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Machtprobe am Bosporus

Die deutsche Politik diskutiert zurzeit über ein erneutes Verbotsverfahren gegen die NPD. Indes hat das Verfassungsgericht der Türkei ein Verbotsverfahren aufgenommen - mit weitreichender Bedeutung: Es geht um nicht weniger als das Verbot der türkischen Regierungspartei AKP.

Von Gunnar Köhne | 01.04.2008
    Das ist selbst in der Türkei ein beispielloser politischer Vorgang: Gestern Nachmittag verkündete der stellvertretende Vorsitzende des türkischen Verfassungsgerichts Osman Paksüt, dass der Verbotsantrag der Generalstaatsanwaltschaft gegen die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) vom höchsten Richterkollegium angenommen worden sei. Damit steht jene Partei, die die Wahlen im vergangenen Sommer mit knapp 47 Prozent der Stimmen haushoch gewonnen hat, vor dem Verbot - und mit ihr Ministerpräsident Tayyip Erdogan sowie 70 weitere Funktionäre der Partei. Ihnen droht ein lebenslanges politisches Betätigungsverbot.

    Die türkische Generalstaatsanwaltschaft wirft der religiös-konservativen AKP vor, "das laizistische System" abschaffen zu wollen - also die von Republikgründer Atatürk verordnete strikte Trennung von Staat und Religion. Diese Beschuldigung untermauert sie in einer 161-seitigen Anklageschrift mit Zitaten Erdogans und einiger seiner Parteifreunde, von denen die meisten Jahre zurückliegen. So nannte sich Erdogan während seiner Zeit als Istanbuler Bürgermeister in den neunziger Jahren "Imam von Istanbul" und verhöhnte die Demokratie als "Straßenbahn", aus der man wieder aussteigen könne, wenn man am Ziel angekommen sei. Doch damals war Erdogan noch Mitglied der islamistischen Wohlfahrtspartei: Später distanzierte er sich von seinen Äußerungen, gründete eine eigene Partei, die AKP, und verschrieb sich nach seinem ersten Wahlsieg 2002 ganz dem politischen Ziel, sein Land in die Europäische Union zu führen. Zahlreiche Reformen im Bereich Demokratie und Menschenrechte brachten der AKP Anerkennung im In- und Ausland ein. Privatisierungen und eine Öffnung des türkischen Marktes für Investoren bescherten dem Land ein Wirtschaftswachstum von zeitweise über acht Prozent. Allseits herrschte lange Zeit Zufriedenheit mit der AKP - auch im säkular eingestellten Teil der türkischen Gesellschaft.

    Doch seit seinem zweiten deutlich höheren Wahlsieg 2007 fühlt sich Erdogan stark genug, ein wichtiges Versprechen an seine Anhänger einzulösen: Das Kopftuchverbot an den Hochschulen des Landes aufzuheben. Schließlich musste der Ministerpräsident seine eigene Tochter zum Studieren in die USA schicken, weil sie, wie ihre Mutter, aus religiösen Gründen ein Kopftuch trägt. Mitte Februar dieses Jahres brachte die AKP mit einer rechtsnationalen Partei eine entsprechende Verfassungsänderung auf den Weg. Seitdem tobt in der Türkei der alte Streit zwischen Religiösen und Säkularen so heftig wie noch nie. Für die Generalstaatsanwaltschaft ist die Aufhebung des Kopftuchverbots an den Hochschulen nun das Kernstück ihres Verbotsantrags. Wie aufgebracht Erdogan über das Verbotsverfahren ist, machte der Regierungschef auf einer Veranstaltung seiner Partei am vergangenen Wochenende deutlich:

    "Seit Tagen treten diese Leute in Fernsehdiskussionen auf und bringen die AK-Partei nur mit einem in Verbindung: der Kopftuchfrage. Die sollten sich schämen! Fünf Jahre lang habe ich als Ministerpräsident diese Frage kein einziges Mal auf die Tagesordnung gebracht!"

