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Lernen per UMTS

Unter dem Schatten der zumindest für Deutschland wenig schmeichelhaften Ergebnisse der jüngsten PISA-Studie fand vom 1. bis 3. Dezember in Berlin die 10. Internationale Konferenz für technologisch gestützte Aus- und Weiterbildung, kurz , statt. So gut aber auch etwa interaktive Lern-CDs produziert sein mögen, so befanden Teilnehmer, sie allein könnten die Mängel im Lehr- und Lernprozess nicht beheben. Dennoch bewegt sich das weite Feld der Angebote dynamisch, und auch das Sorgenkind UMTS soll dabei mitmischen.

    Das "Überall-Lernen" propagieren die Verfechter des so genannten "Mobile Learnings" mit besonderem Eifer - auch trotz aller Tücken, die schon die Fortbildung am Computer immer wieder vor Augen führt. Umfassender Zugriff auf Information, gleich wo, wann oder wie auch immer, so lautet ihr Schlachtruf. Der heilige Gral des elektronisch gestützten Lernens, so unterstrich der Geschäftsführer der Giunti Interactive Labs, Fabrizio Cardinali, sei es, Inhalte in einem spezifischen Kontext liefern zu können. Die technisch anspruchsvolle Leistung dabei sei, dass ganz unterschiedliche Systeme dabei abgestimmt werden müssen. Es dürfe dabei keinen Unterschied machen, ob der Übertragungsstandard GSM, GPRS oder UMTS heiße oder auf welches Endgerät - etwa Handy, PDA oder Laptop - die Daten gelangen. Cardinali veranschaulicht dies am realen Beispiel: "Angenommen, Sie besuchen ein Museum, das ein eigenes Funknetz mit vielleicht drei Hotspots betreibt. Sie nehmen sich am Empfang einen tragbaren Minicomputer oder schalten Ihr Smartphone ein. Das Gerät koppelt sich dann in das Funknetz ein und das Museum schickt Ihnen dann Informationen über die Exponate, und dies jeweils abhängig davon, wo Sie gerade sind." Das System ist beispielsweise in der Lage, jeweils im Kontext stehende, aktualisierte und auf den Abrufer zugeschnittene Angaben auszuwählen und bereit zu stellen. Überdies können damit virtuelle Gemeinschaften zusammenfinden, die zur gleichen Zeit im Museum verweilen und ähnliche Interessen aufweisen. Gerade in Italien, so berichtet Cardinali, wollten die großen Telekommunikationsanbieter ihre UMTS-Angebote vorantreiben und seien deshalb besonders am mobilen Lernen interessiert. Ihre Hoffnung dabei sei, dass solche Inhalte attraktiv genug seien, um genug Nachfrage zu produzieren.

    Während aber Informationen wie im Falle des Museums vorgefertigt und daher doch in gewisser Hinsicht statisch sind, suchen Amsterdamer Studenten nach anderen Wegen der Datenpräsentation. "Das Projekt MANOLO beschäftigt sich mit Mobile Learning Technologien. So macht es etwa keinen Sinn, dazu an Universitäten PDAs einzusetzen, weil dort ja überall Computer verfügbar sind. Zwar bieten die kleinen Geräte Vorteile, da sie einfach zu handhaben sind, aber Daten darauf gehen auch schneller wieder verloren", berichtet Petra Wentzel vom Center for Educational Training der Freien Universität Amsterdam. Viele Dinge seien heute bereits "ein bisschen möglich", resümiert Wentzel, aber nichts funktioniere wirklich überzeugend. Petra Wentzels Forschung fokussiert auf die Arbeit in der Umwelt. Dabei entwickelte die Wissenschaftlerin einen Ansatz, der das Publikum in Berlin überzeugte. Eine kleine Gruppe von Studenten, ausgerüstet mit PDAs, ist bei der Feldforschung in der Natur per Datendienst mit einem Zentralrechner verbunden und tauscht mit ihm Daten aus. "Während der Expedition liefert Ihnen das Globale Positionierungssystem GPS stets Ihre exakte Position. Angenommen, Sie finden jetzt eine Frucht oder einen Baum und geben dies in die zentrale Datenbank ein, dann kann Ihnen das System sofort zurückgeben, was andere Studenten beispielsweise im Vorjahr an dieser Stelle fanden", so Petra Wentzel. Bislang müssen die Forscher diese Recherche mühsam nach der Feldforschung in den Archiven durchführen.

    Bei solchen Aktivitäten muss die Balance gehalten werden zwischen der Leistungsfähigkeit eines Geräts und seiner Mobilität. Wenn im kommenden Jahr in den Niederlanden UMTS installiert wird, will Wentzel auch damit experimentieren. Zweck solle dabei aber immer die Bildung sein, nicht die Technologie, unterstreicht die Forscherin. Ein weiterer italienischer Referent kam indes zu dem Schluss, dass gerade jüngere Anwender eher durch die modische Faszination der modernen Medien angezogen würden und weniger durch die Effizienz des durch sie transportierten Wissens.

    [Quelle: Wolfgang Neuhaus]