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Marine Le Pen
Für Frankreich, gegen die Europäische Union

Die französische Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen gibt sich siegesgewiss. Meinungsforscher sehen die Chefin des rechtsextremen Front National bei 25 bis 26 Prozent der Stimmen - allerdings ohne Chancen im entscheidenden zweiten Wahlkampf. Dennoch ist die Unsicherheit bei ihren Gegnern mit Händen zu greifen.

Von Ursula Welter | 11.04.2017
    Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen hält eine Rede zum Auftakt des Wahlkampfes des Front National für die Präsidentschaftswahl.
    Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen vom Front National (picture alliance / dpa / Frédéric Dugit)
    Die Chefin des Front National stimmt die Marseillaise an. Beim Stichwort "Vaterland" steht der Chor der gut 2.000 Besucher im Saal. Marine Le Pen, im kommenden Jahr wird sie 50, strahlt auf der Bühne wie ein junges Mädchen. Die Härte ist aus ihren Gesichtszügen gewichen, die Hymne zu singen, entspannt nach einer langen Wahlkampfrede.
    Bordeaux, 2. April. Es sind nur noch wenige Wochen bis zum ersten Wahlgang. Wie bei allen großen Meetings wird auch diesmal ihr Einzug in die Halle detailliert in Szene gesetzt, das Timing stimmt.
    "Der Moment ist gekommen. Vorwärts, Richtung Sieg. Es lebe das französische Volk. Es lebe die Republik. Es lebe Frankreich."
    Die Umfragen sehen Marine Le Pen derzeit bei 25/26 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang – damit sind ihre Chancen hoch, in die Stichwahl am 7. Mai zu kommen. Und wenn sich die Meinungsforscher nicht irren, würde sie den zweiten Wahlgang verlieren - ganz gleich, wie der Konkurrent hieße.
    Aber schon diese 25/26 Prozent wären für Marine Le Pen ein großer Erfolg. Gemessen an vorangegangenen Wahlen, so rechnen die Wahlforscher aus, könne sie mit einem Stimmenzuwachs von 20 Prozent rechnen. Und: Niemand weiß, wie groß die Unbekannten in all den Berechnungen sind, die die Meinungsforscher anstellen. Da sind die Nichtwähler. Da sind die Unentschlossenen. Da sind die Affären um fiktive Beschäftigungsverhältnisse, die den konservativen Spitzenkandidaten Fillon betreffen.
    Da zieht am äußeren linken Rand in den Umfragen ein Kandidat stark an, der thematisch Schnittmengen mit Le Pen aufweist, Jean-Luc Mélenchon. Denn mit ihrer Europa-Kritik und ihrem Wirtschaftsprotektionismus steht Marine Le Pen programmatisch nicht allein da im Bewerberfeld der immerhin elf Kandidaten – und Mélenchon, ein starker Redner, kommt ihr da am Nächsten.
    Wahlkampf mit vielen Fragezeichen
    Manche Meinungsforscher sehen Mélonchon im ersten Wahlgang inzwischen gleichauf mit dem Kandidaten der Konservativen, Fillon. Dann ist da Schwäche des sozialistischen Kandidaten Hamon und schließlich der Newcomer, Emmanuel Macron, der in den Umfragen derzeit führt, aber zwischen allen Parteistühlen sitzt.
    Nie zuvor wurde ein Wahlkampf in Frankreich von so vielen Fragezeichen begleitet.
    "Liebe Landsleute ..."
    Als Marine Le Pen in Bordeaux die Bühne betritt, regiert sofort Zynismus die Szene.
    "Ah – die Medien spielen verrückt beim Versuch, uns mit ihren Giftpfeilen zu treffen."
    Der erste verbale Angriff gilt den Medien. Auch Marine Le Pen muss sich juristischen Verfahren stellen, auch über ihrem Wahlkampf schwebt der Vorwurf fiktiver Beschäftigungsverhältnisse. In diesem Fall geht es um Veruntreuung von EU-Geldern. Und auch eine Untersuchung über die Wahlkampffinanzierung des Front National läuft.
