Freitag, 29. März 2024

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Leichtathletik-Reformen
"50 Kilometer Gehen entfaltet über die lange Distanz Faszination"

Der Leichtathletik-Weltverband IAAF hat Mitte März umfangreiche Reformen beschlossen. Langstrecken-Disziplinen stehen auf der Abschussliste. Auch die 50 Kilometer im Gehen haben keine Zukunft mehr. Man müsse den Zuschauern diese Disziplin verständlicher machen, sagte der deutsche Geher Carl Dohmann im Dlf.

Carl Dohmann im Gespräch mit Astrid Rawohl | 31.03.2019
Geher Carl Dohmann aus Deutschland freut sich im Ziel.
Geher Carl Dohmann wurde Fünfter bei der EM in Berlin 2018 über 50 Kilometer (picture alliance / dpa / Hendrik Schmidt)
Der Leichtathletik-Weltverband IAAF hat weitreichende Änderungen beim Gehen beschlossen, die wichtigste ist die Verkürzung der Distanzen. Die lange Distanz über 50 Kilometer Gehen und wohl auch die kurze Distanz von 20 Kilometern sollen verkürzt werden. Die beiden neuen Distanzen werden aus den vier Möglichkeiten 10, 20, 30 oder maximal 35 Kilometer ausgewählt. Diese sollen ab 2022 gelten.
Er fürchte, dass die Langdistanzen komplett wegfallen könnten, da man die Wettkämpfe kompakter, kürzer und fernsehtauglicher gestalten wollte, sagte der deutsche Geher Carl Dohmann im Dlf. Er persönlich hoffe, dass die 20 und 35 Kilometer erhalten bleiben, damit die Rennen nicht zu schnell werden und der Charakter einer Ausdauersportart erhalten bleibe.
"Verkürzung der Distanzen ein Trugschluss"
Die Verkürzung der Distanzen soll ab der WM 2023 in Budapest gelten. Die Weltmeisterschaften im Herbst in Doha (Katar) und Eurgene (USA) 2021 sollen noch nach dem alten Prinzip durchgeführt werden. Auch die Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio bleiben noch unberührt.
"Alle versprechen sich dadurch, dass es kürzer, fernsehtauglicher und besser vermarktbarer werde", sagte Carl Dohmann im Dlf. "Aber das ist ein Trugschluss. Das Fernsehen übertragt ohnehin nur einen Teil des Wettkampfs, dann, wann eben Kapazitäten frei sind." 50 Kilometer Gehen entfalte erst über die lange Distanz seine Faszination, sagte der Hannoveraner. Das Alleinstellungsmerkmal der Sportart und Disziplin sei, dass man mit 50 Kilometer Gehen die längste Disziplin in der Leichtathletik sei - sogar länger als der Marathon.
Sportart zu den Menschen bringen
Viele Sportarten und Disziplinen haben bereits ähnlich reagiert, um attraktiver zu werden: Die Disziplin des Gehens ist ein Außenseiter, gilt nicht als Zuschauermagnet - und musste stets die Streichung aus dem olympischen Programm fürchten.
Positive Ansätze für die Disziplin seien in letzter Zeit gewesen, dass man die Wettkampfstrecke in die Mitte der Stadt verlege, dort, wo die Menschen seien und leicht hinkämen. Beispiele dafür waren die Wettkämpfe bei der WM 2012 in London und bei der EM 2018 in Berlin, die am Buckingham Palace und am Breitscheitplatz durchgeführt wurden.
Man müsse den Zuschauern und Menschen das Gehen verständlicher näher bringen und mehr Informationen bereit stellen, sagte der 28-Jährige. Gehen habe auch kein Nachwuchsproblem, da es eine sehr kostengünstige Sportart sei, deswegen sei es vor allem auch in Entwicklungsländern populär.
Elektronischer Kampfrichter sorgt für Skepsis
Als weitere Neuerung steht auch die Einführung eines elektronischen Kampfrichters an. Dabei sollen elektronische Einlegesohlen die Kampfrichter zuverlässig darüber informieren, wenn ein Regelverstoß vorliegt.
Weder die Zuverlässigkeit sei gesichert, noch die Frage geklärt, wer die Kosten trage. Zudem könne die elektronische Überwachung die Technik der Geher verändern, die zurzeit nur nach Augenmaß bewertet werden und so zumindest für Sekundenbruchteile "fliegen" können.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.