    Weil die Universitäts-Rektoren des Landes seit Wochen eine entsprechende Bestimmung blockieren, dürfen vorerst weiterhin nur die Unverschleierten die Kontrollen am Campuseingang passieren. Einige Rektoren haben gar angekündigt, niemals Kopftücher im Hörsaal zu erlauben. Auch die Mehrzahl der Professoren ist gegen das neue Gesetz. Der Istanbuler Hochschullehrer Erol Manisali glaubt, dass es gar nicht um die Studentinnen geht:

    "Das Kopftuch wird doch ständig von irgendwelchen Männern gefordert! Und das sind diejenigen, die aus der Republik einen islamischen Staat machen wollen - so gesehen tickt da eine Zeitbombe."

    Kein Thema spaltet die Türkei so sehr wie die Kopftuchfrage - Stimmen auf Istanbuls Straßen:

    "Gut, einerseits ist das eine Frage der Freiheit. Aber andererseits sind wir misstrauisch und glauben nicht, dass sich die Religiösen damit zufrieden geben werden."

    "Die Türkei will nach Europa - und da ist es nur natürlich, dass die türkischen Jugendlichen die gleichen Freiheiten genießen wollen wie ihre Gleichaltrigen in Europa."

    "Natürlich soll im Prinzip jeder das Recht haben, anzuziehen, was er möchte. Aber entscheidend ist, dass das Kopftuch als politisches Symbol benutzt wird - und das ist das Gefährliche."

    Hatice Kavsakar versteht die Aufregung nicht. Die 33-Jährige wurde vor zehn Jahren vom Medizinstudium ausgeschlossen - wegen ihres Kopftuches. Seitdem kämpft die Mutter von zwei Kindern für Gerechtigkeit - und bekommt dabei Unterstützung von einem Istanbuler Rechtshilfeverein. Kavsakar hätte damals, wie andere gläubige Kommilitoninnen, mit einer Perücke weiterstudieren können. Doch das fand sie erniedrigend. Nun hofft sie, das abgebrochene Studium wieder aufnehmen zu können:

    "An dem Tag, an dem ich von der Uni flog, war Zwischenprüfung - als ich morgens kam, sagten sie mir: Tut mir leid, dein Name steht nicht auf der Liste. Wenn das Verbot endgültig aufgehoben ist, werde ich in die Fakultät zurückgehen und mich wieder einschreiben."

    Die Kopftuch-Befürworterinnen sind mit der Verfassungsänderung zufrieden - vorerst. Denn für sie ist klar: Auch das Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst des Landes muss fallen. Die Rechtsanwältin Fatma Belli unterstützt den Kampf der gläubigen Studentinnen:

    "Es gibt ein Recht auf Arbeit. Wer jetzt sagt, wir geben das Kopftuch nur für die Hochschulen frei, aber für Beamte bleibt es weiterhin ausgeschlossen, der kann nicht für sich in Anspruch nehmen, ein Verfechter der Menschenrechte zu sein."

    Solche Äußerungen sind Wasser auf die Mühlen der Opposition. Für sie ist die Aufhebung des Kopftuchverbots an den Hochschulen nur der Anfang. Sie glauben fest daran, dass Ministerpräsident Erdogan als nächstes auch an Schulen, in Gerichten und im Parlament die Kopftücher erlauben wird - und dass dann all diejenigen Frauen unter Druck geraten werden, die keine Kopfbedeckung tragen.

    Doch Erdogan weist diese Unterstellung als "Angriffe gegen das Volk" wütend zurück. Auf die Klage gegen seine Partei reagierte er mit der Idee, rasch die Verfassung zu ändern, um einem Verbot zu entgehen. Sollte ihm dafür die nötige Zweidrittelmehrheit fehlen, erwägen einige Mitglieder der AKP gar den Weg eines Referendums. Erdogan will die Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen eine Partei künftig von der Erlaubnis des Parlaments abhängig machen. Auch über eine völlige Streichung des Parteienverbots-Paragrafen wird in diesen Tagen spekuliert. Tricks, vor denen der Istanbuler Politologe Cengiz Aktar dringend warnt. Aktar rät der Regierungspartei zur Gelassenheit:

    "Wenn die Regierung ihre Ankündigung wahr machen sollte, und tatsächlich ein Referendum darüber abhalten lässt, ob Parteienverbote in der Verfassung erschwert werden sollen, dann könnte es so turbulent werden, dass am Ende auch das Militär eingreift. Die Regierung sollte nicht zu solchen Tricks greifen, sondern in Ruhe das Verfahren abwarten - denn im Grunde steht in dem Verbotsantrag ja nichts von Belang."