    Während des Karnevals von Nizza im Februar 2017 arbeitet ein Mann an drei riesigen Figuren der französischen Präsidentschaftskandidaten Marine Le Pen, Francois Fillon und Emmanuel Macron. 
    Karnevalsfiguren der drei aussichtsreichsten Präsidentschaftskandidaten Le Pen, Fillon und Macron (v.l.) (AFP/Valéry Hache)
    Die FN-Affären rütteln die Öffentlichkeit aber kaum auf, Le Pens Anhänger reagieren eher mit Desinteresse und die Parteichefin selbst sieht für Rechtfertigung beim Wahlkampfauftritt in Bordeaux keinen Anlass. Die Medien würden nur karikieren, was sie sage, von objektiver Berichterstattung keine Spur.
    "Das System ist in Panik. Da sie das Erwachen des Volkes spüren."
    Das System, das sind die etablierten Parteien, die Medien, die Präsidentschaftskandidaten Macron und Fillon.
    "Fillon, Macron c'est le système"
    Wer die wählt, sagt Le Pen, wählt das Altbekannte, alte Versprechungen. Fillon stehe für Sarkozy, dessen Ministerpräsident er war, Macron für Hollande, dessen Berater und Wirtschaftsminister er war. Sie, Le Pen, werde Frankreich erneuern, befreien vom "postnationalen Brei", wie sie sagt.
    "Mit dem Wegfall unser Grenzen hat sich bei uns ein Islamismus festgesetzt, der unsere zivilisatorischen Werte infrage stellt, unsere Identität, unser Regelwerk, unsere Sitten, unsere Lebensweise."
    Potenzial bei konservativen, bürgerlichen Wählern
    Eine Äußerung, die auch Wähler im konservativen Lager unterschreiben würden. Le Pen macht in Bordeaux Wahlkampfstation auch, weil hier Potenzial schlummert. Hier wohnen die konservativen, bürgerlichen Wähler, die nach dem ersten Wahlgang politisch heimatlos sein könnten. Sollte Francois Fillon im ersten Durchgang scheitern und sollte der parteilose Macron, der viel Zuspruch aus dem sozialistischen Lager erhält, für diese Klientel keine Option sein.
    Le Pen packt ihr Europaprogramm deshalb an diesem Tag in Watte. Austritt aus der EU, aus dem Euro-Raum, das verschreckt die konservativen Wähler und schmeckt übrigens auch nicht jedem ihrer eigenen Anhänger. Deshalb lautet die Le-Pen-Formel:
    "Ich werde ein Referendum abhalten. Ich werde Sie nach Ihrer Meinung fragen, und zwar erst, nachdem ich mit Brüssel hart verhandelt habe, übrigens nicht allein, denn ich bin sicher, dass andere Länder, die unter der EU leiden, an den Verhandlungstisch kommen werden "Denn aus institutioneller Sicht leben wir in einer konfiszierten Demokratie – konfisziert durch Kommissare, die für uns entscheiden, aber ohne uns und gegen uns. Ja, wir werden diesem Volk, mit seinem gesunden Menschenverstand, seinem Gerechtigkeitssinn, seiner Legitimität, wir werden diesem Volk die Macht zurückgeben. Ah – man wirft uns vor, antieuropäisch zu denken. Das Gegenteil ist richtig. Weil wir zutiefst europäisch denken, wollen wir die europäische Idee wiederbeleben – das echte Europa, das ist die Vielfalt der Nationen, das ist das lebendige Europa."
    Das Bild zeigt Russlands Präsidenten Putin und die Präsidentschaftskandidatin des französischen Front National, Le Pen, händeschüttelnd beim Empfang im Kreml.
    Russlands Präsident Putin und die Präsidentschaftskandidatin des französischen Front National, Le Pen, beim Empfang im Kreml. (ap / Mikhail Klimentyev)
    Die Europäische Union sei nicht Europa, schließt Marine Le Pen diesen Teil ihres Wahlkampfauftritts. Eine Mehrzahl der befragten Franzosen erklärt in einer Umfrage des Instituts ifop im April, ein Wahlsieg Le Pens sei "besorgniserregend". Nur 16 Prozent halten sie für "präsidiabel", also fähig, das Amt des Staatspräsidenten zu bekleiden. Der unabhängige Kandidat Macron kommt hier auf 26 Prozentpunkte.
