Donnerstag, 28. März 2024

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Macrons Ideen für eine europäische Finanzpolitik
"Das Geld wächst ja nicht auf dem Baum"

Die Reformpläne des neuen französischen Präsidenten Emmanuel Macron stoßen bei Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs auf Kritik. Die Bundesregierung sei weiterhin gegen gemeinsame europäische Staatsanleihen, die sogenannten Eurobonds, für die Macron plädiert. Jedes Land müsse für seine Schulden verantwortlich bleiben, sagte Fuchs im DLF.

Michael Fuchs im Gespräch mit Sarah Zerback | 09.05.2017
    Michael Fuchs, Vizefraktionsvorsitzender der CDU/CSU im Bundestag
    Michael Fuchs (CDU), stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Union (picture alliance /dpa /Karlheinz Schindler)
    Sarah Zerback: Zugehört hat der Wirtschaftspolitiker Michael Fuchs. Er ist stellvertretender Vorsitzender der Unions-Bundestagsfraktion. Guten Morgen, Herr Fuchs.
    Michael Fuchs: Guten Morgen, Frau Zerback.
    Zerback: "Der Sieg Macrons ist ein Auftrag an Deutschland." Das ist ein Zitat. So hat es Sigmar Gabriel formuliert. Nehmen Sie diesen Auftrag an?
    Fuchs: Na ja. Als Allererstes wollen wir mal ganz deutlich machen, dass wir froh sind, dass Herr Macron die Wahlen gewonnen hat und nicht Frau Le Pen und damit Europa einen Schub bekommen wird, weil wir dann zusammen mit den Franzosen uns gemeinsam darum kümmern können, das europäische Modell zu verbessern. Das ist unser Ziel, das ist das Ziel von der Bundeskanzlerin Angela Merkel. Wir wissen genau, dass wir das aber auch nur mit Frankreich erreichen können.
    Viele Ideen von Herrn Macron sind positiv und die wollen wir auch gemeinsam erarbeiten. Aber die müssen erst einmal wirklich konkret auf den Tisch und ich halte es für ein bisschen verfrüht, wenn wir jetzt schon so tun, als sei das alles, was er im Wahlkampf …
    Zerback: Und da ist er weg, der Herr Fuchs. Da ist uns die Leitung leider weggebrochen. Wir versuchen es einfach gleich noch mal.
    Am Telefon begrüße ich jetzt noch einmal Michael Fuchs, den CDU-Wirtschaftspolitiker. Da hatte uns gerade die Telefonleitung einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wir machen weiter. – Herr Fuchs, Sie setzen auf das starke deutsch-französische Tandem. Aber das geht doch nur, wenn Frankreich stabil ist, wettbewerbsfähig. Müssen wir dann nicht alles tun, damit Macron genau das erreichen kann?
    Fuchs: Als Allererstes muss natürlich Macron ein ganz großes Bündel an Reformen angehen. Das hat er ja auch erkannt, das weiß er genau. Und wir werden ihn selbstverständlich bei diesen Reformbemühungen unterstützen. Das ist klar. Wir haben ja ein hohes Interesse daran, dass die Situation in Frankreich besser wird, dass die Wettbewerbsfähigkeit von Frankreich verbessert wird, weil das die gesamte Wettbewerbsfähigkeit von Europa verbessert, denn Deutschland und Frankreich sind die beiden starken Säulen für Europa. Deswegen muss es unser Interesse sein, die Wettbewerbsfähigkeit in Frankreich zu verbessern. Das ist das eine.
    "Da sind Reformen auf dem Arbeitsmarkt notwendig"
    Zerback: Und wenn das so ist, muss sich die Bundesregierung dann nicht auch flexibel zeigen, damit diese Reformen umgesetzt werden können?
    Fuchs: Ja, sicher! Aber da sind natürlich eine ganze Reihe von Fragen, die wir stellen müssen. Zum Beispiel ein Punkt, da werden wir sicherlich nicht einig werden. Davon halten wir auch nichts. Das sind die berühmten Eurobonds. Das ist im Prinzip eine Vergemeinschaftung von Staatsanleihen und das wollen wir nicht, denn jeder muss für seine Staatsanleihen zuständig sein. Wir wollen da auch nicht irgendwie eine Haftungsübernahme durch Deutschland. Das machen wir sicherlich nicht mit. Bringt aber auch nichts, wird auch nicht die Reformen in Frankreich nach vorne bringen. Da sind Reformen auf dem Arbeitsmarkt notwendig, das weiß jeder. 35-Stunden-Woche in Frankreich ist nicht unbedingt mehr das, was heute en vogue ist in Gesamteuropa, aber in der Welt erst recht. Und auch da muss nun Macron dran. Das ist ihm aber auch klar, glaube ich.
    Zerback: Die Eurobonds, die sind ja ein ewiges Streitthema. Aber wo sich Experten auch sicher sind: Schwächere Länder würden dann von der Kreditwürdigkeit Deutschlands profitieren. Warum ist das mit der Union nicht zu machen?