    Für das Verbot einer Partei sind die Stimmen von sieben der elf Verfassungsrichter nötig; acht der derzeitigen Richter gelten als Gegner der AKP und wurden noch von Ahmet Sezer berufen, dem stramm kemalistischen Vorgänger des amtierenden Staatspräsidenten Gül. Sezer, selbst einmal Mitglied des höchsten Gerichts, ging es bei der Auswahl der Richter um die Stärkung des Justizapparats als Bollwerk gegen den wachsenden Einfluss der Religiösen. Die Mehrheit der Richter und Staatsanwälte sieht sich - neben dem Militär - als Verwalter des politischen Vermächtnisses von Republikgründer Atatürk. Dabei hat sich der Justizapparat in der Geschichte der modernen Türkei immer wieder des Parteienverbots bedient: Verboten wurden in den vergangenen Jahrzehnten nicht bloß religiöse, sondern auch linke und vermeintlich separatistische, also kurdische Parteien.

    Wann immer Richter und Staatsanwälte in der Türkei das Land in Gefahr sehen - ob durch Kurden, Kommunisten oder Islamisten - fühlen sie sich zum Eingreifen veranlasst. In einer Untersuchung gaben 41 Prozent aller Richter und Staatsanwälte an, die Sicherheit des Vaterlandes im Zweifel über die Grundrechte zu stellen. Dieses Sendungsbewusstsein ist historisch begründbar, meint Idil Elveris. Die Istanbuler Politologin beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Besonderheiten der türkischen Justiz:

    "Die türkische Republik ist 1923 von Soldaten und Beamten gegründet worden, einer Elite, die für sich das Recht in Anspruch nahm, zu entscheiden, was gut ist für die Entwicklung von Staat und Gesellschaft. Diese Elite, zu der auch die Juristen zählen, steht Veränderungen bis heute misstrauisch gegenüber. Die gesellschaftliche Isolierung der Richter und Staatsanwälte spielt ebenfalls eine wichtige Rolle: Sie müssen dorthin gehen, wohin der Apparat sie schickt, und sie leben meist in staatlichen Wohnsiedlungen, wo sie nur Beamte zum Nachbarn haben. Das fördert den Gedanken, etwas Besonderes zu sein."

    Wenn der Istanbuler Rechtsanwalt Oguz Olca einen Gerichtssaal betritt, dann stört er sich jedes Mal daran, dass nicht nur der Richter, sondern auch der Staatsanwalt von einem erhöhten Podest aus auf ihn herab sehen kann. Solche Standesdünkel gehen nach Olcas Beobachtungen einher mit dem Unwillen vieler Richter und Staatsanwälte, neue Gesetze, etwa im Rahmen der EU-Annäherung, auch umzusetzen:

    "Man hat zum Beispiel die Staatssicherheitsgerichte in der Türkei abgeschafft. Gut - aber die Richter, die früher in den Staatssicherheitsgerichten waren, sind jetzt in den neuen ‚Gerichten für schwere Straftaten’ tätig. Es hat sich also nur das Formelle geändert."

