Dienstag, 19. März 2024

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Mayer (CSU) zu Seehofer und Maaßen
"Man darf nicht immer Rachegelüste wittern"

Innenminister Horst Seehofer sei es mit der geplanten Beförderung von Hans-Georg Maaßen nicht darum gegangen, der SPD eins auszuwischen, sagte CSU-Politiker Stephan Mayer im Dlf. Es sei vollkommen verfehlt, ihm so "niedere Instinkte" zu unterstellen. Jetzt sei es wichtig, den Fall Maaßen zu lösen.

Stephan Mayer im Gespräch mit Jörg Münchenberg | 22.09.2018
    Stephan Mayer (CSU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, spricht während eines parlamentarischen Abend des Deutschen Behindertensportverbandes zu den Gästen.
    Stephan Mayer schätzt Hans-Georg Maaßen als Fachmann in der Innen- und Sicherheitspolitik (picture alliance / dpa / Gregor Fischer)
    Jörg Münchenberg: Am Ende standen dann doch alle drei politisch mächtig unter Druck, Bundeskanzlerin Angela Merkel, SPD-Chefin Andrea Nahles und CSU-Parteichef und Innenminister Horst Seehofer. Der hatte der SPD zwar zunächst mit der Versetzung von Maaßen ins Innenministerium eins auswischen können, aber am Ende waren der Aufschrei und das Unverständnis über die politische Rochade so groß, dass selbst Seehofer jetzt noch einmal über die Personalie Maaßen sprechen will. Am Telefon ist nun Stephan Mayer, parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium und von der CSU. Herr Mayer, einen schönen guten Morgen!
    Stephan Mayer: Guten Morgen, Herr Münchenberg, grüß Gott!
    Münchenberg: Herr Mayer, war das jetzt selbst für Seehofer'sche Verhältnisse eine Volte zu viel?
    Mayer: Nein, das hat nichts mit einer Volte zu viel zu tun, sondern aus meiner Sicht gebietet es der Anstand, dass, wenn ein Partner in einer Gemeinschaft wie einer Regierungskoalition die Bitte an die beiden anderen Partner richtet zu sprechen, dass man sich diesem Wunsch nicht verweigert und nicht verwehrt. Das ist aus meiner Sicht das Normalste in einer Regierungskoalition, die noch sehr viel vor sich hat, die aus meiner Sicht gut arbeitet, aber die auch noch besser werden kann. Und wir haben vieles vor uns und vor dem Hintergrund muss das Ziel sein, dass wir weiterhin eine stabile und vor allem auch konstruktive Regierungspolitik betreiben. Und vor dem Hintergrund ist es doch vollkommen richtig und normal, dass am Wochenende die drei Parteivorsitzenden sich noch mal über den Fall Hans-Georg Maaßen beugen.
    Münchenberg: Ich meinte mit der Volte auch jetzt die geplante Versetzung von Maaßen als Staatssekretär ins Innenministerium, der einzige SPD-Staatssekretär sollte wiederum gehen, ausgerechnet auch noch der Experte für den Wohnungsmarkt, obwohl das doch eigentlich ein innenpolitisches Kernthema ist. Ist das denn noch Regierungsniveau oder eben doch einfach schiere Rachsucht, der Wunsch, den Sozis da eins auszuwischen?
    Mayer: Das ist vollkommen verfehlt, hier anzunehmen, dass mit niedrigen Instinkten Politik gemacht wird. Uns geht es insbesondere im Bundesinnenministerium darum, dass wir die wichtigen Themen, die wir auf der Agenda haben, jetzt kraftvoll und tatkräftig voranbringen. Und da sind wir in allen Bereichen sehr intensiv dabei, und vor dem Hintergrund darf man hier nicht immer irgendwelche Rachegelüste wittern, sondern es geht darum, insbesondere eine tragfähige und konstruktive Innenpolitik, aber insbesondere ein konstruktives Regierungshandeln an den Tag zu legen.
