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Luftverschmutzung
Neun von zehn Kindern atmen schlechte Luft

Stickstoffdioxid, Feinstaub, bodennahes Ozon - an vielen Orten der Welt leiden Menschen unter schlechter Luft. Betroffen sind vor allem Kinder, warnt nun die Weltgesundheitsorganisation WHO. 93 Prozent der Kinder weltweit atmen demnach vergiftete Luft ein. Ein Grund: Sie leben näher am Boden.

Von Dietrich Karl Mäurer | 29.10.2018
    Radfahrer im chinesischen Handan.
    In Millionenstädten wie Handan in China ist die Luftverschmutzung deutlich zu sehen (dpa / Imaginechina)
    Verschmutzte Luft ist ungesund. Das dürfte jedem klar sein. Doch Kinder leiden besonders unter der Luftverschmutzung. Sie atmen schneller als Erwachsene und nehmen so mehr Schadstoffe auf. Zudem leben sie näher am Boden, wo einige Schadstoffe Spitzenwerte erreichen - und das in einer Phase, in der sich ihr Gehirne und ihre Körper noch entwickeln. Deshalb hat die Weltgesundheitsorganisation WHO die Folgen der Luftverschmutzung speziell für Kinder unter die Lupe genommen - mit einem alarmierenden Ergebnis - so Maria Neira, die Direktorin der WHO-Abteilung für öffentliche Gesundheit und Umwelt:
    "93 Prozent der Kinder in aller Welt atmen giftige Luft. Sie atmen Luft, die ihre Entwicklung beeinflusst, ihre Gesundheit. Und es ist ein Fakt, einige von Ihnen sterben."
    Belastung für Kinder beginnt schon im Mutterleib
    Die WHO-Experten schätzen, 600.000 Kinder starben allein im Jahr 2016 weil sie schlechte Luft eingeatmet haben. Der Einfluss verschmutzter Luft auf die Gesundheit der Kinder beginne dabei bereits im Mutterleib. So habe sich gezeigt, dass schwangere Frauen, wenn sie Luftverschmutzung ausgesetzt sind, vorzeitig gebären und kleinere und leichtere Kinder zur Welt bringen. Die negativen gesundheitlichen Folgen schlechter Atemluft setzten sich nach der Geburt fort - so Maria Neira:
    "Die Kinder haben eine schlechtere geistige Entwicklung und sogar Verhaltensstörungen dadurch, dass sie Luftverschmutzung ausgesetzt sind. Sie entwickeln ein erhöhtes Asthma-Risiko, denn ihre Lungen sind noch nicht voll entwickelt."
    Zudem hätten Kinder, die schmutziger Luft ausgesetzt waren, ein höheres Risiko im späteren Leben an chronische Krankheiten, wie Herz-Kreislauferkrankungen zu leiden. Auch bestehe Krebsgefahr.
    Offene Feuerstellen in armen Ländern als Problem
    Laut der Studie atmen 1,8 Milliarden Kinder unter 15 Jahren Luft, die so verschmutzt ist, dass es ihre Gesundheit und Entwicklung ernsthaft gefährdet. Betroffen sind vor allem Kinder in armen Ländern, in denen offene Feuerstellen zum Alltag gehören, so die Direktorin der WHO-Abteilung für öffentliche Gesundheit und Umwelt:
    "Die Hälfte der Weltbevölkerung nutzt noch immer zum Kochen zu Hause sehr schmutzige Brennstoffe, wie Kohle oder Holz, denn sie haben keine Elektrizität. So sie sind angewiesen auf diese sehr giftigen Materialien. Wir müssen den Wechsel zu sauberen Brennstoffen in den Haushalten beschleunigen."
    Doch auch in reichen Ländern sei gut die Hälfte aller Kinder unter fünf Jahren einer Atemluft ausgesetzt, die die WHO-Grenzwerte überschreitet. Auch hier bestehe Handlungsbedarf:
    "Das muss jedes Land selbst lösen, beispielsweise mit Elektroautos und mit sauberen Energiequellen. Je konsequenter und schneller wir das umsetzen, umso besser für unsere Gesundheit."
    Jedes Kind solle in der Lage sein, saubere Luft zu atmen, damit es wachsen und sein volles Potential entfalten kann – so die zentrale Forderung der Weltgesundheitsorganisation.