Machtmissbrauch, Vertuschung und Enthüllung

Von Wolfgang Stenke · 17.06.2012
In der Nacht zum 17. Juni 1972 verhaftete die Washingtoner Polizei fünf Einbrecher, die in das Hauptquartier der Demokratischen Partei im Hotel- und Büro-Komplex Watergate eingestiegen waren. Schon bald entdeckten Reporter Spuren, die von den Einbrechern bis ins Weiße Haus führten.
"I welcome this kind of examination. Because people have got to know, whether or not their president is a crook. Well, I’m not a crook."

Ein Satz, der in die Geschichte einging: "I’m not a crook" – "ich bin kein Gauner". Vorgetragen wurde diese Beteuerung von Richard Milhouse Nixon, dem 37. Präsidenten der Vereinigten Staaten, auf einer Pressekonferenz im November 1973 über den Stand der Untersuchung in der Watergate-Affäre.

Begonnen hatte dieser Skandal, in dessen Verlauf reihenweise illegale Aktivitäten gegen politische Gegner des Republikaners Nixon aufgedeckt wurden, mit einem ganz gewöhnlichen Einbruch: In der Nacht zum 17. Juni 1972 verhaftete die Washingtoner Polizei fünf Einbrecher, die ins Hauptquartier der Demokratischen Partei im Hotel- und Büro-Komplex Watergate eingestiegen waren. Sie hatten dort Abhörmikrofone installiert und Dokumente fotografiert.

Schon bald entdeckten Reporter der "Washington Post" Spuren, die von den Einbrechern zu CREEP führten – dem Komitee, das Präsident Nixons Wiederwahl unterstützte – und von dort ins Weiße Haus, zu den Beratern des Präsidenten.

(Musik: Frank Zappa "Dickie’s such an asshole":)
"The man in the White House – oooh!
He’s got a conscience as black as sin!
There’s just one thing I wanna know –
How’d that asshole ever managed to get in?"

Nicht nur Popmusiker wie Frank Zappa fragten sich angesichts von Rechtsbrüchen, Lügen und Vertuschungen wie "Tricky Dick", so der Spitzname von Richard Nixon, es bis ins Weiße Haus geschafft hatte. Angetrieben vom Hass auf das liberale Establishment, ließ der republikanische Präsident schwarze Listen politischer Gegner aufstellen, die diffamiert und kompromittiert werden sollten. Unbequeme Journalisten wurden mit Nixons Billigung abgehört. Macht ging ihm vor Recht.

Als die "New York Times" 1971 die "Pentagon Papers" veröffentlichte – geheime Dokumente über die Verstrickung der USA in Vietnam - schickte Nixon nach Absprache mit Sicherheitsberater Henry Kissinger seine Truppe fürs Grobe los, die sogenannten Klempner. Sie sollten das Leck, aus dem die Informationen kamen, stopfen. – Nixon wörtlich:

"Mir ist es, verdammt noch mal, egal, wie das gemacht wird, tut, was Ihr könnt, um weitere unberechtigte Enthüllungen zu stoppen. Ich will keine Entschuldigungen hören, ich will Ergebnisse. Das muss passieren, egal, um welchen Preis."

Verdächtigt wurde Daniel Ellsberg, ein ehemaliger Mitarbeiter der Regierung. Um Material zu finden, das ihn und die demokratische Anti-Vietnamkriegs-Bewegung diskreditieren könnte, brachen die "Klempner" in die Praxis von Ellsbergs Psychiater ein.

Watergate blieb nach 1972 das bestimmende innenpolitische Thema. Nach Strafverfahren gegen Nixons Berater setzte der Senat im Mai 1973 einen Ausschuss zur Untersuchung des präsidentiellen Machtmissbrauchs ein. Monatelang wurde um die Herausgabe der Tonbänder gestritten, auf denen Nixon Gespräche in seinem Büro hatte aufzeichnen lassen. Im Fernsehen schaute die Nation zu, wie der Stab des Präsidenten sich bei den Hearings des Untersuchungsausschusses um Kopf und Kragen redete. So wie der ehemalige Justizminister John Mitchell, der dazu verhört wurde, wie er auf kriminelle Vorschläge aus der Riege der "Klempner" reagiert habe. – Der befragende Senator:

"Und Sie wollen mir wirklich erzählen, dass Sie denselben Mann zu einem zweiten Treffen in Ihr Büro kommen ließen? Ohne die zuständigen Stellen zu benachrichtigen – in diesem Fall den Präsidenten der Vereinigten Staaten?"

"Genau so war es, Herr Senator."

Im Juli 1974 eröffnete der Justizausschuss des Repräsentantenhauses das Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten – unter anderem wegen Strafvereitelung, Falschaussage und Missachtung der Rechte des Kongresses. Als Nixon zugeben musste, die Aktion zur Vertuschung des Watergate-Einbruches selbst angeordnet zu haben, blieb ihm nur noch der Rücktritt. – 8. August 1974:

"Amerika braucht einen Präsidenten und einen Kongress, die dem Land ihre gesamte Zeit widmen, besonders angesichts der gegenwärtigen innen- und außenpolitischen Probleme. Ich werde deshalb morgen Mittag meine Präsidentschaft niederlegen."

Mit diesem Rücktritt hatte sich das Amtsenthebungsverfahren erledigt. Nixons Nachfolger wurde Vizepräsident Gerald Ford. Er begnadigte den zurückgetretenen Präsidenten und ersparte ihm damit auch einen Strafprozess.