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Matthias Dell
Die problematischen Nebenjobs von Hayali, Thadeusz und Co

Dunja Hayali moderiert eine Veranstaltung für die "Deutsche Automatenwirtschaft", Jörg Thadeusz für die CDU - solche Nebentätigkeiten von öffentlich-rechtlichen Moderatorinnen und Moderatoren sind teilweise ethisch pikant. Es gäbe aber eine ganz einfach Lösung für das Problem, findet unser Kolumnist.

von Matthias Dell | 06.09.2018
    Fernsehmoderatorin und Journalistin Dunja Hayali mit einem Mikrofon in der Hand.
    Fernsehmoderatorin und Journalistin Dunja Hayali wurde für einige ihrer Nebentätigkeiten kritisiert (dpa, Robert B. Fishman)
    Vor kurzem musste sich die ZDF-Moderatorin Dunja Hayali für ihre Nebentätigkeiten rechtfertigen. Ein Fernsehbeitrag des NDR-Medienmagazins "ZAPP" hatte darauf hingewiesen, dass Hayali etwa Veranstaltungen für die "Deutsche Automatenwirtschaft" moderiert. Die kritische Journalistin als attraktives Gesicht für eine Branche, die ihr Geld auch mit der Spielsucht der Menschen verdient - das ist natürlich eine interessante Geschichte.
    Aber keine exklusive. Immer mal wieder wird bekannt, was prominente Gesichter von den Öffentlich-Rechtlichen so machen, wenn sie nicht auf dem Bildschirm zu sehen sind. Die Tagesschau-Sprecherin Judith Rakers eröffnete die Filiale einer Fast-Food-Kette, die Produktionsfirma von Frank Plasberg warb mit dem Briefkopf der Sendung "Hart, aber fair" für eine Veranstaltung der Deutschen Versicherungswirtschaft. Und das RBB-Gesicht Jörg Thadeusz führte im letzten Jahr kurz vor der Wahl durch eine CDU-Veranstaltung - während Thadeusz zugleich mit einem Format auf Sendung war, bei dem Politikerinnen verschiedener Parteien von ihm interviewt wurden.
    Nebentätigkeiten rechtlich in Ordnung und sogar logisch
    Rechtlich ist das alles in Ordnung, solange die Nebentätigkeiten angemeldet wurden - die Moderatoren sind freie Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Was angesichts ihrer Prominenz vielleicht komisch klingt, seinen Sinn aber darin hat, dass Moderieren eben kein Beamtenjob ist. Weil das Publikum der Gesichter irgendwann überdrüssig werden könnte, Sendungen neu konzipiert werden, gibt es keine Moderationsstellen auf Lebenszeit.
    Pragmatisch gesehen, ist es sogar logisch, dass es diese Nebentätigkeiten gibt. Wer ein Podium moderiert haben möchte, sucht sich jemanden, der mit so etwas Erfahrung hat. Und im Kulturbereich, in dem ich unterwegs bin, gibt es viele Podien, die moderiert werden wollen. Weswegen auch jemand Unprominentes wie ich von Zeit zu Zeit angefragt wird. Die Honorare in diesem Bereich sind überschaubar, der Standardsatz für solche Abende liegt bei 250 Euro, wenn's gut geht, werden es auch mal 500. Gemessen an jemandem, der sich auf dem Bau den Rücken krumm macht oder in der Pflege schuftet, ist das natürlich luxuriös. Auch wenn es weit entfernt ist von den Summen, die die Hayalis oder Thadeusze vermutlich aufrufen können. Und manchmal ist es auch ungerecht, wenn der Literaturkritiker mehr Geld bekommt als die Autorin, die er vorstellt. Wo sie doch der Anlass seines Engagements ist. Großzügig betrachtet könnte man da wohl sagen: Wir leben halt in einer Marktwirtschaft.
    Matthias Dell
    Matthias Dell (Daniel Seiffert)
    Unternehmen kaufen sich Prominenz - und Seriosität
    Ethisch pikant kann es aber auch bei solchen Verpflichtungen schon werden. Die Akademie XYZ wird mich kaum für Moderationen anfragen, wenn ich mich kritisch mit deren Strukturen befasse. Theater Soundso wird nicht die Journalistin mit Aufträgen überhäufen, die jede Inszenierung doof findet. Gleichzeitig funktioniert die eigene Korruption aber auch nicht so einfach. "Spielsucht" ist etwa ein Thema, das von Dunja Hayalis Arbeit fürs ZDF weit weg ist; sie käme also nicht so schnell in den Konflikt, da permanent kritisch sein zu müssen.
    Das größte ethische Dilemma ist aber sowieso ein anderes: Die Verbände und Unternehmen, die bekannte Moderatorinnen engagieren, kaufen sich Prominenz. Dann geht die Seriosität eines Tagesschau-Sprechers über auf die Gala zum 60. Firmenjubiläum von, sagen wir, Fliesen-Schmidt. Das ist der Deal.
    Moderatorinnen des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks verdanken diese, ihre Prominenz, nun aber: dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Judith Rakers ist bekannt, weil sie die Tagesschau moderieren darf, Jörg Thadeusz, weil er für den RBB unterwegs ist. Und deswegen wäre das Problem mit den Nebentätigkeiten in meinen Augen relativ einfach zu lösen.
    Die Lösung könnte einfach sein
    Zum einen legen die freien Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die Nebenjobs annehmen, diese Auftritte für jedermann einsehbar offen. Und zum anderen behalten sie von ihren vier- bis fünfstelligen Honoraren nur eine Aufwandsentschädigung. Der Rest geht an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in einen speziellen, noch einzurichtenden Topf aus dem ausschließlich investigative Recherchen und Projekte finanziert werden. Oder Stellen zum Faktenchecken für junge Volontäre, die nach ihrer Ausbildung sonst nicht mehr übernommen werden. Dagegen kann doch niemand etwas haben, oder?