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Lüften statt bedüften

Die Werbung verspricht bei Raumdüften ein Gefühl von Frühling, den edlen Duft von Orchideen oder ganz einfach den Duft von Vanille. Doch Aerosole und Duftstoffe können bei Kontakt die Haut schädigen. Auch Allergien werden nicht ausgeschlossen.

Von Daniela Siebert | 15.03.2013
    Die Produktauswahl zur Raumbeduftung ist riesig. Auch wenn das für Drogeriekunden attraktiv sein mag: Experten vom Umweltbundesamt raten vom Kauf solcher Produkte ab. Wolfgang Straff, Leiter der Abteilung Umweltmedizin:

    "Das Umweltbundesamt hat da eine recht deutliche, kritische Position: eine Raumbeduftung, eine Anwendung von Duftstoffen in Innenräumen ist erstens unnötig, zweitens auch hygienisch immer eher bedenklich, sollte unterlassen werden, eine gute Innenraumluftqualität wird dadurch mit Sicherheit nicht erzielt."

    Problematisch sei vor allem, wenn die Haut mit enthaltenen Aerosolen oder Duftstoffen in Kontakt komme, erläutert Eike Wolter, Biologe beim Umweltbundesamt. Denn dann könnten Kontaktekzeme entstehen, die Haut rötet und schuppt sich, sie juckt und kann anschwellen.

    "Gesichert ist ein allergenes Potenzial für Duftstoffe nur bei Applikation direkt auf die Haut, also sie wirken als Kontaktallergene - das ist gesichert - inwiefern die Inhalation von Duftstoffen zu Allergien führt, da ist die Datenlage unklar. Aerosole an sich können ein Problem darstellen, weil sie auch eine Kontaktallergie auslösen können, weil ganz viele kleine Tropfen sich in der Raumluft befinden und natürlich auf die Haut gelangen können und deswegen auch Kontaktallergien verursachen."

    Silvia Pleschka, Chemikerin beim Deutschen Allergie- und Asthmabund, sorgt sich dennoch wegen einer konkreten Studie um die Folgen der Einatmung von Raumbeduftungsprodukten.

    "Es gibt eine Studie aus München, die gezeigt hat, dass die Raumbeduftung oder luftgetragene Duftstoffe, dass die zum Beispiel Entwicklung von Allergien begünstigen, das heißt sie verursachen selber keine Allergie, aber sie begünstigen das Entstehen von Allergien."

    Generell sei die Wirkung von Duftstoffen und Raumluftprodukten noch zu wenig erforscht bemängelt sie. Sowohl synthetische als auch natürliche Substanzen könnten problematisch sein.

    Silvia Pleschka rät Asthmatikern, Kindern und Chemikalien-sensiblen Menschen daher grundsätzlich ab, Raumbeduftungsprodukte einzusetzen.

    Das Umweltbundesamt geht von mindestens 500.000 Duftstoffallergikern in Deutschland aus. Von 26 Duftstoffen ist Lange bekannt, dass sie ein großes allergenes Potenzial haben. Das gilt etwa für Isoeugenol, Linalool und Eichenmoosextrakt. Auch in ätherischen Ölen können solche Duftstoffe enthalten sein. Doch für Verbraucher ist oft gar nicht erkennbar, was genau in den Raumbeduftungsprodukten drin ist, bedauert Eike Wolter.

    "Diese Duftsprays und Plug-in-Raumdüfte, die man so in die Steckdose steckt, die fallen mitunter die Detergenzien-Verordnung, auf denen muss so ein allergener Duftstoff - wenn er einen bestimmten Schwellenwert, eben 0,1 Prozent überschreitet - angegeben werden. Auf anderen Produkten, zum Beispiel Duftkerzen, Räucherstäbchen, Potpourris, andere Duftprodukte eben, da ist das nicht erforderlich, da muss eigentlich überhaupt nichts drauf stehen, da muss auch nicht drauf stehen, dass da Duftstoffe drin sind."

    Besonders bedenklich finden sowohl die Experten vom Umweltbundesamt als auch Silvia Pleschka, wenn Raumbeduftungsprodukte eingesetzt werden, um unangenehme Innenraumgerüche zu überdecken. Denn schlechter Geruch habe auch eine Warnfunktion. Etwa der muffige Geruch von Schimmel. Schlechter Geruch sollte daher besser durch Putzen, Lüften und die Beseitigung der Ursache bekämpft werden raten sie unisono.

    Und auch wer auf das althergebrachte Räucherstäbchen setzt tut sich keinen Gefallen: Das sei keine bessere Alternative warnt Wolfgang Straff.

    "Weil da haben Sie ja noch mehr Verbrennungsprodukte und die Feinstaubentwicklung ist ja enorm hoch, also die Belastung der Innenraumluft mit Feinstaubpartikeln eben, die die Gesundheit schädigen ist ja enorm hoch - das ist auf jeden Fall komplett abzulehnen!"

    Allerdings finden nicht alle Experten Raumdüfte bedenklich. Professor Christian Bergmann, Lungenheilkundler an der Berliner Charité hält die Kritik für übertrieben.

    "Ich habe nichts dagegen, wenn man die eigene Wohnung so einrichtet, wie man möchte, da kann man die Farbe wählen, da kann man heute auch den Geruch wählen, und die Temperatur wählen. Es kann sich jeder seine Umgebung so gestalten, wie er möchte und deshalb ist gegen diese Produkte nichts zu sagen."

    Es müssten sich jedoch sämtliche Bewohner damit wohlfühlen schränkt Bergmann ein - inklusive der Haustiere. Medizinische Bedenken gegen Raumduftprodukte hat er nicht, im Gegenteil: Duft werde sogar auch therapeutisch eingesetzt betont der Lungenarzt, sogar bei Asthmatikern.

    "Also die sogenannten ätherischen Öle, die auch einen wohltuenden, duftenden Geruch verbreiten, sind in der alten chinesischen Therapie vor 3000 Jahren bereits benutzt worden und über die Jahrhunderte benutzt worden und waren zum Teil Ausgangspunkt für Medikamente zur Inhalation."