Donnerstag, 28. März 2024

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McCarthys Kommunisten-Hatz

Die Rede erzielte unglaubliche Resonanz. Zeitungen druckten McCarthys Vorwürfe. Dabei hatte er maßlos übertrieben. Ein Untersuchungsausschuss kam zu dem Ergebnis, dass McCarthys Anschuldigungen aus der Luft gegriffen waren. Doch Anfang der Fünfziger herrschte in den USA eine diffuse Angst vor dem Kommunismus. Die Sowjetunion schien mit ihren Waffen- und Raumfahrtprogrammen die USA abzuhängen. Und so witterten viele hinter jeder Ecke einen Spion.

Von Ralf Geißler | 02.12.2004
    I am not going to discuss politics tonight. I'm going to discuss the war in which we have been engaged for 105 years. The war declared by Karl Marx in 1848, redeclared and brought down to day by Lenin. Again redeclared by Stalin.

    Ich werde heute Nacht nicht über Politik reden. Ich werde über den Krieg reden, den wir seit 105 Jahren kämpfen. Den Krieg, den uns Karl Marx 1848 erklärt hat, der von Lenin erneuert wurde und heute von Stalin geführt wird.


    McCarthy wurde so populär, dass er seinen eigenen Untersuchungsausschuss bekam. Mit dessen Hilfe suchte er gezielt nach Kommunisten im Regierungsapparat. Dabei konnte er sich auf ein Vorbild stützen: den Ausschuss für unamerikanische Umtriebe. Dieses Gremium hatte bereits in den dreißiger und vierziger Jahren vor allem Künstler und Intellektuelle kommunistischer Umtriebe beschuldigt. McCarthy übernahm einfach die Methoden dieses Ausschusses und spitzte sie noch einmal zu. Er setzte auf Denunziation, Kreuzverhöre und Erpressung. Kritik an solchen Maschen ließ McCarthy kalt.

    Traitors are not gentlemen, my good friends! They don't understand being treated like gentlemen! I don't give a tinker's damn how high or how low people in either the Republican or Democrat party, either party, are unhappy about our methods. This fight is going to go on as long as I am in the United States Senate!

    Verräter sind keine Ehrenmänner, meine lieben Freunde. Sie verstehen es auch nicht, wie Ehrenmänner behandelt zu werden. Mich interessiert es einen Dreck, wie unzufrieden die Menschen in der republikanischen oder demokratischen Partei mit meinen Methoden sind. Mein Kampf wird fortgeführt, so lange ich Senator der Vereinigten Staaten bin.


    Der republikanischen Partei war McCarthys Kommunisten-Hatz anfangs ganz recht. Beschuldigte der Senator doch meistens Mitglieder und Beamte der demokratischen Regierung. 1952 kam es allerdings zum Regierungswechsel und der Republikaner Dwight D. Eisenhower wurde Präsident. McCarthy nahm auf die neuen Machtverhältnisse aber keine Rücksicht. Nun warf er Mitgliedern seiner eigenen Partei vor, für die Sowjetunion zu spionieren. Eisenhower machte das wütend.

    If we allow ourselves to be persuaded, that every individual or party that takes issue with our own convictions, is necessarily wicked or treasonous than indeed we are approaching the end of freedom's road.

    Wenn wir glauben, dass jeder, der unsere Überzeugungen in Frage stellt, böse oder verräterisch ist, dann haben wir tatsächlich das Ende der Freiheit erreicht.


    Der Bruch zwischen dem Präsidenten und dem Kommunistenjäger wurde immer größer. Im Herbst 1953 warf McCarthy auch der US-Armee vor, sowjetische Spione zu beschäftigen. Der Senat setzte wieder einmal einen Untersuchungsausschuss ein. Vor diesem Gremium attackierte McCarthy auch ranghohe Generäle. Er nannte die Armeeführung kommunistisch, senil, unehrenhaft und dumm. Verteidiger Joseph Welsh blieben bei so viel Frechheit fast die Worte weg:

    If it were in my power to forgive you for your reckless cruelty, I would do so. I like to think, I am a gentleman, but your forgiveness will have to come from someone other than me.

    Wenn es in meiner Macht stünde, Ihnen für Ihre Unverschämtheiten zu vergeben, würde ich das tun. Ich glaube, ich bin wirklich ein Gentlemen. Aber die Vergebung muss von jemand anderem kommen als von mir.


    Die Anhörungen wurden erstmals im Fernsehen übertragen. Dabei wirkte McCarthy wie ein unbeherrschter Mann, der wahllos Unschuldige beschimpfte. Seine Popularität sank rapide. Die Armee-Führung wurde frei gesprochen. Und der US-Senat nutzte die Chance, McCarthys Karriere endgültig zu beenden. Drei Viertel der Senatoren sprachen sich am 2. Dezember 1954 für eine öffentliche Rüge gegen McCarthy aus. US-Senator Ralph Flanders war nach der Sitzung erleichtert.

    We have been to a long hard work. It was a sad but very necessary affair. I feel that it has worked out well for the future of our country.

    Wir haben harte Arbeit hinter uns. Es war eine traurige, aber sehr notwendige Angelegenheit. Und ich glaube, es ist für die Zukunft unseres Landes gut ausgegangen.


    Nach der Rüge verschwand McCarthy in der Bedeutungslosigkeit. Seine Ära war zu Ende. Drei Jahre später starb er an den Folgen seiner Alkoholsucht.