    Juristen waren auch in jener Gruppe von Nationalisten zu finden, die vor kurzem unter dem Vorwurf verhaftet wurde, sie plane einen bewaffneten Staatsstreich. Die Gruppe unter dem Namen "Ergenekon" soll vor den Wahlen im vergangenen Sommer zu Morden an Priestern, Missionaren und an dem armenischen Journalisten Hrant Dink angestiftet haben - mit dem Ziel, die Stimmung so weit anzuheizen, dass die Armee einen Grund zum Eingreifen bekomme. Doch neben einigen Ex-Offizieren ließ die Regierung auch den 83-jährigen Journalisten Ilhan Selcuk festnehmen, einen prominenten kemalistischen Widersacher der AKP, der allerdings gleich wieder freigelassen werden musste. Die AKP musste sich den Vorwurf gefallen lassen, Kritiker mundtot machen zu wollen. Die Ergenekon-Vorgänge zeigen, mit welch harten Bandagen derzeit die Auseinandersetzung zwischen dem religiösen Lager und dem säkular-nationalistischen Lager geführt wird.

    Viele vermuten, dass hinter dem Verbotsantrag gegen die AKP deren größter Widersacher steckt: Das Militär. Im vergangenen Mai veröffentlichte die türkische Armeeführung eine offene Putschdrohung für den Fall, dass Ministerpräsident Erdogan zum Staatspräsidenten gewählt würde. Erdogan verzichtete, statt ihm wurde der damalige Außenminister Abdullah Gül nominiert und gewählt. Seitdem war von der Armeespitze kaum etwas zur Innenpolitik zu hören. Bei dem Einmarsch in den Nordirak im Februar schien es sogar so, als zögen Regierung und Militär bei der Bekämpfung der kurdischen PKK künftig an einem Strang.

    Immer wieder erheben türkische Medien den Vorwurf, es gehe der Justiz und dem mutmaßlich hinter ihr stehenden Militär nicht nur um das Kopftuch an den Hochschulen, sondern sie wolle mit dem Verbotsantrag auch den Europakurs der Regierung zu Fall bringen. Von der Europäischen Union hält die kemalistische Opposition wenig, vor allem stört sie sich an zu vielen "Zugeständnissen" an Brüssel. Gegen das kürzlich von der Regierung reformierte Stiftungsgesetz, das den christlichen Minderheiten des Landes mehr Rechte einräumt, eine Forderung der EU, hat die Opposition Klage beim Verfassungsgericht eingereicht. Der Istanbuler Politologe Cengiz Aktar meint, Erdogan solle in den nächsten Monaten erst recht zeigen, wie wichtig ihm die EU-Mitgliedschaft ist:

    "Sie sollten gerade jetzt die Reform der Verfassung voranbringen, und sie sollten dem EU-Prozess einen kräftigen Schub geben. Von nun sollte die Regierung jeden Tag über die EU-Mitgliedschaft und die notwendigen Reformen reden. Diejenigen in Europa, welche die Türkei noch nie dabei haben wollten, sind über diese innenpolitische Krise sicher mehr als erfreut, weil sie sehen, dass die Türkei ganz allein vom Kurs einer Vollmitgliedschaft abkommt."

    "Komm auf unsere Seite, Erdogan", fordert die linke Istanbuler Tageszeitung "Taraf" in ihrem heutigen Aufmacher. Gemeint ist: Der Ministerpräsident solle sich die Unterstützung der Demokraten gegen das Parteiverbotsverfahren sichern, indem er sich eindeutig auf die Seite der westlichen Reformer schlägt. Denn gerade an Erdogans Reformwillen gibt es zunehmend Zweifel: So lässt die lange versprochene Abschaffung des berüchtigten Strafrechtsparagrafen 301, der die "Beleidigung des Türkentums" unter Strafe stellt, weiter auf sich warten. Dabei wurde erst gestern bekannt, dass derzeit landesweit 744 Verfahren aufgrund dieses, die Meinungsfreiheit willkürlich einschränkenden, Gesetzes laufen.

    Auch die Reform der türkischen Verfassung kommt nicht voran. Erdogan hatte zugesagt, die derzeit gültige Verfassung, die noch zu wesentlichen Teilen aus der Zeit nach dem Militärputsch stammt, dem Standard europäischer Verfassungsnormen anzupassen. Ein bereits ausgearbeiteter Verfassungsentwurf soll die Grundfreiheiten und die Bürgerrechte stärken. Die Menschenwürde soll wie im deutschen Grundgesetz als Kernbegriff verankert werden. Den internationalen Menschenrechtskonventionen soll Vorrang gegenüber türkischen Gesetzen eingeräumt werden. Doch auch dieser Entwurf liegt seit Monaten schon in einer Regierungsschublade - zur Enttäuschung der türkischen Demokraten.