    Für viele Beobachter in Frankreich scheint sicher, den zweiten Wahlgang würde Marine Le Pen nicht gewinnen. Die republikanische Front gegen den Front National werde stehen. Die gläserne Decke des zweiten Wahldurchgangs werde sie auch diesmal nicht durchstoßen.
    Und doch: Die Unsicherheit ist in Frankreich mit Händen zu greifen: Mal berichtet die Zeitung "Le Monde", in Deutschland würden die Chancen von Marine Le Pen höher eingeschätzt als in Frankreich selbst – jenseits des Rheins seien die Regeln des französischen Wahlsystems mit den Anforderungen eines zweiten Wahlgangs nicht recht geläufig, sodass dort, also in Deutschland, größere Panik herrsche.
    Keine Gelassenheit in Frankreich
    Aber Gelassenheit herrscht in Frankreich auch nicht, denn dasselbe Blatt, "Le Monde", fragt schon wenige Tage später in einem Leitartikel:
    "Unterschätzen wir das Stimmenpotenzial für den Front National?"
    Für den Front National und Marine Le Pen gibt es gute Gründe, hochtrabenden Umfrageergebnissen zu misstrauen. Zuletzt waren 2015 bei den Regionalwahlen Blütenträume geplatzt.
    "Sie unterstreichen richtigerweise diese Wendung bei den Regionalwahlen 2015, als Marine Le Pen und ihre Nichte Marion Maréchal Le Pen kurz davon standen die Regionen Nord-Pas-de-Calais-Picardie und Provence-Alpes-Côte-d'Azur zu gewinnen. Und dann stießen sie an diese gläserne Decke und scheiterten. "
    Sagt der leitende Meinungsforscher von ifop in Paris, Jérôme Fourquet, im französischen Radiosender Europe 1. Aus dieser Erfahrung habe Marine Le Pen ihre Lehren gezogen.
    "Von da an wurde an der Spitze der Partei überlegt, wie es zu schaffen wäre, der Wählerschaft weniger Angst einzujagen, der politischen Botschaft die Härte zu nehmen, sie milder zu formulieren."
    Tatsächlich spricht der Front National in Wahlslogans vom "beruhigten Frankreich", hüllt seine Botschaften in Pastellfarben, nimmt die schrillen Töne raus.
    "Sie haben einerseits gemerkt, dass sie eine spektakuläre Dynamik im Zuspruch der Wähler erlebt haben, von Wahl zu Wahl, mit Ergebnissen, die sie zuvor nie kannten. Dass aber andererseits weiterhin eine Mehrheit der Franzosen zusammenhalten will, um dem Front National den Weg an die Macht zu versperren."
    Die Schwierigkeit für Le Pen, sagt der Wahlforscher, sei es, in diesem Wahlgang die hinreichende Dosis an Radikalität zu liefern, die es für die treuen Anhänger brauche und zugleich ausreichend ungefährlich auf weitere Wählerschichten zu wirken. Im Kern habe sich der Front National aber nicht geändert.
    "Das ist eine Partei mit 40 Jahren Geschichte hinter sich, 30 Jahren zunehmenden Wahlerfolgen, eine Familiendynastie an der Spitze, so eine Partei ändert man nicht mit einem Fingerschnippen."
    Bedienung auch der Stammwähler
    Und diesen Kern, den Jérôme Fourquet anspricht, bedient Marine Le Pen, als sie im Interview mit den Sendern RTL und LCI ein altes Tabuthema Frankreichs aufgreift. 1942 hatten die französischen Behörden 13.000 Juden verhaftet, die zum großen Teil anschließend in die Vernichtungslager der Nazis gebracht und dort ermordet wurden. Nach langem Schweigen über das "Rafle du Vél d'Hiv" hatte 1995 der damalige Staatspräsident Chirac die Verantwortung Frankreichs anerkannt und eine Entschuldigung folgen lassen. Nun sagt Marine Le Pen, 2017:
    "Ich glaube nicht, dass Frankreich für diese Massenverhaftung verantwortlich ist. Ich glaube, dass in einem allgemeineren Sinne, wenn es Verantwortliche gab, es die waren, die damals an der Macht waren und nicht La France, nicht Frankreich. Tatsächlich hat man unseren Kindern beigebracht, dass sie Gründe haben, Frankreich zu kritisieren. Weil man nur die dunklen Seiten unserer Geschichte gesehen hat."
