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Lernen im Schlaf

Neurologie.- So mancher Student macht vor wichtigen Klausuren die Nacht zum Tag, um sicherzugehen, dass der Prüfungsstoff auch wirklich sitzt. Doch vielleicht ist das gar nicht notwendig: Amerikanische Forscher haben untersucht, ob der Mensch auch im Schlaf lernen kann.

Von Kristin Raabe | 23.11.2009
    Davon träumt so mancher: Man legt sich gemütlich hin, entweicht ins Land der Träume, während im Hintergrund eine Frauenstimme italienische Vokabeln vorträgt. Und kaum ist man aufgewacht, parliert man mit dem Koch vom Italiener um die Ecke gekonnt in seiner Muttersprache. Ob Lernen im Schlaf tatsächlich funktioniert, hat der amerikanische Wissenschaftler John Rudoy von der Northwestern University in Illinois untersucht. Seine Versuchspersonen mussten vor dem Nickerchen allerdings erstmal ordentlich pauken.

    "Die Probanden mussten in unserer Studie die Positionen von Fotos auf einem Computerbildschirm auswendig lernen. Wir zeigten jedes Bild in einer anderen Position auf einem Gitternetz. Jedes mal wenn wir ein Bild zeigten, spielten wir ein dazu passendes Geräusch ab. Bei dem Bild einer Katze beispielsweise ein Miauen."

    Bei dem Bild einer Glocke erklang ein Glockenton, und bei dem eines Schlüsselbundes, das Geklimper von Schlüsseln. Mit den Geräuschen selbst war keine Lernaufgabe verbunden. Sie spielten erst dann eine wichtige Rolle, als sich die Versuchspersonen für ein Nickerchen hinlegen mussten. Dabei waren sie an ein EEG-Gerät angeschlossen, wodurch die Forscher genau sehen konnten, wann ihre Studienteilnehmer in tiefen Schlaf gesunken waren. Dann spielten sie ihnen zur Hälfte der insgesamt 50 Bilder die dazu passenden Töne leise vor.

    "Wir haben die Studienteilnehmer vor und nach dem Nickerchen getestet. Interessant war allerdings, dass sie nur bei der Hälfte der Bilder nach dem Schlaf besser abschnitten, bei denen wir ihnen die dazu passenden Töne vorgespielt hatten."

    Die Versuchspersonen selbst konnten sich anschließend gar nicht mehr daran erinnern, dass sie im Schlafen einen Teil der Geräusche noch einmal gehört hatten. Sie hatten also tatsächlich völlig unbewusst – und ohne Anstrengung – ihre Lernleistung im Schlaf verbessern können. Sie konnten die Bilder besser räumlich zuordnen, bei denen sie während ihres Nickerchens die dazugehörigen Geräusche gehört hatten. Dabei schnitten sie auch besser ab als eine Kontrollgruppe, die gar nicht geschlafen hatte. Wie das Gehirn im Schlaf lernt, kann John Rudoy allerdings noch nicht erklären.

    "Da hängen wir noch ziemlich in der Luft. Wir wissen wirklich nicht genau, wie Erinnerungen sich während des Schlafens verfestigen. Meine simple Vermutung wäre, dass das Abspielen dieser Geräusche die neuronalen Verbindungen, die für diese Lerninhalte verantwortlich sind, reaktiviert und dass dadurch diese Verbindungen gestärkt wurden."

    Ob sich auf ähnliche Weise auch im wirklichen Leben die Lernleistungen - beispielsweise beim Erlernen einer Fremdsprache – verbessern lassen, ist allerdings noch nicht ganz klar. John Rudoy und seine Forscherkollegen müssen erst noch untersuchen, wie lange sich dieser Effekt überhaupt hält. Dabei wollen Sie dann auch herausfinden, welche Hirnteile bei dem Verfestigen von Lerninhalten im Schlaf beteiligt sind.