Donnerstag, 25. April 2024

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Marie Bröckling vs. Christiane Germann
Soll die Polizei twittern?

Twitter ist das Lieblingsmedium von Journalisten und Politikern. Und seit geraumer Zeit mischt auch die Polizei mit – und hat Erfolg, wenn man sich ihre Followerzahlen ansieht. Doch wirft dieses Engagement auch Fragen auf: Wie verträgt sich das mit dem Neutralitätsgebot der Ordnungshüter?

Moderation: Brigitte Baetz | 07.03.2020
    Die Polizei in Leipzig hat, wie viele Polizeibehörden, ein eigenes Social Media Team.
    Die Polizei in Leipzig hat, wie viele Polizeibehörden, ein eigenes Social Media Team (dpa / picture alliance / ZB / Hendrik Schmidt)
    Seit ungefähr 2016, als die Polizei München während des Amoklaufes im Olympia-Einkaufszentrum Falschmeldungen und Verschwörungstheorien via Social Media dementierte, engagieren sich Polizeidienststellen in ganz Deutschland verstärkt auf Twitter. Ihre Accounts sind beliebt und umstritten zugleich, denn neben den Fotos geretteter Katzen finden sich unter den Nachrichten auch Kommentare zu den eigenen Einsätzen. Doch dadurch wird die Polizei auch zum Akteur bei der Herstellung öffentlicher Meinung.
    Marie Bröckling, Redakteurin Netzpolitik.org
    Marie Bröckling ist Redakteurin bei Netzpolitik.org (Bre'ann White)
    Marie Bröckling, Redakteurin bei netzpolitik.org:
    "Wenn die Polizei live von Demonstrationen twittert und dabei Fotos von brennenden Straßenbarrikaden teilt, unter denen sie suggestiv fragt: 'Alles Gegenstände des Kapitalismus?', dann trägt sie dazu bei, die ohnehin aufgeladene Stimmung weiter anzuheizen und die politischen Lager zu spalten. Allein durch die Auswahl eines solchen Fotos, das eben keine fröhlichen Menschen mit bunten Plakaten zeigt, sondern diese zusammengerückten brennenden Gegenstände, zeichnet die Polizei das Bild eines gewalttätigen Protestes. Selbst politische Berichterstattung zu betreiben, das ist nicht Aufgabe der Polizei. Für so was gibt es in Deutschland unabhängige Medien."
    Christiane Germann
    Christiane Germann ist Social-Media-Beraterin und Geschäftsführerin der Amt 2.0 Akademie (Henning Schacht)
    Christiane Germann, selbständige Social-Media-Beraterin und
    Geschäftsführerin der Amt 2.0 Akademie:
    "Die Polizei muss dort kommunizieren, wo sie die Menschen erreicht. Und das sind heute eben die sozialen Netzwerke. Es gibt ganz viele Menschen, die nicht mehr abends aktiv auf eine Website gehen und sich durchlesen, was es am Tag gegeben hat. Natürlich gibt es noch die, die eine Tageszeitung abonniert haben. Aber viele, viele Menschen informieren sich über soziale Netzwerke und nutzen auch ganz gerne die Dialog-Funktionen. Also die Möglichkeit, dass sie die Polizei oder die jeweilige Behörde etwas fragen können. Das ist eben der Zug der Zeit. Vor diesen neuen Kommunikationsformen kann sich der Staat nicht verschließen."