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Little Dragon
Tanzen mit dem Drachen

Die schwedische Elektrosoulband Little Dragon hat einen langen Atem. Schon seit Mitte der 90er machen die Musiker zusammen Musik, aber erst 2007 erschien ihr selbstbetiteltes Debütalbum. Ihr Durchhaltevermögen könnte sich nun auszahlen. Nach einem Auftritt in der David Letterman Show steht ihnen der große Durchbruch ins Haus.

Von Anke Behlert | 03.05.2014
    Die schwedische Sängerin Yukimi Nagano während der Fashion Week in Paris im Januar 2013.
    Die schwedische Sängerin Yukimi Nagano während der Fashion Week in Paris im Januar 2013. (picture alliance / dpa / Hendrik Ballhausen)
    Berlin an einem windigen Abend im März. Für Little Dragon ist es schon ein langer, anstrengender Tag gewesen: Sängerin Yukimi Nagano und Bassist Fredrik Wallin sind noch am Morgen in Paris gewesen zu einer Besprechung mit ihrem Label. Drummer Erik Bodin und Keyboarder Håkan Wirenstrand sind direkt aus ihrer Heimatstadt Göteborg gekommen. Es folgten ein mehrstündiges Fotoshooting und ein Interview nach dem anderen. Gleichmütig ertragen sie den Promostress, sind auf ihre etwas reservierte schwedische Art trotzdem freundlich und zu Scherzen aufgelegt.
    Seit der Veröffentlichung ihres Debütalbums 2007 haben Little Dragon entweder im Studio oder auf der Bühne gestanden. Für ihr neues Album "Nabuma Rubberband" konnten sie sich zum ersten mal Zeit zum Songschreiben und Aufnehmen lassen. Das hat sich sehr gut angefühlt, erzählen sie.
    Erik: "Ja auf jeden Fall. Wenn ich vor fünf Jahren gewusst hätte, was wir heute machen, hätte ich gedacht: Wow das klingt toll! Aber jetzt gibt es natürlich trotzdem viele Herausforderungen."
    Yukimi: "Man muss so viele Entscheidungen treffen. Das fühlt natürlich einerseits super an, aber manchmal denke ich mir auch: Keine Ahnung."
    Fredrik:" Ich finde es toll, dass wir so viel machen können und so viel spielen können. Aber wir versuchen auch die Balance zu einem normalen Leben zu finden."
    Für ihr neues Album haben sie sich ein Studio in Göteborg eingerichtet mit goldenen Wänden für Drummer Erik, japanischer Kunst für Sängerin Yukimi und echtem Gras an der Decke für Keyboarder Håkan. Schließlich verbringt man dort sehr viel Zeit und alle sollten sich wohlfühlen.
    "Nabuma Rubberband" ist düsterer und atmosphärischer als seine Vorgänger. Vor allem die etwas weniger bekannten Prince-Songs und ruhigeren Stücke von Janet Jackson haben die Band inspiriert. Little Dragon fusionieren R&B, Elektronika, Dance und Pop zu schwermütigen Soundlandschaften über denen Yukimi Naganos unverwechselbare Stimme schwebt. Um die richtig in Szene zu setzen, hat die Band zum ersten mal mit externen Produzenten zusammengearbeitet. Das war für die sonst streng autark operierenden Schweden gar nicht so einfach.
    Fredrik: "Wir sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Aber es war eine neue Erfahrung."
    Erik: "Wir mussten ein paar Tricks probieren, um loszulassen."
    Håkan: "Die Seele der Musik könnte verloren gehen. Aber wir haben es gut vorbereitet und dem Mixer nicht zu viele Möglichkeiten gelassen. Er hat dann seinen Job gemacht, zum Beispiel den Gesang herausgehoben. Das haben wir bisher nicht so gut hinbekommen."
    Für dem Song "Underbart", zu deutsch "wunderbar", hat sich Yukimi Nagano von einem japanischen Dokumentarfilm inspirieren lassen.
    Yukimi: "Es geht um einen Mann in Japan, der Leute vermietet, die Rollen im echten Leben spielen. Also zum Beispiel war da ein Mädchen, die wollte ihrem Freund ihren Vater vorstellen. Aber sie hat sich nicht gut mit ihrem Vater verstanden. Trotzdem stand sie unter Druck. Denn in der japanischen Gesellschaft ist das wichtigste, niemals das Gesicht zu verlieren. Sie ruft also den Mann an und fragt: Kann ich einen Vater mieten? Diese Geschichte war so seltsam und hat
    mich sehr berührt. Der Song ist eine Fortsetzung der Geschichte dieses Mannes."
    Während man in Schweden ja normalerweise sehr stolz ist auf den musikalischen Output des eigenen Landes, hatten es Little Dragon dort anfangs schwer. Ihr erstes ausverkauftes Konzert haben sie erstaunlicherweise in Los Angeles gespielt.
    Håkan: "Unser Label hat unser Album verschickt und eins ist in der Musikredaktion von KCRW gelandet. Die haben uns sehr of gespielt."
    Yukimi: "Wir waren die meistgespielte Band in diesem Jahr nach Radiohead. Deshalb kannten uns viele Leute in L.A."
    Mittlerweile sind sie auch in ihrer Heimat in aller Munde und im restlichen Europa und den USA sowieso. Zu recht. Ihre melodischen Experimentalpopsongs schmeicheln sich ins Ohr, umschiffen gängige Popklischees aber weiträumig. Gerade wenn man zu wissen meint, wie es weitergeht, kommt eine unerwartete Wendung, ein cleverer Twist. Dann hält man kurz inne, justiert den Tanzschritt und lässt sich anschließend weiter treiben durch die pulsierenden, urbanen Soundlandschaften von Little Dragon.