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Leichtathletik
Protest gegen die Lauf-Maut

1 Euro für jeden Läufer, der das Ziel erreicht. Der Deutsche Leichtathletik-Verband will diese Gebühr ab kommendem Jahr bundesweit bei allen Läufen erheben, die bei ihm gemeldet sind. Doch der Unmut in der Laufszene ist groß. Besonders bei den kleinen Ausrichtern.

Von Jessica Sturmberg | 25.04.2015
    Der Schlossparklauf in Moers am Niederrhein, 38. Ausgabe.
    Der Schlossparklauf in Moers am Niederrhein, 38. Ausgabe. (Jessica Sturmberg)
    Der Schlossparklauf in Moers am Niederrhein, 38. Ausgabe. Eine Laufveranstaltung, bei der mehr als 2.000 Läufer teilnehmen und tausende Besucher kommen. Auch bei Nieselregen. Andreas Stiller ist Vorsitzender des Moerser Turnvereins und einer der Hauptorganisatoren des Schlossparklaufs. Er macht das ehrenamtlich, investiert viel Zeit, um das jährliche Laufspektakel auf die Beine zu stellen. Mit offizieller Zeitmessung, Startnummer mit Chip, Bühne, Rahmenprogramm, Kaffee, Kuchen, Hüpfburg. Die Stadtwerke, Sparkasse, Autohaus und andere örtliche Unternehmen sind als Sponsoren dabei. Und trotzdem muss Andreas Stiller hart kalkulieren:
    "So eine Veranstaltung die schafft man nicht unter 15.000, 20.000 Euro und die muss man halt schaffen mit Sponsoren und mit Startgeldern. Und die Förderungsmaßnahmen der Städte werden immer geringer, weil die pleite sind. Die Stadt Moers ist nicht gerade mit Geld bestückt, im Gegenteil. Und wenn der DLV jetzt nochmal bei und, wenn wir jetzt 2.000 Finisher haben, 2.000 Euro abkassieren will, dann müssen wir wieder gucken, wo kriegen wir das Geld her."
    Dass der Deutsche Leichtathletik-Verband ab nächstem Jahr einen Euro für jeden erwachsenen Läufer kassieren will, der ins Ziel kommt, stört ihn. Bisher mussten die Veranstalter je nach Landesverband 25 oder maximal 50 Cent pro Teilnehmer zahlen. Für den Moerser TV ist eine Verdreifachung dieser Gebühr nicht so einfach aufzufangen. Das soll der Sportverein auch gar nicht selbst auffangen, meint der Präsident des Deutschen Leichtathletik Verbandes, Clemens Prokop:
    "Der Mehrbetrag würde nach unserer Vorstellung auf die eigentliche geplante Organisationsgebühr des Veranstalters draufgeschlagen und ich glaube nicht, dass ernsthaft Läufer sich diese geringfügige Erhöhung der Laufgebühr am Ende von dem Lauf abschrecken lassen würden."
    Die Läufer in Moers zahlen 10 Euro für einen 5 oder 10-Kilometer-Lauf, wären sie bereit noch einen weiteren Euro zu zahlen?
    "Also einen Euro finde ich sehr hoch! Ob man jetzt einen Euro mehr oder weniger zahlt, das finde ich nicht das ganz große Thema. / Wenn das direkt an den DLV geht, bin ich durchaus bereit mehr zu bezahlen."
    Es sind viele unter den Startern, die den Euro zahlen würden, aber – und das betonen die meisten – nur wenn sie genau wissen, was mit ihrem Geld geschieht. Zum Beispiel:
    "Für Jugendförderung, für Markierung von Laufstrecken, Verwaltung auf keinen Fall und Spitzensport muss jetzt auch nicht. / Das sollte schon an der Basis bleiben und einen Nutzen haben. / Man könnte es gutheißen, wenn das Geld in die Jugend investiert wird, aber ich glaube nicht, dass dies der Fall sein wird und deswegen bin ich dagegen."
    Ein Teil der Gebühr wird – wie zuvor auch schon – für Versicherung, Härtefallfonds und Verwaltungsleistungen des DLV verwendet, sagt Präsident Prokop. Natürlich seien die Kosten dafür jetzt nicht um das Doppelte oder Dreifache gestiegen. Die Läufer könnten sicher aber sein,
    "dass sie nicht nur eine ganze Reihe von Gegenleistungen dafür erhalten, sondern das dieses Geld auch unmittelbar wieder in den Sport reinvestiert wird und zwar zu 100 Prozent. Insbesondere in den regionalen Sport, weil ja der ganz große Teil der Laufgebühr den Landesverbänden zugutekommt und damit eben wieder dem Sport vor Ort."
    Konkreter wird Prokop nicht, kann er auch nicht, weil nur rund ein Drittel der Gebühr an den Bundesverband geht, der Rest an die Landesverbände fließt. Wie die wiederum das Geld investieren, liegt in deren Hand.
    Horst Milde, Vorsitzender von Germanroadraces, der Vereinigung von Laufveranstaltern in Deutschland, findet die Erhöhung grundlegend auch deswegen falsch, weil eben nicht genau gesagt werde:
    "Was passiert mit dem Geld, was zusätzlich eingenommen wird? Ist es für Schulden, die abgedeckt werden müssen oder für zusätzliche Dinge, die nichts mit dem Laufsport zu tun haben? Darum geht's den Veranstaltern, dass sie so offensiv dagegen sind. Und das sollte man besprechen und bedenken."
    Die Gespräche finden jetzt nach und nach statt. Im Landesverband Nordrhein beispielsweise kommenden Mittwoch. Doch das hätte der DLV machen müssen, bevor er die Gebührenerhöhung beschloss, findet Milde. Und er betont, bei wem der Ärger besonders groß ist:
    "Der Berlin-Marathon, der Hamburg-Marathon, die lachen darüber, die könnten 20, 30 Euro mehr nehmen und trotzdem würden sie ihr Kontingent voll haben. Darüber reden wir eigentlich auch gar nicht. Wir reden über den kleinen Veranstalter auf dem platten Lande, denen tut es weh und darum geht es.