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McAllister: CDU und FDP können auch gegen drei linke Gegner bestehen

David McAllister, Fraktionschef der CDU in Niedersachsen, hält ungeachtet der Wahlerfolge der Linken Mehrheiten für Schwarz-Gelb weiterhin für möglich und wünschenswert. "Wir wollen eine schwarz-gelbe Bundesregierung, und wir haben in Niedersachsen bewiesen, dass das auch geht", betonte er das Wahlziel der Union für 2009.

Moderation: Jochen Spengler | 31.01.2008
    Jochen Spengler: Am Telefon ist nun der CDU-Politiker und Fraktionschef der Union in Niedersachsen, David McAllister, mit dem wir über die künftige Strategie der Union sprechen wollen. Guten Morgen, Herr McAllister!

    David McAllister: Guten Morgen, Herr Spengler!

    Spengler: Wie ist es mit Ihnen, distanzieren Sie sich auch von Roland Koch?

    McAllister: Ich würde diesen Brief der 17 Unionspolitiker nicht als Distanzierung von Roland Koch bezeichnen und betrachten. Es ging den Politikern darum, die Bedeutung der Integrationspolitik darzustellen, auch die Erfolge der Integrationspolitik der letzten Jahre darzustellen, nämlich der Bundesregierung, aber auch CDU-geführter Bundesländer wie beispielsweise Hessen. Das haben die Verantwortlichen getan, und sie haben selbst deutlich gesagt, es ging ihnen nicht um eine inhaltliche Distanzierung von Roland Koch.

    Spengler: Aber da steht doch deutlich drin, dass Integrationspolitik nicht zu einem schnelllebigen Wahlkampfthema degradiert werden dürfe, und das hat nun Roland Koch doch gemacht, oder?

    McAllister: Ich halte die Integrationspolitik für die größte innenpolitische Herausforderung der nächsten Jahre und Jahrzehnte. Deutschland verändert sich, wir haben immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund in diesem Land, und es muss unser ureigenes Interesse daran sein, dass wir Erfolge erzielen in der Integrationspolitik. In den großen Städten, beispielsweise in Hannover, ist heutzutage jedes zweite Kind im Kindergarten bereits ein Kind mit einem Migrationshintergrund, das sind in 20 Jahren diejenigen, die ins Berufsleben eintreten, und die müssen dann für wirtschaftlichen Wohlstand sorgen und unsere Sozialversicherungssysteme finanzieren. Das heißt, die Integrationspolitik muss in der Tat parteipolitisch übergreifend geregelt werden, wir müssen gemeinsam Erfolg haben. Und übrigens, die CDU muss auch bei den Migranten in diesem Land mehr politische Erfolge erzielen, sonst ist sie auf Dauer in den großen Städten auch nicht mehr mehrheitsfähig.

    Spengler: Kann man das mit so einer Wahlkampagne, wie Roland Koch sie geführt hat?

    McAllister: Ich würde inhaltlich mit den Hessen einhergehen, und das hat übrigens die gesamte CDU getan. Wir haben eine zu hohe Gewaltkriminalität in Deutschland, und unter dieser Gewaltkriminalität haben wir einen zu hohen Anteil junger Menschen und wiederum einen zu hohen Anteil junger Menschen ausländischer Herkunft. Das ist benannt worden, es sind entsprechende Vorschläge der CDU auf dem Tisch, aber mir geht es darum, dass wir in allen Wahlkämpfen immer im Mittelpunkt die Sache stellen und vor allen Dingen das Phänomen und nicht so sehr die Herkunft der Täter beurteilen.

    Spengler: Sie sind der Sohn eines britischen Vaters und einer deutschen Mutter, und Sie haben selbst die doppelte Staatsbürgerschaft. Und gegen diesen Doppelpass hat Roland Koch vor neun Jahren eine Unterschriftenaktion initiiert. Wie groß ist denn Ihre Sympathie für Roland Koch?

    McAllister: Roland Koch ist einer der führenden Politiker der CDU Deutschlands, er ist ein sehr erfolgreicher Ministerpräsident, und wir werden Roland Koch auch in den nächsten Jahren in der CDU sehr gut gebrauchen können.

    Spengler: Auch als Ministerpräsident Hessens?

    McAllister: Auch als hessischer Ministerpräsident. Die CDU ist stärkste Kraft in Hessen geworden, wenn auch knapp, und ich finde, die CDU in Hessen hat nach wie vor den Auftrag, eine Landesregierung zu bilden.

    Spengler: 60 Prozent der Hessen sagen laut einer neuen Umfrage, Koch soll als Ministerpräsident aufhören. Das ist ein Ratschlag, dem Sie sich nicht anschließen?

    McAllister: Meinungsumfragen ist das eine, Tatsache ist, dass bei der Wahl die CDU - wenn auch mit knappem Abstand - die stärkste Kraft geworden ist. Insofern ist die Ausgangslage klar.

    Spengler: Die Integrationsdebatte, mit der wir gerade begonnen haben, ist ja nur Teil einer allgemeinen Strategiediskussion in der Union, die ist in vollem Gang. Rita Süssmuth und Heiner Geißler wollen noch mehr soziale Ausrichtung der Union. Günther Oettinger will ein schärferes wirtschaftspolitisches, und Markus Söder will mehr konservatives Profil. Wie hätten Sie es denn gern, von allem etwas?

