher Teller, Pappkartons, Bäckertüten oder Servietten bedruckt sind. Viele Farben können "primäre aromatische Amine" enthalten – und die können krebserzeugende und erbgutverändernde Eigenschaften aufweisen. Für den Verbraucher ist das gefährlich, weil die Farben in das Essen übergehen können.
    Das Bundesinstitut für Risikobewertung ist also zu dem Schluss gekommen, dass der Verbraucher auf jeden Fall so wenig wie möglich mit solchen Substanzen in Kontakt kommen sollte – und der derzeitige Grenzwert für krebserzeugende primäre aromatische Amine sollte überprüft werden.
    Bundeslandwirtschaftsministerium will Druckfarbenverordnung erlassen
    Beim Bundeslandwirtschaftsministerium hat man das Problem erkannt und will, übrigens schon seit längerer Zeit, eine Druckfarbenverordnung erlassen. Diese ist zurzeit innerhalb der Bundesregierung in Abstimmung und geht dann an die Europäische Kommission. Das wichtigste Kriterium dieser Verordnung ist dabei die sogenannte Positivliste sagt Christian Fronczak vom Bundeslandwirtschaftsministerium:
    "Diese Positivliste enthält Druckfarben, die unbedenklich sind und als solche auch geprüft wurden. Das heißt, alle anderen, die nicht auf dieser Liste stehen, dürfen in Druckfarben, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, nicht mehr verwendet werden. Es gibt noch keinen festen Zeitpunkt, ab wann das greift, aber das ist zeitnah zu erwarten."
    Und damit könnte der Verbraucher dann auf der sicheren Seite sein, meint Christian Fronczak vom Bundeslandwirtschaftministerium:
    "Indem Produkte und Bestandteile von Druckfarbe, die gegebenenfalls Nieren schädigen können, Leber schädigen können aber auch Krebs verursachen könnten, nicht mehr in derartigen Farben verwendet werden können."
    Gefahr von Verpackungen
    So weit so gut, sagt dazu die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch. Allerdings seien die Druckfarben auf den Verpackungen bei Weitem nicht das größte Problem. Viel gefährlicher seien nämlich die Verpackungen selbst, zum Beispiel Kartons aus Recyclingpappe, sagt Matthias Wolfschmidt von Foodwatch:
    "Der Recyclingprozess für Papier und Kartons, das ist keiner, der auf die Anforderungen des Lebensmittelrechts ausgerichtet wäre, sondern es werden im Grunde alle Papierwaren, Kartonagen, alles was man sich so denken kann, dem Papier- und Papprecycling zugeführt. Es geht da um Hochglanzmagazine, um Tageszeitungen, die mit mineralölhaltigen Farben bedruckt sind, die am Ende des Recyclingprozesses immer wieder in solchen Fasern landen, aus denen Kartons für Lebensmittel hergestellt werden."
    Zum Beispiel für Nudeln, Reis oder für Müsli, ein Beispiel sind auch Schadstoffe, die im Dezember 2012 in der Schokolade aus Adventskalendern gefunden wurden und die aus der Verpackung stammten. Dabei ist die Gesetzeslage eigentlich eindeutig, sagt Matthias Wolfschmidt: Es darf keine Umverpackung verwendet werden, die die Qualität eines Lebensmittels negativ beeinträchtigt. Dass das doch so ist, hat sogar das Landwirtschaftsministerium selber in einer Studie herausgefunden, in der es heißt:
    "Die Ergebnisse des Projektes zeigen, dass die Konzentration bekannter Kontaminanten im Recyclingkarton kaum ausreichend gesenkt werden können, die große Zahl potentieller migrierender Stoffe lässt zudem keine verlässliche Bestätigung der lebensmittelrechtlichen Konformität und Unbedenklichkeit zu. Die Einführung einer Barriereschicht für Verpackungen aus Recyclingkarton erscheint daher unverzichtbar. Zitat Ende. Und daher sagen die, es hilft nur eins, eine Barriereschicht einzuführen, die verhindert, dass aus der Umverpackung irgendetwas in das Lebensmittel hineinmigrieren kann."
    Das heißt also, selbst wenn man eine Bedruckung eines Pappkartons, einer Verpackung, eines Papptellers oder einer Serviette komplett verbieten würde, könnte man das Problem ohne Barriereschicht nicht in den Griff bekommen, meint Foodwatch. Die Barriereschicht selber ist dann allerdings wieder der nächste Diskussionspunkt.
    Nun sollen die Hersteller von Verpackungen, Papptellern und Servietten also erstmal eine Erklärung abgeben, dass ihre verwendeten Druckfarben auf der in Kürze zu verabschiedenenden Positivliste stehen. Damit ist allerdings nur ein kleiner Teil des Problems für uns Verbraucher gelöst.