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Letzte Ausfahrt Endenich

Anlässlich des 200. Geburtsjahres von Robert Schumann eröffnet das Bonner Stadtmuseum eine Schumann-Ausstellung mit dem Titel: "Lebensstationen, Wohnorte und Reiseziele". In Bonn verbrachte Schumann seine letzten Lebensjahre.

Von Frieder Reininghaus | 24.02.2010
    Viel Papier hat die Museumsleiterin Ingrid Bodsch zusammengetragen, um den Lebensweg Robert Schumanns (8.6.1810-29.7.1856) anschaulich zu machen. Die Mühen haben sich gelohnt: Ein Musikerleben, in dem es nur wenig große Aufführungserfolge, keine brillanten Tourneen, überhaupt nur eine überschaubare Zahl von Reisen gab, wird minutiös in Schwarz-Weiß nachgezeichnet.

    Mit feinen Federstrichen, passend zur kalligrafischen Schrift des Journalisten und Komponisten Schumann (die mitunter anmutet wie Post aus dem Zwergenreich): dicht gedrängt die Briefe, Plakate, Konzertprogramme, Erstdrucke sowie Dokumente (wie Postkarten und Stiche) aus dem Umfeld in den nicht allzu großen Räumen des Ernst-Moritz-Arndt-Hauses am Bonner Rheinufer. Der Parcours eröffnet den Blick auf eine weithin introvertierte und von inwendigem Feuer verzehrte Künstlerexistenz - von den Jugend- und Gymnasialjahren in Zwickau und die ersten Ausfahrten ins benachbarte Böhmen, den Studienjahren in Leipzig und Heidelberg (mit Abstechern zu Heinrich Heine nach München) und nach Oberitalien (gegenüber Frankreich behaupteten sich die Vorbehalte) bis zu den Jahren als Musikdirektor in Düsseldorf (in die eine Urlaubsreise an den Oberrhein und die Savoyer Alpen fällt) und der letzten Station Bonn-Endenich.

    Im Mittelpunkt stehen die Schaffensjahre in Leipzig, die alles andere als unproblematische Verbindung mit der Pianistin Clara Wieck und das Intermezzo in Dresden. Das wird bei genauerem Hinsehen alles durchaus lebendig: Schumanns Biografie zeichnet sich (bei wechselnden Stationen) mehr durch das Stationäre aus als durch Mobilität - ein intensives Leben, nur bedingt exzessiv. Übrigens wird, zum Beispiel durch die Bilder von den frequentierten Hotels, eine ziemlich verwöhnte Existenz eines sensiblen Menschen deutlich. In den Porträt-Stichen auch das, was Schumanns Kollege Giacomo Meyerbeer mit seinem Seitenhieb auf den "Leipziger Biersanguiniker" meinte.

    Den Kennern und Liebhabern werden Raritäten geboten; zum Beispiel: Erstmals gezeigt wird die originale Promotionsurkunde der Universität Jena für Schumann, die in der (auch juristisch ausgefochtenen) Auseinandersetzung um die Eheschließung mit Clara 1840 eine erhebliche Rolle spielte (anders als bislang in der Regel behauptet, handelte es sich nicht um einen Dr. h. c., sondern um eine kumulative Anerkennung der musikpublizistischen Leistungen des verantwortlichen Redakteurs der Neuen Zeitschrift für Musik in Leipzig). Aufschlussreich zum Beispiel auch die zur Reise nach Rotterdam kurz vorm gesundheitlichen Zusammenbruch und dem Suizidversuch am Rosenmontag 1854 ausgestellten Stücke.

    Mit Wertungen zur heiklen Ehefrage hält sich die Gedenkausstellung zum 200. Geburtstag ebenso zurück wie zur Bewertung der Düsseldorfer Querelen vorm Sprung in den winterkalten Rhein. Und das, was sich anschloss an die letzte Ausfahrt nach Endenich in der Anstalt von Dr. Franz Richarz, einem der führenden (und fortschrittlichen) Psychiater im dritten Viertel des 19. Jahrhunderts, wird in einer einzigen Vitrine zusammengefasst (es war bereits 2006 Thema der Bonner Ausstellung "Zwischen Musik und Poesie - Robert Schumann, früh und spät") und ist in einem illusteren Katalog gut dokumentiert.