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Literarische Übersetzung
Man braucht "viel Bauchgefühl"

Übersetzer würden in der Literatur oft nicht gebührend gewürdigt und außerdem schlecht bezahlt, sagte die Schriftstellerin Mirjam Pressler im Deutschlandfunk. Für eine gute Übersetzung brauche es viel Gespür. Und nicht immer sei die korrekte Übersetzung auch die beste.

Mirjam Pressler im Gespräch mit Wolfgang Koczian | 13.09.2015
    Die Schriftstellerin und Übersetzerin Mirjam Pressler.
    Die Schriftstellerin und Übersetzerin Mirjam Pressler. (picture alliance / dpa / Stephanie Pilick)
    Alles nur ganz korrekt zu übersetzen, könne in der Zielsprache falsch sein. Ein Beispiel dafür sei Jiddisch. Wenn hier alles originalgetreu übersetzt werden würde, wäre es im Deutschen kitschig, sagte die Schriftstellerin und Übersetzerin Mirjam Pressler. Auch bei Übertragungen aus dem Hebräischen müsse man oft Änderungen vornehmen. Denn dort würden regelmäßig lange Sätze mit einem "und" gebildet. Im Deutschen sei es dagegen wichtig, auch mal einen Punkt zu setzen, sonst werde der Inhalt unverständlich.
    Auch Klassiker müssen neu übersetzt werden
    "Die Übersetzer sind ausgesprochen schlecht bezahlt", kritisierte Pressler. Möglicherweise sei das der Grund dafür, dass es auch viele lieblose Übersetzungen gebe. Wer von diesen Einkünften leben wolle, müsse viel und schnell arbeiten. Für eine gute Übersetzung brauche man Gespür. Es sei "unglaublich viel Bauchgefühl" nötig, um sich auf ein Buch einlassen zu können. Denn es gebe viele Synonyme für ein Wort.
    Pressler betonte, man sollte auch Klassiker von Zeit zu Zeit neu übersetzen. Nicht weil alte Übersetzungen falsch wären. Aber die heutige Gesellschaft habe ein anderes" Lesegefühl" und "ein anderes Sprachgefühl" entwickelt.

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