Dienstag, 16. April 2024

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Literatur entsteht, wo sie will

Im Würzburger Verlag "stellwerck" sammeln Studierende Literatur von anderen Studenten Ausgedacht haben sich das Projekt - natürlich - Germanistikstudenten, um jungen und unbekannten Autoren eine Plattform für erste Veröffentlichungen zu geben, sagt Christine Ott, eine der Initiatoren von "stellwerck".

Christine Ott im Gespräch mit Ulrike Burgwinkel | 20.03.2009
    Ulrike Burgwinkel: Frau Ott, erklären Sie uns zuerst mal den Namen stellwerk?

    Christine Ott: Ja, der ist uns auf einer Bahnfahrt - wie anders auch - gekommen. Er hängt einmal damit zusammen, ein Stellwerk ist ja bei den Bahngleisen das Instrument, das Häuschen damals gewesen, in dem die Schienen umgelegt wurden, um die Richtung zu weisen. Und wir, wir verstehen uns auch als, ja, Richtungsweiser für die neue, junge Literatur, die vielleicht in einigen Jahrzehnten oder Jahren schon eben richtungsweisend auf dem Literaturmarkt sein wird oder sein kann.

    Burgwinkel: Das wäre auch der Grund, warum Sie dieses Unternehmen gegründet haben?

    Ott: Sehr richtig. Also wir haben eben festgestellt, dass es für junge und unbekannte Autoren sehr schwer ist, etwas zu veröffentlichen. Es ist eben kaum möglich, in etablierten Verlagen, die einen eigenen Autorenpool schon haben, die eigenen Texte unterzubekommen. Und Lektorate sind ja auch immer sehr ausgelastet und sagen ja auch, dass initiativ eingesandte Manuskripte kaum eine Chance haben und auch oft nicht mal beantwortet werden können, was dann sehr frustrierend für die jungen Autoren ist, und dann die Texte zusehends in der Schublade verschwinden, gar nicht mehr eingesandt werden. Und diesem Notstand wollten wir Abhilfe schaffen.

    Burgwinkel: Und wie wollen Sie das genau machen, wie funktioniert das Unternehmen "stellwerck"?

    Ott: Wir haben zum Ersten einmal keinen festen Autorenpool. Also bei uns kann jeder, der etwas einschickt, zum Autor werden. Es ist keine Voraussetzung, schon mal etwas veröffentlicht zu haben. Es ist uns sogar lieber, weil wir uns als Plattform verstehen für diese jungen Autoren, erstmals oder auch vielleicht zum zweiten, dritten Mal in Sammelbänden ihre Texte unterzubringen. Größeren Talenten geben wir eben auch größeren Raum, die dürfen dann auch Einzelprojekte veröffentlichen. Die Einsendungen, die wir bekommen, bestimmen auch unser Programm. Das ist auch sehr unterschiedlich zu den normalen Publikumsverlagen. Da wird ja das Programm festgelegt und dann wird entweder auf Autorensuche gegangen, oder man hat schon einen Autor im Blick, dem man dieses Projekt an die Hand geben möchte. Und wir nehmen eben die Einsendungen her, und danach machen wir dann unser Programm erst wirklich. Wir füllen dann inhaltlich auf mit den Texten, die wir bekommen.

    Burgwinkel: Einsendeschluss der Texte für 2009 war Ende Februar. Haben Sie denn gute Sachen bekommen, oder müssen Sie kräftig aussortieren?

    Ott: Sowohl als auch, also es ist sehr gemischt, aber es sind wirklich auch einige sehr große Talente dabei, also in unseren Augen - ich denke, auch in anderen Augen, dann, wenn wir die Texte veröffentlichen. Also wir sind schon sehr froh, dass wir einige Autoren erreicht haben, die sonst ihre Texte niemals nach außen gegeben hätten, die eben dieses Konzept von "stellwerck" sehr ansprechend fanden und zum ersten Mal was eingeschickt haben und da auch wirklich Schätze geborgen werden konnten.

    Burgwinkel: Ist aber, Frau Ott, wahrscheinlich nichts zum Geldverdienen, oder?

    Ott: Nein. Nein, also für uns zumindest nicht. Die "stellwercker" werden da kein Geld mit verdienen können, höchstens wenn dieser Verlag sich doch irgendwie tragen würde, dann vielleicht in fünf Jahren kann man daran denken, da auch mal etwas rausnehmen zu können. Aber im Moment ist das alles ein ...

    Burgwinkel: Reine Leidenschaft.

    Ott: ... Projekt. Ja!

    Burgwinkel: Reine Leidenschaft, reine Literaturleidenschaft. Empfehlen Sie sich denn mit Ihrer Art der Arbeit, also mit "stellwerck", vielleicht als zukünftige Lektorin eines größeren Verlages?

    Ott: Das wird sich weisen, wie gut "stellwerck" läuft, welche Resonanz auch im Buchhandel kommt, ob die Buchhändler mit uns etwas anfangen können. Das ist ja nicht so einfach, weil wir etwas andere Wege eben gehen, die noch nicht konventionell genug vielleicht sind. Wir hoffen aber schon, dass "stellwerck" sich wirklich trägt und wir auch in der Zukunft da weiterarbeiten können, auch nach unserem Studium. Also das wäre die Wunschvorstellung.

    Burgwinkel: Christine Ott von "stellwerck" aus Würzburg war das. Danke für das Gespräch und - klar, viel Erfolg!

    Ott: Danke schön.