    Sie wolle, schließt Marine Le Pen diesen Teil der Geschichtsdeutung, dass die Franzosen wieder stolz auf Frankreich sein könnten. Marine Le Pen sei eben doch die Tochter ihres Vaters, reagierten viele Politiker unterschiedlicher Couleur auf die Äußerungen der Front-National-Chefin. Jean-Marie Le Pen hatte den Holocaust mehrfach relativiert.
    In den Redaktionsräumen der südfranzösischen Zeitung "Var Matin" sitzt Éric Farel, Redaktionsleiter. Er hat erlebt, wie der heutige Wahlkampfchef von Marine Le Pen, David Rachline, zum Bürgermeister der Gemeinde Fréjus gewählt wurde. Auch Rachlins Name taucht in der Untersuchung wegen Veruntreuung von EU-Geldern auf. Sein Erfolg 2014 bei den Kommunalwahlen war für Marine Le Pen ein wichtiger Etappensieg. Der erste Schritt zur Verbreiterung der lokalen und regionalen Basis der bis dahin kleinen Partei des Familienclans Le Pen:
    "Wenn ich sagen soll, wie Rachline seit drei Jahren das Rathaus führt, würde ich sagen: mit Bedacht. Fréjus wird sehr beobachtet, es ist die wichtigste Stadt für den Front National. Ich gehe davon aus, dass er auf nationaler Ebene Ratschläge erhalten hat. Dass man ihm gesagt hat, pass bitte auf, keine Exzesse, keine Extravaganzen, wir wollen zeigen, dass wir eine Stadt regieren können, um eventuell den Sieg von Marine Le Pen vorzubereiten und zu beweisen, dass man es kann."
    Front-National-Bürgermeister unter Beobachtung
    Die befürchtete Radikalisierung habe nicht stattgefunden. Der Front-National-Bürgermeister habe eine schlecht regierte Stadt mit Finanzproblemen vorgefunden und mache seine Sache jetzt recht ordentlich, sagt der Reporter, dessen Zeitung durchaus im Clinch liegt mit dem Front National. Wie andere Medien auch, kann es passieren, dass "Var Matin" von Presseterminen im Stadtrat ausgeschlossen wird. Dennoch fällt das Urteil über die Politik des FN-Bürgermeisters eher milde aus:
    Der Bürgermeister von Fréjus und enge Vertraute Marine Le Pens, David Rachline, sei nett, sehr offen, gebildet, professionell. Auf der anderen Seite unterstreicht er:
    "Ich möchte es nicht zu negativ zeichnen, aber diese Partei funktioniert wie eine Sekte, mit einem Guru an der Spitze, das ist Marine Le Pen. Und kleinen Gurus an der Spitzen der Städte. Und wenn einer aus der Reihe tanzt, wird er abgesägt. Der Vorteil zu einer Sekte ist, man kann austreten, aber ein bisschen ist es so."
    Sagt der Lokaljournalist von "Var Matin".
    "Ich habe hier eines verstanden: Diese Partei lernt sehr schnell. Sie bildet ihre Leute sehr schnell aus, das ist anders als früher. Heute haben sie clevere Leute. Da sind brillante Typen dabei, und sollten die an die Macht kommen, werden die das lernen, auch, wenn es anfangs vielleicht schwer ist."
    Le Pen hält sich an einer Zwischenwand in einer hinteren Sitzreihe des Parlaments fest. 
