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Machtwechsel in Washington
Präsident Trump - Hoffnung der Rechtsnationalisten in Israel

Der künftige US-Botschafter in Israel, David Friedman, ist Chef einer Organisation, die jährlich Spenden in Millionenhöhe für israelische Siedlungen im Westjordanland einsammelt. Einer der Spender ist Donald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner - künftig Berater des US-Präsidenten auch in Nahost-Themen. Trump selbst hat ebenfalls schon gespendet.

Von Peter Kapern | 14.01.2017
    Die Siedlung Eli im Westjordanland.
    Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat 10.000 US-Dollar für die radikalen Siedler springen lassen. In Israel will man die Gunst der Stunde nutzen und den Ausbau der Siedlungen vorantreiben. (dpa/picture-alliance/Meir_Partoush)
    Er kann das wie kein zweiter, Benjamin Netanjahu, der israelische Ministerpräsident. Bosheiten und Ungeheuerlichkeiten, sarkastisch perfekt formuliert, wie einen Pfeil abschießen. Diese hier zum Beispiel, am vergangenen Donnerstag.
    Ein Überbleibsel, sei das Ganze doch nur, das letzte Röcheln der Vergangenheit, bevor die Zukunft beginnt. Mit dieser Bemerkung wischte Netanjahu voller Verachtung das Treffen von 72 Staatsmännern bei der Nahost-Friedenskonferenz in Paris vom Tisch. Die wird morgen einmal mehr das Festhalten an der Zwei-Staaten-Lösung beschwören. Israels Regierung schert das kaum noch, der Blick ist nach vorn gerichtet. Auf die Zeit nach dem 20. Januar. Oder, wie Sportministerin Miri Regev es kürzlich in einem durchaus skurrilen Fernsehauftritt auf den Punkt gebracht hat:
    "Wer ist Obama, rief sie ins Mikrophon. Der ist doch längst Geschichte!"
    Dieser Mann der Geschichte hat nie einen Gesprächsfaden mit Israels Regierungschef Netanjahu gefunden. Obwohl Obama Israel den größten Militärdeal der Geschichte zugeschanzt hat. 38 Milliarden US-Dollar Cash für Rüstungskäufe in den nächsten 10 Jahren. Netanjahu hat für Obamas Gegenkandidaten Mitt Romney 2012 Wahlkampf gemacht und 2015 in einer Rede vor dem US-Kongress zum Widerstand gegen Obamas Iran-Politik aufgerufen. Und als dann der scheidende US-Präsident im Dezember die UN-Resolution gegen die israelischen Siedlungsbau passieren ließ, das brachen auf israelischer Seite endgültig alle Dämme.
    Seither sprechen Regierungsmitglieder nur noch voller Verachtung über Obama. Aber jetzt kommt der, den die israelische Regierung für die Personifizierung der nahostpolitischen Zukunft hält. Donald Trump. Auf ihn richten sich die Hoffnungen der rechtsnationalistischen Regierung. Und zwar, seit Trump im vergangenen Oktober einen damals weitgehend unbekannten Rechtsanwalt nach Jerusalem schickte, um dort für ihn Wahlkampf zu machen. Mit einer Rede auf einer Dachterrasse in Sichtweite der Klagemauer:
    Siedlungen im Westjordanland ohne völkerrechtliche Grundlage
    "Unter einer Trump-Administration werden die USA Jerusalem als die ewige Hauptstadt Israels anerkennen. Und die US-Botschaft wird nach Jerusalem umziehen.
    Der unbekannte Anwalt heißt David Friedman. Er wird der nächste Botschafter der USA in Israel werden. Der Mann hat eine nahostpolitische Vorgeschichte. Friedman ist seit Jahren Chef einer Organisation, die jährlich in den USA Millionenspenden auftreibt, die dann in Siedlungen im Westjordanland fließen. In Siedlungen, denen die Vereinten Nationen gerade noch einmal attestiert haben, dass es für ihre Existenz keine völkerrechtliche Grundlage gibt. Zu den Spendern der "American Friends of Beit El gehören auch Jared Kushner, der Schwiegersohn, des künftigen US-Präsidenten, der ihn nicht zuletzt in nahost-Fragen beraten soll. und auch Donald Trump selbst hat 10.000 US-Dollar für die radikalen Siedler springen lassen. Kein Wunder also, dass deren Statthalter in der Knesset und in der israelischen Regierung paradiesische Zeiten auf sich zukommen sehen.
