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Lufthansa
Sorge vor einem Scheitern des Rettungspakets

Der größte Einzelaktionär der Lufthansa hat parallel zu seiner Forderung nach Nachverhandlungen beim Lufthansa-Rettungspaket seinen Anteil weiter aufgestockt. Die Sorge ist groß, dass der Milliardär Heinz-Hermann Thiele das Paket bei der anstehenden Hauptversammlung platzen lassen könnte.

Von Brigitte Scholtes | 17.06.2020
Zwei Lufthansa-Mitarbeiterinnen mit Maske und hinter Plexiglasscheiben fertigen Fluggäste ab.
Dass die Regierung ein Scheitern des Rettungspakets zulassen würde, gilt als unwahrscheinlich (dpa)
Mit seiner Forderung, das Rettungspaket für die Lufthansa nochmals aufzuschnüren, hat der Milliardär Heinz-Hermann Thiele für viel Wirbel gesorgt. Thiele, seit 19. März größter Einzelaktionär der Kranichlinie, hat seinen Anteil inzwischen auf 15,5 Prozent aufgestockt und damit seinen Einfluss ausgeweitet. Einen "ganz heißen Reifen" fahre Thiele, meint Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der DSW, der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz:
"Insbesondere ist ihm ein Dorn im Auge die Staatsbeteiligung, also dass der Staat einsteigt als Aktionär. Das sehen wir genauso, das ist auch für uns ein Dorn im Auge. Aber ich glaube, man muss immer auch schauen, was sind die Alternativen, die auf dem Tisch liegen. Und das ist eine Insolvenz. Und das ist kein guter Weg."
Lufthansa-Flieger stehen still, 06. Mai 2020 in Frankfurt am Main
Wie viel Staat muss sein?
Linken-Politiker Thomas Lutze begrüßte im Dlf das Lufthansa- Hilfspaket. Der Bund müsse aber mehr Einfluss bekommen. Michael Theurer (FDP) befürchtet hingegen den Einstieg in eine Verstaatlichungsserie privater Unternehmen.
Thiele: Gelder besser von privaten Investoren eintreiben
Thiele, der zu den zehn reichsten Menschen in Deutschland zählt, hat seine Milliarden vor allem mit dem Bremsenhersteller Knorr Bremse gemacht. Er kontrolliert auch den Bahntechnikhersteller Vossloh. Der 79jährige gilt als durchsetzungsstark. Dass man nicht diskutiert habe, ob die Lufthansa auch von privaten Investoren Gelder hätte eintreiben können, das stört jedoch nicht nur Thiele, sondern auch Aktionärsvertreter Tüngler. Doch das hätte zu viel Zeit in Anspruch genommen:
"Die schnelle Lösung ist das, was jetzt verhandelt worden ist. Und man darf auch eins nicht vergessen: das, was wir jetzt sehen, das Rettungspaket ist das Verhandlungsergebnis und nicht einfach die Forderung der Bundesregierung. Deswegen ist das jetzt schon ein Paket, was geschnürt ist und auch die Interessen der Lufthansa-Aktionäre sind darin enthalten.
So sieht das auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz, er sei mit dem ausgehandelten Deal sehr zufrieden, sagte er heute in Berlin:
"Dass wir hier eine gut abgewogene Lösung gefunden haben mit der Kommission, in der Bundesregierung, mit dem Unternehmen, ich glaube, das haben viele bescheinigt. Und deshalb hoffe ich auch, dass es eine entsprechende Entscheidung der Aktionäre gibt, die das unterstützen. Da setze ich jetzt einfach mal drauf."
Lufthansa-Maschinen sind auf dem Vorfeld des Flughafen Berlin Schönefeld geparkt.
Deutschland braucht eine starke Airline
Die Bundesregierung will bei der Lufthansa einzusteigen. So könne der Staat darauf achten, dass die Schrumpfung der Airline nicht zu Lasten der Arbeitnehmer geht, meint Brigitte Scholtes. Dem Unternehmen müssten aber Spielräume gelassen werden.
Sorge vor der außerordentlichen Hauptversammlung
Doch die Wette könnte schiefgehen. Das fürchtet auch die Lufthansa. Denn Thiele hält sich noch bedeckt, wie er bei der außerordentlichen Hauptversammlung am kommenden Donnerstag abstimmen wird. Ist dann die Präsenz unter 50 Prozent – bei der ordentlichen Hauptversammlung Anfang Mai lag sie nur bei einem Drittel – und Thiele stimmt gegen das Rettungspaket, dann könnte die Lufthansa die dann notwendige Zweidrittel-Mehrheit verfehlen. Deshalb hat die Lufthansa heute Morgen schon angekündigt, dass sie in diesem Fall "zeitnah zur Hauptversammlung" ein insolvenzrechtliches Schutzschirmverfahren beantragen müsste. Doch das werde der Staat nicht zulassen, ist sich Jerry Paul, Aktienstratege der Goldhandelsbank Degussa, sicher:
"Dafür ist das einfach ein zu bedeutendes Unternehmen. Das hat einfach zu gravierende gesellschaftliche Konsequenzen. Denken Sie nur, was das für Konsequenzen hätte auf die Mitarbeiter, Gehaltsstrukturen, das hätte auch auf den Immobiliensektor gravierende Folgen. Das weiß natürlich auch das Management. Von daher glaube ich, dass Herr Spohr sich auf die Zeit nehmen kann für Nachverhandlungen, weil er eben um die Bedeutung des Konzerns weiß."
Allerdings müssten im Fall einer Insolvenz auch die Aktionäre bluten. Denn dann müssten sie sich hintenanstellen, die Ansprüche der Gläubiger, auch der Anleihegläubiger, würden dann als erste befriedigt.
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