    Fuchs: Ganz einfach, weil dann die, sagen wir mal, Haftung dafür bei allen liegt und nicht mehr bei den Ländern, die im Prinzip die Kredite benötigen. Und wenn die Haftung vergemeinschaftet wird, ist es natürlich viel einfacher zu sagen, na ja, dann nehmen wir doch noch ein bisschen mehr Geld auf. Wir wollen aber, dass die Kriterien, die wir uns selber gegeben haben, die Maastricht-Kriterien, die wir ja alle gemeinsam unterschrieben haben, wo nebenbei Deutschland und Frankreich die ersten damals unter Schröder und Chirac waren, die die Kriterien gebrochen haben. Das muss aber unser Ziel sein, dass diese Kriterien eingehalten werden. Deutschland ist auf einem guten Weg. Es zeigt sich, wenn man vernünftige Haushaltspolitik macht, dass dann gleichzeitig die Arbeitslosigkeit sinkt. Wir haben jetzt mit weitem Abstand die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland und in Frankreich ist sie weit mehr als doppelt so hoch wie bei uns. Das ist ein Punkt, wo wir helfen müssen, wo wir gemeinsam herangehen müssen, denn die jungen Leute brauchen eine Chance in der Zukunft.
    "Was bringt uns der europäische Finanzminister?"
    Zerback: Trotzdem sind sich die Experten ja einig, dass ohne eine geänderte deutsche Politik Frankreich seine Wirtschaft nicht wieder wird ankurbeln können. Da fragt man sich doch, ob es nicht langsam an der Zeit ist für europäische Solidarität.
    Fuchs: Europäische Solidarität ist völlig richtig. Aber europäische Solidarität kann nicht eine Haftungsvergemeinschaftung sein. Das sehe ich nicht ein. Die Franzosen, wenn sie Schulden aufnehmen, sind dafür verantwortlich und jeder muss für seine Schulden verantwortlich bleiben. Wenn sie nicht mehr dafür verantwortlich sind, dann nimmt jeder so viel Geld auf wie er will und dann bricht die ganze Sache am Ende des Tages zusammen. Deswegen sind wir so dagegen.
    Zerback: Lassen Sie uns noch mal zwei Ideen von Macron aufgreifen. Der will ja unter anderem ein gemeinsames Eurogruppen-Budget, einen EU-Finanzminister. Das sind ja erst mal Ideen, die auch der Bundesfinanzminister schon mal angeregt hatte. Ist das mit der CDU zu machen?
    Fuchs: Das müssen wir alles gemeinsam diskutieren, aber da hätte ich ganz gerne auch ein bisschen mehr, ich sage es mal ein bisschen flapsig, Fleisch dran. Denn so ganz klar sind ja diese Dinge nicht geäußert. Das sind einfach Sätze, die in einem Wahlkampf gefallen sind. Was bringt uns der europäische Finanzminister? Wenn der Maßnahmen hat, zum Beispiel um Länder auf den Reformkurs zu bringen, dann mag das alles gut sein. Aber wenn der Finanzminister nur dazu da ist, nachher die Vergemeinschaftung von Schulden hinzubekommen, dann hilft das uns nicht weiter. Wir müssen Verantwortung in den einzelnen Ländern haben.
    "Das wächst ja nicht auf dem Baum, das Geld"
    Zerback: Entschuldigung, wenn ich Sie unterbreche, Herr Fuchs. Aber die Idee Macrons, die ist ja insofern klar formuliert, als dass er sich das so vorstellt, der Finanzminister soll auch Geld zuteilen können, um da flexibel zu helfen, wo hingegen Wolfgang Schäuble bisher die Idee vertreten hat, er will nur einen Finanzminister, der Sparziele überwacht. Da möchte ich jetzt mal Gesine Schwan zitieren. Sind Sie für die technokratische Lösung statt für die demokratische Lösung?
    Fuchs: Das hat ja mit Demokratie nichts zu tun, wenn einer Geld verteilt. Geld verteilen geht ja nun nicht aus der Tasche des Finanzministers, sondern es geht aus der Tasche der Bürgerinnen und Bürger von Europa. Das muss ja erst mal vorher irgendwo herkommen. Das wächst ja nicht auf dem Baum, das Geld. Insofern wird nichts anderes gemacht, als in dem Moment wieder Vergemeinschaftung. Das ist nach wie vor Ziel der Bundesregierung, dass wir das verhindern.
    Zerback: Aber ist das dieser berühmte deutsche Reflex, von dem man sich im Ausland immer erzählt, wenn es um Vorschläge geht, die Geld kosten?
    Fuchs: Nein! Wir sind ja mit weitem Abstand der größte Nettozahler in der EU. Das kann man uns ja nicht vorwerfen. Rund ein Drittel des gesamten EU-Etats werden ja bereits von Deutschland bestritten. Uns vorzuwerfen, wir würden uns sträuben, wenn es sich um EU-Mittel handelt, das weiß ich nicht. Das lässt sich, glaube ich, damit nicht begründen.
    Zerback: Der Wirtschaftspolitiker der CDU war das, Michael Fuchs. Besten Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben für das Gespräch heute Morgen, Herr Fuchs.
    Fuchs: Danke, Frau Zerback. Alles Gute Ihnen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen