Donnerstag, 28. März 2024

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Maßnahmen gegen Rechtsextremismus
CDU fordert Rückkehr der Vorratsdatenspeicherung

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat gefordert, die "Gamer-Szene" näher unter die Lupe zu nehmen - als eine Reaktion auf den rechtsextremen Anschlag in Halle. Jetzt hat die CDU ein größeres Paket zur Bekämpfung des Rechtsextremismus vorgelegt - inklusive Vorratsdatenspeicherung.

Von Gudula Geuther | 14.10.2019
Die Kamera eines Fernsehteams steht auf einem Stativ vor der CDU-Zentrale
Die CDU hat ein Eckpunktepapier zur Bekämpfung von Rechtsextremismus vorgelegt (picture alliance/dpa/Christoph Soeder)
Vor dem parlamentarischen Kontrollgremium geht es um Tatsachen. Unter anderem Generalbundesanwalt Peter Frank informiert zur Stunde die Abgeordneten über das, was inzwischen über den Täter bekannt ist, über seine Aktivitäten im Internet, über mögliche Mitwisser oder Vernetzungen. Schon vor der Sitzung aber mischt sich solches Informationsinteresse mit politischen Forderungen. So fragt der Vorsitzende des Gremiums Armin Schuster, rhetorisch: "Wollen wir, dass unsere Nachrichtendienste im Netz, unsere Polizei, weiterhin auf bestimmten Ebenen blind ist, oder müssen wir nachschärfen?"
Justizministerin will Netzwerkdurchsetzungsgesetz verschärfen
Gleichzeitig tagt das Präsidium seiner Partei, der CDU, und will Antworten geben. Dabei zeichnet sich seit einigen Tagen in einem Punkt Einigkeit mit dem Koalitionspartner SPD ab: Bundesjustizministerin Christine Lambrecht will das Netzwerkdurchsetzungsgesetz verschärfen, mit einer Meldepflicht für solche Straftaten, die Ermittler verfolgen müssen, wenn sie sie kennen. Das fordert auch die CDU. Nach dem Präsidiums-Entwurf sollen zu solchen sogenannten Offizialdelikten in Zukunft auch schwere Verleumdungen und Beleidigungen gehören.
Vor der Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums zeigt sich der Obmann der SPD, Uli Grötsch, hier offen. Im CDU-Papier finden sich auch umstrittene Forderungen, die auch Armin Schuster erhebt: Rückkehr zu Vorratsdatenspeicherung, die derzeit aus rechtlichen Gründen ausgesetzt ist. Schon seit Monaten will Bundesinnenminister Horst Seehofer außerdem die Kompetenzen für den Verfassungsschutz erweitern, etwa mit Online-Durchsuchung und Quellen-Telekommunikationsüberwachung. Die SPD hatte einen früheren Entwurf abgelehnt. Zu den laufenden Verhandlungen sagt Uli Grötsch:
"Es muss auch in Zukunft gewährleistet sein, dass die Menschen in Deutschland in Freiheit leben können. Auf der anderen Seite meine ich aber auch, dass sich in Deutschland kein Feind der Demokratie, kein Neonazi jemals sicher oder unbeobachtet fühlen darf. Das ist ein Spagat, den wir zu machen haben."
Weder Polizei noch Verfassungsschutz fehle es an Kompetenzen, kritisiert die grüne Innenpolitikerin Irene Mihalic:
"Was wir dringend verbessern müssen, ist die Analysefähigkeit unserer Sicherheitsbehörden, sowohl unserer Verfassungsschutzbehörden als auch der Polizei. Wir müssen Netzwerkstrukturen aufklären. Wir müssen einfach wissen, wer solche Anschläge plant, wer sich dahinter verbirgt und wie sich die Szene vernetzt."
Gamer unter Beobachtung? FDP warnt vor Reflexen
Innenminister Seehofer will vor allem Gaming-Plattformen in den Blick nehmen. Viele potentielle Täter kämen aus dieser Szene, betonte er im "Bericht aus Berlin": "Man muss genau hinschauen, ob es noch ein Computerspiel ist, eine Simulation, oder eine verdeckte Planung für einen Anschlag."
Vor dem Sitzungssaal der Geheimdienst-Kontrolleure, wo sich die AfD nicht äußert, warnt der FDP-Obmann Stephan Thomae vor reflexhaften Antworten auf die Taten von Halle: "Wir haben in Deutschland Millionen von Menschen, die sich im Internet mit Spielen beschäftigen. Da einfach zu sagen, wir müssen die alle überwachen, das geht meines Erachtens auch zu weit."
Es gebe Menschen, die sich abkapselten und gerade in solchen Szenen bewegten, betont allerdings auch er. Das Internet müsse beobachtet werden.
So kontrovers Verschärfungen diskutiert werden, so konsensfähig dürfte ein zweiter Teil des CDU-Papiers sein: Unter der Überschrift "Vertrauensoffensive für unsere Grundordnung" fordert die CDU unter anderem mehr Mittel für die Demokratieförderung, auch für das Programm "Demokratie leben". Die Mittel waren im Lauf der Gespräche über die mittelfristige Finanzplanung erst gekürzt, dann wieder auf das bisherige Maß angehoben worden. Unter anderem Grüne und Linke hatten eine weitere Aufstockung gefordert.