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Mateusz Morawiecki
Neuer Ministerpräsident für ein besseres internationales Image

Beata Szydlo ist nicht mehr Ministerpräsidentin von Polen - auf sie folgt Mateusz Morawiecki, der bisher Wirtschafts- und Finanzminister war. Neues Personal für neue Herausforderungen, heißt es in der Begründung der Regierungspartei PiS. Die Regierung war in den letzten zwei Jahren immer wieder mit Bestrebungen angeeckt, den Rechtsstaat zurückzubauen.

Von Florian Kellermann | 08.12.2017
    Szydlo trägt ein rotes Kostüm. Neben den beiden steht ein Mann, im Raum - einem Sitzungssaal - sind weitere Personen.
    Staffelstab-Übergabe: Der Ex-Banker und derzeitige polnische Wirtschafts- und Finanzminister Mateusz Morawiecki übernimmt das Minsterpräsidenten-Amt von Beata Szydlo (Alik Keplicz / AP / dpa)
    Die noch amtierende Ministerpräsidentin Beata Szydlo habe ihre Arbeit gut gemacht, erklären weiterhin alle Politiker der Regierungspartei PiS.
    In den zwei Jahren ihrer Regierung baute die Partei des mächtigen Vorsitzenden Jaroslaw Kaczynski den polnischen Staat nach ihren Vorstellungen um. Auf der einen Seite erhöhte sie die Sozialleistungen, unter anderem durch ein neues Kindergeld. Auf der anderen Seite dehnte sie die Macht der Regierung aus - auf Gerichte, auf die öffentlichen Medien und die Wirtschaft.
    Doch Beata Szydlo müsse gehen, weil vor Polen neue Aufgaben stünden, erklärte Parteisprecherin Beata Mazurek:
    "Man sieht ja, was im Ausland passiert, wie wir dort gesehen werden. Wofür wir attackiert werden. Das betrifft nicht nur das, was die Regierung macht, sondern auch gesellschaftliche Organisationen, nehmen Sie nur die Ereignisse vom 11. November."
    International versiert, als Wirtschaftsminister erfolgreich
    Der künftige Ministerpräsident soll also das Image der polnischen Regierung verbessern. Mit dem Datum 11. November nahm die PiS-Sprecherin Bezug auf den sogenannten Unabhängigkeitsmarsch, als nationalistische Organisationen auch mit rassistischen Losungen durch Warschau zogen. Eine entschiedene Stellungnahme der Regierung gab es dazu nicht.
    Tatsächlich dürfte Mateusz Morawiecki leichter eine gemeinsame Sprache mit westlichen Politikern finden. Der 49-Jährige war erfolgreicher Vorstandsvorsitzender einer der größten polnischen Banken. Er war Berater des heutigen EU-Ratspräsidenten Donald Tusk und spricht, anders als andere PiS-Politiker, lieber über Investitionen als über Geschichtspolitik.
    Seine Bilanz als Wirtschafts- und Finanzminister in den vergangenen beiden Jahren ist beeindruckend: Die polnische Wirtschaft wird in diesem Jahr um deutlich über vier Prozent wachsen, die Arbeitslosigkeit ist so niedrig wie seit langem nicht mehr.
    Nationalbank-Präsident lobt Mateusz Morawiecki
    Morawiecki bekommt Lob auch von außerhalb der PiS, so vom ehemaligen Präsidenten der Nationalbank Marek Belka:
    "Er hat erstens die Staatsausgaben nicht ins Uferlose wachsen lassen. Und er hat zweitens Steuerschlupflöcher gestopft. Beides hat dazu geführt, dass wir in Polen ein relativ niedriges Haushaltsdefizit haben."
    Schon in einer Woche, beim wichtigen EU-Gipfel zu Wirtschafts- und Finanzfragen, soll sich Morawiecki mit seiner Kompetenz auszeichnen, heißt es in Warschau.
    Politologin: Wählern werde das schwer zu vermitteln sein
    Unklar ist allerdings, wie die konservativen PiS-Wähler den Wechsel an der Regierungsspitze allerdings einschätzen werden. Die Politologin Anna Materska-Sosnowska:
    "Es wird nicht einfach, ihnen das zu erklären. Beata Szydlo steht für die Sozialpolitik der PiS und die Wähler der Partei vertrauen ihr - Morawiecki dagegen vertrauen sie eher nicht."
    Gerichtsreform könnte unbemerkt passieren
    Die Aufregung um den Umbau der Regierung hat für die PiS auch einen bequemen Nebeneffekt: Die Medien schenken der Arbeit im Parlament weniger Aufmerksamkeit. Und dort wird die PiS-Mehrheit heute sehr wahrscheinlich die umstrittene Gerichtsreform in letzter Lesung beschließen. Das Regierungslager wird mit diesen Gesetzen erheblichen Einfluss auf die ordentlichen Gerichte gewinnen.
    Staatspräsident Andrzej Duda hatte die Reform in ihrer ersten Fassung durch sein Veto verhindert - und dann eigene Vorschläge eingebracht. Die PiS hat diese Vorschläge im Justizausschuss wieder ihren Vorstellungen angepasst. Trotzdem ist es unwahrscheinlich, dass Duda die Gesetze noch einmal verwerfen wird.
    Internationale Proteste gegen die Reform gelten als sicher, heute wird die Venedig-Kommission des Europarats ihre Beurteilung abgeben.