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Masterplan 2020
Medizinischer Nachwuchs fordert Umdenken

Der Masterplan 2020 fordert andere Zulassungskriterien und mehr Praxis im Medizinstudium sowie eine bessere Verzahnung der Gesundheitsberufe. So wollen Nachwuchsmediziner dem Ärztemangel entgegen wirken. Viele Ärzte begnügen sich dagegen mit der Forderung nach mehr Studienplätzen.

Von Marco Poltronieri | 31.05.2019
Ein Landarzt im weißen Kittel mit Ledertasche geht zwischen einem Pferdegatter und einem Kornfeld.
Die Landarztquote sei keine Lösung, um die Leute aufs Land zu bringen, findet die Studierende Lisa Schmitz (picture alliance / Ulrich Baumgarten)
Für Lisa Schmitz ist der deutsche Ärztetag in Münster ein "Muss". Nirgendwo sonst bekommt sie besser mit, welche Themen die Ärzteschaft gerade bewegt und Kontakte knüpfen kann sie auch. Außerdem will die engagierte Medizinstudentin die Interessen der aktuellen Studierenden bei den älteren Ärzten vertreten. In den Masterplan 2020 setzt sie große Hoffnungen:
"Das ist sehr wichtig, weil wir einfach dadurch die Studierenden tatsächlich besser darauf vorbereiten können, was sie später im Berufsalltag erleben werden. Wir wollen sie darauf vorbereiten, dass sie an ihrem ersten Arbeitstag die Grundkompetenzen haben, den zu bewältigen, und alles weitere ist dann Teil der Weiterbildung, der Facharztausbildung.."
Eignungsquote für das Medizinstudium gefordert
Mehr Praxisorientierung im Studium, ein Auswahlverfahren durch die Universitäten und eine Eignungsquote, über die man ins Medizinstudium rutschen kann: das sind die Kernpunkte des Masterplans 2020. Doch der tritt auf der Stelle, und zwar gehörig, meint Lisa Schmitz:
"Ganz große Teile des Masterplans 2020 werden sich wohl eher auf die Jahre 2021, 22, vielleicht auch noch später, verschieben. Allein weil es ja den Finanzhaushaltsvorbehalt gibt, der ja erst mal geklärt werden muss, wie diese ganze Umstrukturierung finanziert wird."
Nicht nur übers Geld wird gestritten, auch andere Punkte sind noch ungeklärt. Beispiel Auswahlverfahren der Studierenden durch Tests: Da gibt es noch eine Menge zu tun, gibt Heidrun Gitter zu. Sie ist im Vorstand der Bundesärztekammer zuständig für die Aus-und Weiterbildung:
"Das Problem ist, es gibt kein einziges Testverfahren, wo man definiert herausfinden kann, wer am Ende tatsächlich ein guter Arzt wird. Umgekehrt sind es ja teure Studienplätze, die sind öffentlich und die müssen auch einen gleichmäßigen Zugang haben für jeden."
Heidrun Gitter hält den Masterplan für absolut notwendig und auch für machbar. Nur auf dem Ärztetag spielt er für Ärzte und Delegierte keine Rolle.
"Medizinstudenten haben wir durch den Masterplan jetzt ein bisschen allerdings nur gehabt, aber bis das greift, das dauert viele Jahre. Aber es ist schon mal ein Schritt in die richtige Richtung, und ich denke, ganz wichtig ist, dass auch die Zulassungskriterien geändert werden, da muss viel getan werden. Ich bin auf dem Land, wir sehen den Ärztemangel wirklich, tagtäglich, das erleben wir."
Zweifel an einem absoluten Ärztemangel
Den Ärztemangel beheben durch mehr Studienplätze, das war im Gegensatz zum Masterplan für viele auf dem Deutschen Ärztetag das eigentliche Thema. 2.000 neue Studienplätze pro Jahr halten die Delegierten für realistisch. Lisa Schmitz sieht das kritisch, sie glaubt nicht an einen absoluten Ärztemangel:
"Das löst man einfach nicht, wenn man einfach nur mehr Leute zum Studium zulässt. Da bedarf es ganz anderer Lösungsansätze, und da ist zum Beispiel die Landarztquote keine Lösung, um die Leute aufs Land zu bringen, weil erwiesenermaßen es keinen Klebeeffekt gibt, und wir zumindest auch gar nicht wissen, wie diese Quote sich dann tatsächlich äußern wird, so auch juristisch."
Interprofessionaliät verschiedener Bereiche
Für Lisa Schmitz sind andere Punkte wichtig, im Masterplan kommen sie allerdings so gut wie gar nicht vor:
"Generell sehen wir das Thema Interprofessionaliät und Delegation und Substitution von Aufgaben und die Arbeit im Team mit verschiedenen Gesundheitsberufen als aufholungsbedürftig, um da wirklich auch in der Versorgung funktionsfähig zu bleiben. Das ist ja etwas, was auf dem Ärztetag ja auch besprochen wird, was aber von der Ärzteschaft noch deutlich kritischer gesehen wird, wo es viel Diskussionsbedarf gibt."
Dasselbe gilt für die Digitalisierung. Die spielte zwar eine Rolle beim Ärztetag, aber nicht bei der Ausbildungsfrage. Dabei sollte die Vermittlung digitaler Kompetenzen im Arztberuf eigentliche mittlerweile eine Selbstverständlichkeit sein, bedauert Lisa Schmitz. Ihr Fazit des Ärztetages fällt daher bescheiden aus:
"Wir hätten uns gewünscht, dass die Ärzte auf dem deutschen Ärztetag offener sind gegenüber den Prozessen, die grade im Gange sind. Und dass dieses dann auch Einzug halten kann in das Medizinstudium. Auch wenn der Masterplan 2020 kein Leitthema auf diesem Ärztetag war, erhoffen wir uns trotzdem, dass die Impulse, die hier gesetzt wurden, weitergetragen werden auf die weiteren Prozesse für den Masterplan."