    "Wieder zu einem ordentlichen Arbeitsmodus kommen"
    Münchenberg: Aber können Sie vielleicht noch mal erklären, warum sich der Innenminister jetzt doch darauf einlässt, dass man über die Personalie Maaßen jetzt noch mal reden will am Wochenende?
    Mayer: Der Fall Hans-Georg Maaßen hält seit genau zwei Wochen Deutschland und die Bundespolitik in Atem. Und natürlich ist die Position und der Vertreter des Bundesamtes für Verfassungsschutz eine sehr wichtige Personalie. Aber ich bin auch der Überzeugung, dass es falsch wäre, jetzt an dieser Personalie das gesamte Regierungshandeln festzumachen. Und Ziel muss es doch sein, egal wo man politisch steht in der Regierungskoalition, dass wir zu einem ordentlichen Arbeitsmodus kommen, dass wir die Dinge, die wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, und das ist jede Menge – wenn ich an bezahlbares Wohnen denke, wenn ich an die Verbesserungen im Pflegebereich denke, wenn ich an die Themen Verbesserung der Mütterrente denke –, wir haben so viel vor, um die Lebenssituation der Menschen in Deutschland zu verbessern, und das gilt es doch auch wieder deutlich voranzustellen, bei aller Bedeutung der Person des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz.
    Münchenberg: Aber das ist ja genau der Vorwurf, dass eben diese ganzen inhaltlichen Punkte längest vollkommen überdeckt werden von den politischen Ränkespielen in Berlin, und entsprechend verheerend fallen ja auch die Umfrageergebnisse aus.
    Mayer: Da haben Sie recht und deswegen ist es doch richtig, dass jetzt aufgrund dieses Wunsches nach einem erneuten Gespräch seitens der SPD auch reagiert wird, um wirklich an diesem Wochenende den Fall Hans-Georg Maaßen endgültig auch so tragfähig und konsensual zu lösen, dass wir wieder die Dinge in den Vordergrund stellen können, für die wir gewählt sind. Und ich bin nach wie vor der festen Überzeugung, dass die Große Koalition besser ist als ihr Ruf und dass wir auch, sowohl was wir schon in den ersten Monaten auf den Weg gebracht haben, als auch was wir noch vor uns haben, durchaus in der Lage sind, Deutschland und vor allem auch die Lebenssituation für die Menschen in Deutschland zu verbessern.
    Münchenberg: Aber Herr Mayer, ist das letztlich nicht der wahre Grund, warum jetzt auch der Innenminister bereit ist, noch mal über die Causa Maaßen zu sprechen, weil er eben jetzt auch feststellen musste, dass allein die AfD von diesen politischen Spielchen profitiert?
    Mayer: Auch hier wieder kann ich nur dafür warnen, dass man zu kurzsichtig nur auf die Auswirkungen auf eine bestimmte Partei schielt. Es geht uns insgesamt darum, dass wir das Regierungshandeln konstruktiv voranbringen. Und wie ich gesagt habe, wir brauchen jeden …
    Münchenberg: Aber konstruktiv ist das ja nicht, Herr Mayer, wenn man einfach sagt, wir setzen den Verfassungspräsidenten zwar nicht ab, sondern befördern ihn ja sogar nicht zum Innenstaatssekretär.
    Mayer: Ja, also ich bin der festen Überzeugung, und ich glaube, das ist auch die Einschätzung eines Großteils auch der Experten, dass Hans-Georg Maaßen ein ausgewiesener Fachmann im Bereich der Innen- und vor allem auch der Sicherheitspolitik ist. Ich persönlich würde Hans-Georg Maaßen nur sehr ungern verlieren an einer verantwortungsvollen Position in der Innen- und Sicherheitspolitik. Personen, die die Expertise eines Hans-Georg Maaßen aufweisen, haben wir in Deutschland nicht wie Sand am Meer.
