Dienstag, 23. April 2024

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Live-Uraufführung von "Tod unter Lametta"
Mörderischer Adventskalender

Ein Hörspiel als Adventskalender - jeden Tag ein neuer Mord bis zum Heiligen Abend, so präsentiert sich das satirische Thriller-Hörspiel „Tod unter Lametta“ von Kabarettist Kai Magnus Sting im Radio. Gestern wurde es aber einmalig komplett auf der Bühne aufgeführt - mit allerlei Kabarett-Prominenz.

Von Achim Hahn | 04.12.2018
    Perkussionstisch mit Telefon, Schreibmaschine und Kettensäge
    Der Soundtrack von "Tod unter Lametta" entstand gut sichtbar während der Aufführung am Perkussionstisch (Marco Ortu)
    Fall Nummer eins ist schon extrem rätselhaft: ein von oben gefallener Weihnachtsmützenmann.
    "Aber da oben ist nichts, außer dem Himmel."
    "Vielleicht ist er von seinem Rentier gefallen."
    Ein Fall für den Hobbyermittler Friedrichsberg und seine Rentnerkollegen, die ein seltsames Inserat finden und in eine merkwürdige Mordserie verwickelt werden.
    "'Wir erfüllen Ihnen jeden Wunsch. Die Todesart bestimmen Sie.' Hat man ja auch nicht alle Tage, oder?"
    Und Leichen gibt es noch etliche: Denn die Kriminalgroteske "Tod unter Lametta" von Kai Magnus Sting ist als Hörspiel-Adventskalender konzipiert. Grotesk, schrill und makaber. Fürs Radio und auch als Podcast.
    Weihnachtsgefühle sollen nicht verletzt werden
    Pro Türchen mindestens ein Toter. Plus Kollateralschäden. Die Opfer werden mit Lichterketten erdrosselt, in Schneemännern versteckt, mit Christstollen erschlagen oder mit Glühwein, Gans und Knödel vergiftet - mal ganz abgesehen von den Sprengsätzen in den gebrannten Mandeln. Und alles deutet auf einen mysteriösen Dr. Borsig hin.
    Kai Magnus Sting: "Der kabarettistische Dreh besteht eigentlich darin, möglichst viele weihnachtliche Momente darzustellen, die zu konterkarieren, aber auch nicht der Lächerlichkeit preiszugeben. Also man will ja auch keine Gefühle verletzen, vor allem nicht unterm Zimtstern", erklärt der Duisburger Kabarettist, den vor allem eins interessierte: "Wie krieg' ich da 24 Leichen unter, wie krieg' ich die möglichst weihnachtlich gemeuchelt?"
    Spielszene:
    "Ist doch alles sehr absonderlich. Weihnachtsmänner mit Rauschebärten und Sonnenbrillen, die durch die Gegend ziehen und erdrosseln, ertränken, erschießen, erwürgen und so weiter."
    "Was führen die im Schilde? Jeden Tag mindestens eine neue Leiche. Wer kommt denn auf so was?"
    "Das weiß ich noch nicht. Aber ich werde es rauskriegen."
    "Ja, da wir gerade dabei sind: Wer ist dieser Dr. Borsig?"
    Gestern Abend dann das Live-Ereignis als kabarettistisches Unikat: ein Mordsspektakel auf der weihnachtlich dekorierten Kleinkunstbühne.
    Kai Magnus Sting: "Wir gehen damit ja nicht auf Tour. Es ist ein einmaliges Ereignis. Also mit der Premiere ist das Ding auch schon wieder Geschichte."
    Witziges Ensemble mit bekannten Namen
    Neu im Live-Ensemble - neben Malmsheimer und dem Autor: die kabarettistischen Urgesteine Henning Venske und Jochen Busse, sowie die Schauspielerin Cathlen Gawlich, die, wie der Autor, mehrere Rollen spielt.
    "Mich interessieren Tote nicht. Auch nicht, wenn sie nur teilweise tot sind."
    Ein witziges Ensemble. Vor allem Malmsheimer punktete mit seiner unnachahmlichen Stimme und spontanem Witz, während Busse und Venske - und das war das kleine, kabarettistische Highlight - nach ihrer Lach- und Schießzeit sowie den gemeinsamen Bühnenprogrammen endlich mal wieder zusammen zu erleben waren. Denn zumindest Henning Venske dreht in diesem Jahr seine Abschiedsrunde.
    "Das Kaufhaus Schaber und Nack. Ne, ne."
    "Steht da wörtlich drin. Überlies es einfach."
    "Ja aber ich kann das nicht einfach überlesen, Jochen, und jetzt kommt auch noch der Geschäftsführer. Weißt Du wie der heißt? Herr Fanz, Vorname: Firle."
    Handgemachter Soundtrack, sichtbar produziert
    Venske als trockener Erzähler, der für die Geschichte selbst oft nur zynisch Kommentare übrig hat, gab dem Ganzen einen selbstironischen Touch, während Busse in bewährter Schusseligkeit seinem Bühnenimage gerecht wurde.
    "Aber was verbindet sonst die Toten?"
    Zuallererst mal der Live-Soundtrack von Uwe Rössler, dem Mann am Klavier sowie die sichtbar produzierten Geräusche, bei denen Verfolgungsjagden im Auto nur die Kür darstellten, so der Geräuschemann Markus Paßlick.
    Markus Paßlick: "Bei uns ist natürlich alles handgemacht, und darum ist es natürlich 'ne Mischung aus wirklichem Geräuschemachen, aber auch szenische, lustige Musik oder absurde Geräusche machen."
    Das Live-Hörspiel hatte seine komischen Momente. Meist aber dann, wenn - vermutlich - vom Skript abgewichen wurde; wenn die Spieler gegen den Text rebellisch wurden, den Autor kritisierten oder bei witzigen Textstellen selbst von Lachattacken überwältigt wurden. Das kann die Hörspielvariante nicht bieten und machte diese Liveversion wirklich einzigartig.