    McAllister: Die CDU ist die große Volkspartei Nummer eins in Deutschland, und eine große Volkspartei muss alle unterschiedlichen Strömungen integrieren. Das heißt, wir haben in der CDU eine starke soziale Komponente, eine starke wirtschaftsliberale Komponente und eine starke konservative Komponente. Und wir haben im neuen CDU-Grundsatzprogramm, was wir ja erst vor wenigen Wochen in Hannover auf dem Bundesparteitag verabschiedet haben, das geschafft, nämlich genau diese drei Strömungen in ein großes Ganzes einzugliedern. Das muss die Zukunft sein, das heißt, wir brauchen jetzt kein Gegeneinander, wir brauchen jetzt keine Schnellschüsse, sondern wir brauchen ein durchdachtes Konzept und unser Ziel muss immer sein als Volkspartei, 40 plus x, da darf man sich thematisch nicht einengen.

    Spengler: Hat der Vorsitzende der Mittelstandsunion, Josef Schlarmann, mit seiner Kritik an Angela Merkel und dem Linkskurs, den sie fahre, hat er da Recht?

    McAllister: Ich kann die Kritik von Herrn Schlarmann nicht nachvollziehen, ich halte sie auch für ungerechtfertigt. Das eine ist die Kritik an der Arbeit der Großen Koalition, das andere ist die programmatische Ausrichtung der CDU, das sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe. In einer Großen Koalition kann es keine hundertprozentig lupenreine CDU-Politik geben, weil nun mal die Partner gleich stark verteilt sind, es ist ein Fifty-Fifty-Verhältnis, und in einer Großen Koalition müssen die Partner zu Kompromissen bereit sein. Den Linksruck in der CDU, den kann ich überhaupt nicht erkennen, und insbesondere unser neues Grundsatzprogramm, was ja erst wenige Wochen gilt, hat ja deutlich gemacht, wo der hundertprozentig lupenreine wirtschaftspolitische Kurs der CDU ist. Ich habe übrigens auf dem Bundesparteitag auch keine Kritik - weder der Mittelstandsvereinigung, noch des Wirtschaftsrates - am neuen Grundsatzprogramm gehört. Insofern kommt die Kritik jetzt auch zu spät.

    Spengler: Herr McAllister, wie erklären Sie sich dann den Abgang von Friedrich Merz?

    McAllister: Friedrich Merz ist einer der führenden Köpfe der Union gewesen, einer der klügsten Köpfe. Nur, in der Politik ist es auch immer so, dass man teamfähig sein muss, und Angela Merkel hat sich da durchgesetzt als die Nummer eins, Friedrich Merz wollte sich diesem Team nicht unterordnen, und deshalb hat er sich entschieden, in der Privatwirtschaft sich weiterzuentwickeln. Ich bedauere das sehr, aber man muss es akzeptieren. Wichtig ist, wir haben ein gutes wirtschaftspolitisches Profil der CDU, wir brauchen in den nächsten Wochen und Monaten möglicherweise gute Persönlichkeiten, die jetzt noch mehr in der Öffentlichkeit heraustreten, um dieses wirtschaftspolitische Profil auch zu personifizieren.

    Spengler: Das heißt, da gibt es Nachholbedarf? Also wenn, dann muss die CDU doch jetzt wieder stärker ihr marktwirtschaftliches Profil zeigen?

    McAllister: Wir stellen den Bundeswirtschaftsminister, Michael Glos, der das sehr erfolgreich macht, aber der ist CSU-Politiker. Wir haben in der CDU eine Reihe von guten Wirtschaftspolitikern, sei es Laurenz Meyer, sei es Michael Fuchs, sei es Michael Meister. Vielleicht müssten diese Persönlichkeiten in der Öffentlichkeit noch mehr herausgestellt werden, damit auch Personen und Positionen für die Öffentlichkeit erkennbar zusammenkommen.

    Spengler: Herr McAllister, von denen hatte aber auch keiner im Falle Nokia den Schneid, die Freiheit des Unternehmertums zu verteidigen.

    McAllister: Nun, im Falle Nokia würde ich auch nicht die Freiheit des Unternehmertums verteidigen wollen, denn Nokia hat Subventionen kassiert, um anschließend dann Leute in die Arbeitslosigkeit zu schicken. Ich fand das Verhalten von Nokia nicht in Ordnung, und die CDU ist auch Volkspartei und damit auch Schutzpartei der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die CDU ist keine FDP light.

    Spengler: Und der Postmindestlohn war auch kein Sündenfall für einen Marktwirtschaftler?

    McAllister: Der Postmindestlohn war ein typisches Ergebnis einer Großen Koalition. Mit einer CDU/CSU-FDP-regierten Koalition hätte es so etwas vermutlich nicht gegeben.

    Spengler: Ganz kurz zum Schluss: Glauben Sie, dass es künftig für Zweierbündnisse reicht, oder braucht die Union eine weitere Aufstellung, auch Offenheit, größere Offenheit gegenüber den Grünen?

    McAllister: Die Landtagswahl am 27. Januar fand ja nicht nur in Hessen statt, sondern auch in Niedersachsen, und wir haben in Niedersachsen - in einem großen, westdeutschen Flächenland - bewiesen, dass man auch gegen drei linke Gegner ein schwarz-gelbes Bündnis hinbekommen kann. Die Landesregierung von Christian Wulff ist eindrucksvoll bestätigt worden, und ich finde, das muss nach wie vor unser Wunschziel für 2009 als CDU sein. Wir wollen eine schwarz-gelbe Bundesregierung, und wir haben in Niedersachsen bewiesen, dass das auch geht.

    Spengler: Danke für das Gespräch! Das war David McAllister, Fraktionschef der Union in Niedersachsen.