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Martin Schulz in Paris
Von Macron siegen lernen?

SPD-Kanzlerkandidat Schulz hat einen demonstrativen Schulterschluss mit Frankreichs neuem Staatschef Emmanuel Macron gesucht. Der SPD-Kanzlerkandidat präsentierte sich in Paris als guter EU-Partner und kritisierte die Europapolitik der Kanzlerin.

Von Jürgen König | 21.07.2017
    SPD-Kanzlerkandidat Schulz trifft im Elysee-Palast in Paris mit Präsident Macron zusammen
    SPD-Kanzlerkandidat Schulz trifft im Elysee-Palast in Paris mit Präsident Macron zusammen (picture alliance / dpa / Maurice Weiss / POOL Stern)
    Vielleicht lag es ja an der anhaltend großen Aufregung über den Rücktritt des Generalstabschefs Pierre de Villiers und dessen Streit mit Staatspräsident Macron, dass darüber der Besuch des SPD-Vorsitzenden Martin Schulz in den französischen Medien und entsprechend auch in der französischen Öffentlichkeit kein wirklich großes Thema war. Ihr ist Martin Schulz immer noch vor allem als früherer Präsident des Europaparlaments bekannt. Also präsentierte sich Martin Schulz in verschiedenen Interviews als deutscher Kanzlerkandidat - und als ein Europapolitiker, der viele Gemeinsamkeiten mit Emmanuel Macron hat:
    "Ich denke, dass Emmanuel Macron und ich die beiden sind, die am ehesten in der Lage sind -wegen der hohen Übereinstimmung auch inhaltlicher Art - , die Europäische Union zu reformieren. Vor allem die Eurozone wetterfest zu machen, bei Steuern, bei einem Investitionsbudget, das wir dringend brauchen, um Wachstum in den Staaten der Eurozone zu erreichen, Beschäftigung dort zu erreichen. Aber ganz klar auch eine institutionelle Überprüfung dessen, was in der EU gemacht werden soll und was nicht."
    Erneute Kritik an der Kanzlerin
    Das Gespräch mit Staatspräsident Emmanuel Macron war von vornherein als "nicht öffentlich" bezeichnet worden, es gab keine Pressekonferenz, auch keinen gemeinsamen Fototermin. Vor seinem Gespräch mit dem französischen Präsidenten hatte Martin Schulz an der Hochschule für Politische Wissenschaften "Sciences Po" eine Rede zur Zukunft der Europäischen Union gehalten und anschließend mit den Studenten diskutiert. Dabei warb er wiederum für deutlich mehr Investitionen, sie hätten für ihn "absolute Priorität". Gleichzeitig erneuerte Schulz seine Kritik an Bundeskanzlerin Merkel: Gemeinsam mit Finanzminister Schäuble habe sie den Prozess der europäischen Weiterentwicklung gerade mit Blick auf die Europäische Währungsunion viel zu restriktiv betrieben: Er als Bundeskanzler stehe für eine andere Politik – allerdings nur unter Bedingungen:
    "Wir sind bereit, solidarisch zu sein, wenn die anderen es auch sind. Wir sind bereit, mehr für Europa zu machen, mehr zu investieren. Aber ich sage auch ganz klar: All jene Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen, die den unlauteren staatlichen Wettbewerb ermuntern, die selber nicht solidarisch sind – sie können auf unsere Solidarität nicht zählen."
    Dass Martin Schulz sich von seinem Besuch bei Präsident Macron auch werbewirksame Unterstützung im Wahlkampf verspricht, darf man annehmen – kam doch die Kanzlerin in den letzten Wochen schon sechs Mal mit Macron zusammen und näherte sich dabei auch dessen europapolitischen Positionen zunehmend an – dem Wahlkämpfer Schulz droht ein bisher sicher geglaubtes Alleinstellungsmerkmal verloren zu gehen.