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Mazedonien
Griechenland gibt im Namensstreit nicht nach

Der Streit um den Namen der Republik Mazedonien hält an. Griechenland beansprucht den Namen weiter für sich. Nachgeben möchten die Hellenen nicht. Zu groß ist die Angst, aus einer Anerkennung könnten sich auch territoriale Ansprüche des Nachbarlandes ergeben.

Von Rodothea Seralidou | 17.02.2014
    Tanzunterricht im Makedonischen Verein von Haidari, im Westen Athens. Rund zehn Männer und Frauen tanzen im Halbkreis im Takt der Musik. Alle Mitglieder des Vereins kommen aus der Region Makedonien im Norden Griechenlands. Dass ein anderes Land denselben Namen für sich beansprucht, sorgt hier für Empörung. So auch beim 35-jährigen Fremdsprachenlehrer Savvas:
    "Der Name Mazedonien kann keinem Land gehören, das nichts mit dem antiken Makedonien zu tun hat. Mazedonien ist griechisch, es ist das Mazedonien von Alexander dem Großen. Warum unser Nachbarstaat so sehr darauf besteht, ausgerechnet Mazedonien zu heißen, ist mir ein Rätsel. Jedenfalls sind seine Bürger keine Makedonen."
    Schließlich sei dort die Bevölkerung slawischen Ursprungs und erst im späten 6.Jahrhundert nach Christus in die Region gekommen. Dass die Mazedonier trotzdem die antike Geschichte für sich beanspruchen, verärgert die Griechen nicht nur, sie haben auch Angst.
    Angst vor territorialen Ansprüchen
    Und die sei durchaus begründet, erklärt Stelios Perrakis, Professor für Völkerrecht an der Athener Pantion-Universität: "Unser Nachbarstaat besteht nicht nur auf dem Namen. Er fordert auch, eine mazedonische Minderheit auf griechischem Boden anzuerkennen. Und hier fangen die politischen Probleme an. Denn in Wahrheit geht es um mehr als nur um einen Namensstreit. Es geht um die Anerkennung eines eigenständigen mazedonischen Volkes. Was Griechenland nicht akzeptieren will. Denn daraus lassen sich auch territoriale Ansprüche ableiten."
    Zwar gebe es in der Grenzregion zu Mazedonien auch slawischsprachige Griechen, doch darauslasse sich aus völkerrechtlicher Sicht noch lange nicht das Recht auf einen Minderheitenstatus ableiten, so der Rechtsprofessor.
    Um den Streit ein für allemal zu beenden, müsse sich Mazedonien kompromissbereit zeigen und einen zusammengesetzten Namen akzeptieren - wie es Griechenland mittlerweile fordert - zum Beispiel die Bezeichnung "Nordmazedonien".
    Linke Zeitung: Griechenland soll Forderung zurücknehmen
    In den Büros der linksradikalen Zeitung Ergatiki Allileggii - zu Deutsch: Arbeitersolidarität - bespricht Panos Garganas mit seinem Team die Themen der nächsten Ausgabe: Es geht vor allem um die Streiks gegen die Sparmaßnahmen der Regierung. Garganas, Herausgeber der Wochenzeitung und Mitglied der linken Partei "Antarsya", hat eine klare Meinung zum Namenstreit mit Mazedonien. Er findet, Griechenland sollte jegliche Forderung nach einer Namensänderung zurücknehmen:
    "Es kann nicht sein, dass ein Land seinen Nachbarn verbietet, sich so zu nennen wie sie wollen. Der Bewohner von Skopje werden sich doch sowieso nie als Nordmazedonier oder ähnliches bezeichnen. Als Akt des guten Willens müsste Griechenland ihnen den Namen lassen, den sie selber gewählt haben."
    Fördert die unnachgiebige Haltung Griechenlands Nationalismus?
    Garganas und seine Partei stehen mit dieser Meinung in Griechenland ziemlich alleine da. Bereits 1991, als die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien unabhängig wurde, sprach er in seiner Zeitung und in Flugblättern von "Mazedonien". In einer Zeit, in der große Demonstrationen mit dem Motto "Mazedonien ist griechisch" stattfanden und die Atmosphäre extrem aufgeladen war, hatte Garganas' Haltung Folgen. Zusammen mit drei seiner Kollegen wurde er des Hochverrats beschuldigt und musste sich vor Gericht verantworten. Panos Garganas wurde damals zwar freigesprochen, doch der Fall zeigt, wie ernst Griechenland die Namensfrage nahm. Zwar glaubt auch Garganas nicht, dass die heutigen Mazedonier etwas mit den antiken Makedonen zu tun haben, aber gerade durch diese unnachgiebige Haltung Griechenlands finde der mazedonische Nationalismus fruchtbaren Boden, sagt er:
    “Alle Nationen entwickeln nationale Mythen, um ihre Herkunft aus der Antike abzuleiten. Das ist auch bei Mazedonien der Fall. Dass die heutigen Mazedonier Nachfahren Alexander des Großen seien, ist also nichts weiter als ein nationaler Mythos. Aber wenn ihnen ihr Name verweigert wird, wird dieser Nationalismus nur noch gestärkt.”