    Der Gründer des rechtsextremen französischen Front National, Jean-Marie Le Pen, am 11.5.2016 im Europäischen Parlament in Straßburg. (AFP / PATRICK HERTZOG)
    Marine Le Pen gibt sich nicht nur beim Wahlkampfauftritt in Bordeaux siegesgewiss. "Die große Wende", wie sie es nennt, bereitet sie seit Jahren strategisch vor. Nachdem sie den Parteivorsitz 2011 vom Vater übernommen hatte, mit jeder Wahl mehr Erfolge erzielte, ihre Parteimitglieder lokal und regional verankerte, radikale und offen antisemitische und rassistische Kräfte kaltstellte, auch den Parteigründer selbst, Jean-Marie Le Pen, nach all dem sitzt sie fest im Sattel – von Eifersüchteleien mit der talentierten Nichte, der FN-Abgeordneten Marion Maréchal Le Pen, einmal abgesehen.
    Auch international pflegt sie ihre strategischen Allianzen. Ihre Bewunderung für Vladimir Putin ist groß. Dass es russische Banken sind, die ihrer Partei finanziell mit Krediten den Rücken freihalten, tut ein Übriges. Der Wahlsieg von Donald Trump, die Brexit-Entscheidung der Briten - all das interpretiert Le Pen in ihrem Sinne: Dort in den USA und in Großbritannien sei eingetreten, was sie seit Langem fordere und sage. Und nun seien die französischen Wähler am Zuge.
    "Bei den Regionalwahlen 2015 bestanden die Wähler des Front National zu 50 Prozent aus der mittleren und unteren Schicht – nicht nur Arbeiter, auch einfache Angestellte, Arbeitslose."
    Der Soziologe Willy Pelletier von der Stiftung Copernic widerspricht damit der derzeit viel geäußerten These, der FN sei vor allem eine Partei der abgehängten Arbeiterklasse und enttäuschter Ex-Kommunisten.
    "Der Front National ist die politische Formation, deren Anhänger am wenigsten festgelegt sind. Viele wählen diese Partei aus sehr unterschiedlichen und gegensätzlichen Gründen. Die Partei von Marine Le Pen ist sehr klassenübergreifend. Was vereint, ist der Patriotismus, die Formel "Franzose zu sein". Und mir scheint es viel wichtiger, zu analysieren, warum sich die Mitglieder der unteren Schichten in dem Schlachtruf wiederfinden "wir sind hier bei uns.""
    Sozial-nationalistisches Wahlprogramm
    "Wir sind hier bei uns", rufen die Anhänger le Pens bei jedem großen und weniger großen Termin mit der Parteichefin, deren Programm sozial-nationalistisch genannt werden kann. Wirtschaftlicher Niedergang und Identitätsängste vermengten sich in der Anhängerschaft des Front National, sagt Meinungsforscher Fourquet:
    "Bei den zurückliegenden Wahlen auf kommunaler, regionaler und europäischer Ebene haben wir einen starken Anstieg der Stimmen für den Front National im ländlichen Raum beobachtet. Dabei geht es nicht nur um die Probleme von Bauern, denn die besten Ergebnisse wurden in den Orten am Rande der großen Städte gemessen, wo es keinen einzigen Bauern mehr gibt. Hier sind es die Arbeiter, die kleinen Händler, die Angestellten, viele Pendler darunter, das sind die wichtigsten Unterstützer des Front National."
    Seit Jahren kümmere sich Le Pen um die Gegenden, die andere Parteien nicht mehr auf dem Schirm hatten. Die Mittel- und Kleinstädte im Schatten der Metropolen, sagt Jérôme Fourquet.
    "Die Leute, die in diesen Gegenden leben oder arbeiten, leiden unter dem Niedergang, der drohenden Arbeitslosigkeit. Und lassen sich verführen vom Versprechen Le Pens, die Grenzen zu schließen, die heimische Wirtschaft zu schützen. Die schlechte soziale Lage ist Treibstoff für den Front National."
    Hier sei die Haupttriebfeder das Thema Einwanderung. Der Erfolg von Marine Le Pen erklärt sich aber nicht nur durch ihre Themensetzung. Viele, die heute angeben, Front National wählen zu wollen, sagen zur Begründung: "Alle anderen haben uns enttäuscht."