    Und deswegen, gerade auch angesichts der Bedrohung, in der wir nach wie vor stecken seitens des islamistischen Terrorismus, seitens auch extremistischer Bestrebungen auf allen Seiten ist es aus meiner Sicht auch wichtig, dass wir einen ausgewiesenen Fachmann wie Hans-Georg Maaßen auch weiterhin in verantwortungsvoller Position haben. Aber darüber wollen wir eben mit der SPD konsensual und konstruktiv debattieren und dann auch zu einer einvernehmlichen Lösung finden.
    Würde Maaßen "gerne weiterhin in verantwortungsvoller Position sehen"
    Münchenberg: Geht das, Herr Mayer, vielleicht ein bisschen genauer? Sie loben ja jetzt Herrn Maaßen doch ausgiebig und sagen, der ist eigentlich unverzichtbar. Jetzt soll ja über die Personalie noch mal gesprochen werden. Das heißt, er bleibt aber in führender, in wichtiger Position in jedem Fall erhalten?
    Mayer: In der Politik ist niemand unverzichtbar, jeder ist letzten Endes ersetzbar. Nur, ich habe gesagt, wir haben nicht viele Personen in Deutschland, die diese Expertise aufweisen wie ein Hans-Georg Maaßen. Und bei dieser Einschätzung bleibe ich auch. Deswegen würde ich ihn persönlich sehr gerne auch weiterhin in verantwortungsvoller Position sehen.
    Das sieht, was das Bundesamt für Verfassungsschutz anbelangt, die SPD anders, das haben wir zur Kenntnis genommen, deswegen gab es eben dieses Angebot einer Rochade, einer Umsetzung. Jetzt muss man sehen, dass man hier zu einer tragfähigen und konsensualen Lösung kommt.
    Und ich bin der festen Überzeugung, es ist besser, jetzt noch mal sich intensiv unter den drei Parteivorsitzenden mit dieser Causa zu beschäftigen, als dass wir diesen Streit weiterhin über Tage oder Wochen hinweg schwelen lassen, was dann letzten Endes – da haben Sie vollkommen recht – nur anderen Parteien und vor allem auch der rechtspopulistischen AfD zugutekäme.
    Münchenberg: Ist denn trotzdem aus Ihrer Sicht wenigstens klar, dass Herr Maaßen nun nicht Innenstaatssekretär werden kann?
    Mayer: Ich möchte, mit Verlaub, in keiner Weise hier irgendwie den Verhandlungen vorgreifen. Ich glaube, das wäre auch wiederum kontraproduktiv, wenn jetzt auf dem Basar der Öffentlichkeit über mögliche Verwendungen von Hans-Georg Maaßen spekuliert wird. Ich habe meine Position dargelegt, ich würde ihn weiterhin gerne in verantwortungsvoller Position in der Innen- und Sicherheitspolitik sehen und man wird jetzt sehen, was am Wochenende bei den Gesprächen zwischen den drei Parteivorsitzenden dann auch zutage gefördert wird.
    Münchenberg: Herr Mayer, würden Sie denn sagen, Herr Seehofer hat jetzt noch den Rückhalt auch der CSU, die ja derzeit in Bayern bangen muss bei den Landtagswahlen, und der Druck ja sicherlich auch von dieser Stelle aus gestiegen ist?
    Mayer: Da darf man sich auch mal keine falschen Vorstellungen machen, die CSU steht sehr geschlossen. Wir sind in nicht einfachem Fahrwasser, das ist bekannt. Wir müssen noch deutlich besser werden, was unsere Zustimmung in Bayern anbelangt. Es sind aber auch noch drei Wochen, die heiße Wahlkampfphase beginnt jetzt erst. Und die CSU steht gerade auch in dieser nicht einfachen Zeit sehr geschlossen zusammen und vor allem auch sehr geschlossen zu unserem Parteivorsitzenden und Bundesinnenminister Horst Seehofer.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.