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Machtspiele in der nordbadischen CDU

Brigitte Schäuble, Schwägerin des amtierenden Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble, will in den Bezirksvorsitz von Baden-Württemberg. Obwohl die Union im Ländle frauenfreundlicher geworden ist und der Name Schäuble in der CDU Tradition hat, ist die Bürgermeisterin von Gaggenau nicht konkurrenzlos.

Von Michael Brandt | 04.07.2013
    Dunkelblauer Hosenanzug, elegante Schuhe, leuchtend blaue Augen: Brigitte Schäuble ist eine interessante Frau. Die Baubürgermeisterin von Gaggenau sitzt in ihrem Arbeitszimmer und sie erklärt, warum sie es genau jetzt wissen will. Am kommenden Samstag will sie in Sinsheim Bezirksvorsitzende der CDU Nordbaden werden:

    "Ich möchte, dass unsere Delegierten am Wahltag auch tatsächlich eine Wahl haben. Ich finde, das gehört zur Demokratie."

    Brigitte Schäuble ist die Witwe von Thomas Schäuble, dem früheren Innenminister von Baden-Württemberg und damit die Schwägerin von Wolfgang Schäuble. Und so wie der Name Schäuble aus der baden-württembergischen CDU nicht wegzudenken ist, so ist die Union ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens. In den 70er-Jahren schon trat die heute 60-Jährige in die Partei ein. Viele Jahre war sie dann in der Kommunalpolitik aktiv, seit 2007 ist sie Bürgermeisterin von Gaggenau, einer 30.000-Einwohner-Stadt ganz im Westen von Baden-Württemberg:

    "Ich möchte die Kommunalpolitik mit einem neuen Stellenwert in der Partei versehen. Wir sind vor Ort, wir bekommen lebhaft mit, wo die Probleme der Bevölkerung sind, und ich finde, das muss weiter in der Partei nach oben transportiert werden."

    Eigentlich ist ihre Kandidatur eine feine Sache. Seit der Wahlniederlage vor zwei Jahren will die CDU im "Ländle" attraktiver werden für Frauen. Da wäre es doch ein gutes Signal, wenn wenigstens eine der vier Bezirksvorsitzenden im Land weiblich würde, sagt sie und klingt dabei sehr überzeugend. Katrin Schütz, Landtagsabgeordnete aus Karlsruhe und Vorsitzende der Frauen-Union in Nordbaden, sieht darin mehr als nur ein Signal:

    "Da haben wir eine historische Chance, in 60 Jahren jetzt mal eine Frau in so einer Führungsposition zu sehen. Und ich finde es toll, dass sie diese Chance nutzt, sich zur Verfügung zu stellen, um der Partei auch eine Alternative zu bieten."

    Aber genau das ist das Problem: die Alternative. Denn die hatte es vor Kurzem noch gar nicht gegeben: zumindest nicht für Peter Hauk. Der Landtagsfraktionschef war bislang der einzige Kandidat gewesen. Für ihn eine gute Gelegenheit, auf diese Weise seine eigene Position innerhalb der Partei zu stärken. Ganz gelegen kann ihn die Gegenkandidatin mit dem prominenten Namen also nicht sein, doch Hauk erklärt selbstbewusst:

    "Das ist ein fairer Wettstreit zwischen den besten Ideen und guten Köpfen. Und ich kandidiere, weil ich glaube, dass ich ein guter Bewerber bin. Nicht nur ein guter Bewerber, sondern auch ein guter Bezirksvorsitzender."

    Das Dilemma ist schon in Sicht: Auf der einen Seite ermuntert die Landesspitze der CDU seit Jahren ihre Frauen, Führungspositionen zu ergreifen. Ginge aber andererseits Peter Hauk als Verlierer aus der Wahl, würde das eine deutliche Schwächung seiner innerparteilichen Stellung bedeuten. Und dazu könnte es am kommenden Samstag durchaus kommen: Denn als Fraktionsvorsitzender ist Hauk zwar anerkannt, aber keineswegs unumstritten. Einige Beobachter mutmaßen deshalb schon eine Klatsche für ihn, sollte Brigitte Schäuble das Rennen machen. Der Ettlinger Landtagsabgeordnete Werner Raab formuliert es so:

    "Es ist nichts Interessanteres in der Politik als eine Personalentscheidung, die locken die Leute, da sind alle da, deshalb wird das eine sehr interessante Sitzung."

    Rund 250 Delegierte werden am Samstag in Sinsheim abstimmen. Werner Raab wird seinem Fraktionschef die Treue halten. Er ist überzeugt: Es ist die politische Erfahrung, die ein Bezirksvorsitzender braucht. Und die habe nun mal Peter Hauk. So sieht es auch Thomas Wald aus dem Nachbarwahlkreis Rastatt:

    "Ich habe mich für ihn ausgesprochen, weil Peter Hauk in schwieriger Zeit in der Landtagsfraktion einen guten Job macht."

    Allerdings gibt es in der Landtagsfraktion auch andere Stimmen. Die sich zumindest vorstellen können, dass eine Frau künftig die Nordbadener CDU anführen könnte. Wie Victoria Schmid aus dem Enzkreis :

    "In einer Demokratie ist es auch schön, wenn es eine Wahl gibt."

    Ähnlich sieht es Marianne Engeser aus dem benachbarten Pforzheim:

    "Ich sehe einen Fraktionsvorsitzenden mit einem breit aufgestellten Wissen und einer großen Hausmacht auch. Und dann sehe ich noch eine Baubürgermeisterin, die was drauf hat und die als Frau für uns ein gutes Gegenangebot darstellt für uns als Delegierte. Deshalb wird das spannend."

    Aber die Qualität der Kandidaten ist nur ein Kriterium, das in Sinsheim die Wahl entscheiden könnte. Das andere sind die offenen Rechnungen, die manch einer mit dem Fraktionsvorsitzenden Peter Hauk noch hat. Der bisherige Bezirksvorsitzende der CDU Nordbaden, Heribert Rech, etwa war bei den letzten Wahlen um den Bezirksvorstand mit der Unterstützung des damaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus schon gegen Peter Hauk angetreten und hatte sich durchgesetzt. Jetzt unterstützt er Brigitte Schäuble. Oder der frühere Finanzminister Gerhard Stratthaus. Er wäre gerne Landtagspräsident geworden, wurde aber von Hauk ausgebremst. Auch er unterstützt Brigitte Schäuble. Die sitzt noch immer in ihrem Büro. Als sie ihre Entscheidung für die Bewerbung getroffen hat, hat sie nicht mit dem Wirbel gerechnet, den sie damit auslöst. Eine gewisse Anspannung ist ihr daher beim genauen Hinhören anzumerken. Aber Entschlossenheit ebenfalls. Sie will es eben wissen:

    "Ich finde einfach, in einer Demokratie, da sollte es einen Wettbewerb geben, und es ist kein Problem, wenn jemand verliert und ich müsste mit einer Niederlage auch umgehen. Ich sehe da kein Problem."