    Zum Beispiel Ayelet Shaked, die Justizministerin, die sich in dieser Woche spektakulär vor dem Grab der Patriarchen in Hebron mitten im Westjordanland, die die Israelis Judäa und Samaria nennen, in Szene setzte:
    "Es muss der ganzen Welt und vor allem den Vereinten Nationen gesagt werden, dass sie sich mit den Tatsachen auseinandersetzen müssen. Wir haben das volle Recht auf dieses Land und deshalb werden wir hier weiter bauen und Judäa und Samaria stärken."
    In den besetzten Gebieten soll gebaut werden wie nie zuvor
    Das ist also das wichtigste Projekt der israelischen Regierung für die Zeit nach dem Machtwechsel in Washington. In den besetzten Gebieten soll gebaut werden wie nie zuvor. Die Gunst der Stunde soll ausgenutzt werden. Naftali Bennett, der Bildungsminister und Chef der radikalen Siedlerpartei, will noch weiter gehen. Er will die gesamte Area C annektieren. Das sind 60 Prozent des Westjordanlandes, was für einen palästinensischen Staat nur noch ein paar unzusammenhängende Gebiete übrig lassen würde:
    "Wir sind da jetzt seit 50 Jahren. da leben fast eine halbe Million Israelis, die zur Armee gehen, ihre Steuern zahlen, aber trotzdem Bürger zweiter Klasse sind, weil sie unter Militärrecht leben. Es ist Zeit, das zu ändern."
    Und zwar durch eine Annexion, wie Bennet unverblümt sagt:
    "Würde die Welt das akzeptieren? Wahrscheinlich nicht. Aber bislang akzeptiert ja auch nicht ein einziges Land der Welt, dass die Klagemauer ein Teil Israels ist. Aber wir Israelis, wir akzeptieren das. Und im Lauf der Zeit wird die Welt das schon akzeptieren."
    Und gerade deshalb wäre der Umzug der Botschaft nach Jerusalem so wichtig für die israelische Regierung. Denn damit wären die USA das erste Land der Welt, das die israelische Annexion Ostjerusalems aus dem Jahr 1968 anerkennen würde. Das würde die bisherige US-Position konterkarieren, wonach in Übereinstimmung mit mehreren UN - Resolutionen der endgültige Status Jerusalems in einem einvernehmlichen Vertrag geregelt werden soll.
    Und wie reagieren die Palästinenser? Zunächst sehr zögerlich. Rijad al-Maliki, der Außenminister, mochte am Tag nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten dessen Wahlkampfversprechen, die Botschaft nach Jerusalem zu verlegen, gar nicht ernst nehmen:
    PLO würde die Anerkennung Israels zurückziehen
    "Ich glaube nicht, dass er es machen wird. Das glaube ich nicht."
    Mittlerweile sieht die Sache anders aus. Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas schickt Brandbriefe in alle Welt, warnt vor den Folgen eines Botschaftsumzugs. Saeb Erekat, Top- Berater von Abbas, sagt, die PLO würde in dem Fall die im Oslo-Prozess ausgesprochene Anerkennung Israels zurückziehen. Und Jibril Rajoub, der als Abbas-nachfolger gehandelt wird, ging in einem Radio-Interview noch weiter:
    "Ich verstehe diesen Schritt als Kriegserklärung an alle Araber und Muslime. Dieser Schritt würde den amerikanischen Interessen einen größeren Schaden zufügen als alles andere."
    Ob sich Donald Trump von diesen Botschaften beeindrucken lässt? Nimmt man die Vorfreude der israelischen Regierung auf die Präsidentschaft Trump zum Maßstab, dann wohl kaum.