    Bis zum Urteil des Verfassungsgerichts über ein mögliches Verbot der AKP werden Monate vergehen, möglicherweise Monate der politischen Lähmung. Wirtschaftlich beginnt sich die Krise bereits auszuwirken: Die türkische Lira ist Anfang dieser Woche gegenüber Dollar und Euro auf ein Rekordtief gerutscht. Der einflussreiche Industriellenverband TÜSIAD trat gemeinsam mit einem linken Gewerkschaftsverband an die Öffentlichkeit mit der Forderung an alle Beteiligten, "einen Schritt aufeinander zu zu machen."

    Im Istanbuler Ausgehviertel Beyoglu betreibt Deniz Arslan seit sieben Jahren eine kleine Weinhandlung. In der holzgetäfelten Schankstube stehen neben türkischen auch internationale Weine zum Verkauf - darunter ein Mosel-Riesling. Das Geschäft läuft gut, sagt die Wirtin mit den feuerrot gefärbten Haaren, und sie betont, trotz der Hindernisse, die ihr von den Behörden in den Weg gelegt werden:

    "Vor fünf Jahren wurde auf einmal auf importierten Wein eine besondere Verbrauchersteuer von 60 Prozent erhoben. Das war für viele von uns eine ruinöse Verteuerung. Ich sehe das als Teil des Drucks, den die Religiösen auf uns ausüben. Hier in diesem Viertel haben wir den noch nicht so sehr zu spüren bekommen, aber andere Stadtteile wurden über den Entzug von Ausschanklizenzen teilweise ‚alkoholfrei’ gemacht."

    Dass die regierende Entwicklungs- und Gerechtigkeitspartei AKP der türkischen Gesellschaft schleichend eine streng islamische Moral aufzudrücken versucht - dieser Vorwurf hat auf Istanbuls Straßen nicht viele Befürworter:

    "Die in der Regierung haben manches falsch gemacht, aber auch manches richtig. Dieses Verfahren ist nicht gut. Aber wer fragt uns schon. Wenn wir dagegen protestieren würden, käme doch gleich die Polizei."

    "In der Anklage heißt es, die Türkei werde islamisiert. Aber wir sind doch schon ein islamisches Land. Schauen Sie, in meinem Ausweis steht: Religion: Islam. Das ganze ist lächerlich und darf nicht zu einem Parteienverbot führen."

    Doch die Gegner der AKP verweisen auf Vorfälle, meist aus der anatolischen Provinz, die auch in dem Verbotsantrag der Generalstaatsanwaltschaft gegen die AKP aufgeführt sind: Da lässt der AKP-Bürgermeister der Kleinstadt Bolu so genannte Gebetsbusse, eine Art mobile Moschee für Frauen durch seine Gemeinde rollen, ein anderer verteilt im Namen der AKP Koran-Bände, ein dritter lässt den Alkoholverkauf in seinem Ort verbieten. Es sind solche kleinen Veränderungen, die auch die Istanbuler Wirtin Deniz Arslan um ihre Freiheit fürchten lassen:

    "Im Fastenmonat Ramadan fühlen sich viele unserer Gäste beim Alkoholtrinken neuerdings unwohl - ich erhebe dann oft als erste das Glas, damit sie kein schlechtes Gewissen zu haben brauchen. Aber in den meisten Stadtteilen machen Alkoholgeschäfte oder Kneipen während des Ramadan mittlerweile dicht."

    Wegen der innenpolitischen Konfrontation wird in Ankara über vorgezogene Neuwahlen spekuliert. Als möglicher Termin käme der 28. März 2009 in Frage. An diesem Tag sollen ohnehin Kommunalwahlen stattfinden. Im Falle eines Verbots wird die AKP unter einem neuen Namen antreten. Der Konflikt zwischen Religiösen und Säkularen ginge dann einfach nur in eine neue Runde.