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Licht nach Bedarf

Die Energie, die Europas Gewächshäuser jährlich benötigen, ist enorm. Schwedische Forscher entwickeln deshalb eine neue Beleuchtungstechnik, die anpassungsfähiger und sparsamer ist. Dabei bekommen Pflanzen genau diejenige Lichtmenge und –farbe, die sie gerade benötigen.

Von Lucian Haas | 22.04.2013
    In den meisten Gewächshäusern Europas werden Natriumdampf-Hochdrucklampen als künstliche Beleuchtung eingesetzt. Sie strahlen gelblich wie viele Straßenlaternen und liefern eine hohe Lichtausbeute. Doch für das Wachstum der Pflanzen sind sie nicht optimal, erklärt Torsten Wik von der Technischen Hochschule Chalmers in Göteborg.

    "Ein Problem ist, dass ihr Farbspektrum nicht so richtig zu dem passt, was die Pflanzen bevorzugen. Außerdem kann man sie nicht dimmen. Sie sind also entweder an oder aus. Manchmal sind sie gerade aus, wenn die Pflanzen von etwas mehr Licht profitieren würden, doch wenn man sie anstellt, bekommen die Pflanzen schon zu viel davon. Dann kann es zur sogenannten Lichthemmung der Photosynthese kommen, das heißt, die Pflanzen nutzen die Lichtenergie weniger effizient für ihr Wachstum."

    Torsten Wik ist Experte für Mess- und Regelungstechnik. Er entwickelt eine adaptive Gewächshausbeleuchtung auf Basis moderner LED-Technik. Die Prototypen seiner Pflanzenstrahler passen nicht nur ihre Helligkeit, sondern auch ihre Lichtfarbe automatisch an die jeweiligen Bedürfnisse der damit beleuchteten Pflanzen an. Dafür messen spezielle Sensoren ständig die Lichtanteile, die von den Pflanzen zurückgeworfen und somit nicht genutzt werden.

    "Wir sehen die Pflanzen als ein dynamisches System. Wir spielen gewissermaßen ständig mit dem Licht der Lampen und erfassen dabei das zurückgestreute Licht. Auf Basis dieser Analysen können wir sagen, ob die Pflanzen zu viel Licht bekommen, ob wir es dimmen müssen. Und wir ermitteln auch, ob sie das Licht optimal nutzen. Wenn also eine Pflanze erkennen lässt, dass sie weniger grünes Licht braucht, bekommt sie weniger grün. So versuchen wir den Anteil des Lichts, den die Pflanzen absorbieren, zu maximieren, unter der Vorgabe, dass sie nicht zu viel Licht bekommen."

    Acht verschiedenfarbige LED-Typen sind in den Strahlern eingebaut. Gesteuert werden sie von einem Mikroprozessor, der die Helligkeit und Farbanteile des Lichtes auf den ermittelten Bedarf hin ständig nachregelt. Mit der gleichen Technik ist es auch möglich, spezielle Lichtprogramme einzusetzen, um das Wachstum der Pflanzen in einem gewissen Rahmen nach Bedarf zu steuern.

    "Man kann die Pflanzenproduktion auf die aktuelle Nachfrage hin anpassen. Bei Kräutern zum Beispiel werden heute im Schnitt rund 15 Prozent gleich nach der Ernte vernichtet, weil es keine Käufer dafür gibt. Mit unserem System können wir das Wachstum über die Steuerung des Lichts je nach Bedarf verlangsamen oder auch beschleunigen. Das spart letztendlich auch Energie.”"

    Neben der Optimierung des Pflanzenwachstums führt Torsten Wik gerade auch den verringerten Strombedarf als Argument für sein System an. Die LED-Strahler allein verbrauchen, bei gleicher Lichtausbeute, rund 20 Prozent weniger Energie als Natriumdampf-Hochdrucklampen. Rechnet man das Einsparpotenzial durch das Dimmen und das Anpassen der Lichtfarben an das optimale Pflanzenwachstums hinzu, ließe sich nach den Berechnungen des Forschers der Stromverbrauch sogar halbieren.

    ""Grob gerechnet, werden für die Beleuchtung der Gewächshäuser in Europa rund 150 Terawattstunden Strom pro Jahr verbraucht. Das ist etwa so viel wie die gesamte Stromproduktion Schwedens. Wenn wir davon die Hälfte einsparen, entspricht das rund zehn Atomkraftwerken."

    Aktuell kosten die Prototypen der adaptiven Pflanzenleuchten noch rund 6000 Euro pro Stück. Bis in vier Jahren will Torsten Wik die Technik aber soweit vereinfacht haben, dass sich der Umstieg auch in der Gesamtkostenrechnung der Gewächshausbetriebe lohnen soll.