Mittwoch, 24. April 2024

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Medien im Christchurch-Prozess
Kaum Worte über den Täter

Bei der Urteilsverkündung gegen den Attentäter von Christchurch standen zunächst die Opfer im Mittelpunkt. Doch schon von Beginn an wurde im Prozess darauf geachtet, dass dem Täter keine öffentliche Bühne gegeben wird.

Alexandra Falk im Gespräch mit Annika Schneider | 27.08.2020
Vor einem Metallgitter liegen auf einer kleinen Mauer viele bemalte bunte Steine am Fuß von vielen Blumen und großen Blumensträußen. Darüber ein Plakat auf dem steht: "Allah schütze unser Land. Das Land von Liebe und Mitgefühl."
Liebe statt Hass - dieses Zeichen sollte nach den Attentat von Christchurch gesetzt werden (Michael Frantzen)
Lebenslang ohne Bewährung – zum ersten Mal wurde dieses Urteil in Neuseeland gesprochen. Damit dürfte der rassistische Attentäter von Christchurch, der im März 2019 insgesamt 51 Menschen in zwei Moscheen getötet hat, bis zum Lebensende im Gefängnis bleiben.
Der Staatsanwalt bezeichnete den Mann vor der Urteilsverkündung als Neuseelands "schrecklichsten Mörder". Nun verdiene er neben seiner Haft Stille auf Lebenszeit, so die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern, die sich damit der Hoffnung vieler Angehöriger anschloss. Sie wünschen sich, dass der Täter seine Haft ohne viel Aufmerksamkeit verbüßen soll.
Keine Plattform für den Täter
Schon während des Prozesses wurde der Name des Täters nur selten genannt. "Die Medien hier sind sich einig, dass dem Täter keine Plattform gegeben werden soll, so wie es sich die Premierministerin auch gewünscht hat, sondern die Opfer und deren Geschichten sollen im Mittelpunkt stehen", sagte die Journalistin Alexandra Falk, die den Prozess vor Ort verfolgt hat und auch bei der Urteilsverkündigung anwesend war.
Live-Berichterstattung war während des Prozesses verboten. "Es gab nur zwei Möglichkeiten, zu berichten: Das war einmal in der Mittagspause und dann jeden Tag nach der Gerichtssitzung", so Falk im Deutschlandfunk.
Auch im Deutschlandfunk wird der Name des Täters seit Längerem nicht mehr genannt.
Berichterstattung aus dem Gericht: Eine Bühne für den Täter?
Nach Gewaltverbrechen berichten Medien zu viel über Täter und zu wenig über Opfer – diese Kritik ist in den vergangenen Jahren immer lauter geworden. Justizreporterinnen müssen sich inzwischen fragen, wie sie verhindern, dass der Gerichtssaal zur Bühne für Angeklagte wird.
"Leute mit ihrem Schicksal zurückgelassen"
Öffentliche Aufmerksamkeit bekamen nun andere – auch zum Abschluss des Gerichtsprozesses. So trug der Richter zu Beginn seiner Urteilsverkündung noch einmal alle Namen der Getöteten und Verletzten vor. "Es wurde dem Täter keine Plattform gegeben, sondern den Opfern – auch von den Medien", sagt Alexandra Falk.
Sie wies aber auch darauf hin, einige Medien hätten in der Berichterstattung zum Attentat von Christchurch "verbrannte Erde hinterlassen und die Leute mit ihrem Schicksal zurückgelassen". Das habe insbesondere für internationale Medien gegolten.