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Medienstandort Hamburg
Mehr Online, weniger Print

An den Verlagshäusern in Hamburg ist der digitale Wandel nicht spurlos vorübergegangen: Arbeitsverdichtung durch multimediales Produzieren, ein unerbittlich harter Wettbewerb um Onlineleser, dazu Einsparungen und Personalkürzungen. Printmacher in der Hansestadt zwischen Chance, Risiko und dem vermeintlichen Hauptstadtzwang: eine Bestandsaufnahme.

Von Daniel Bouhs | 30.08.2015
    Das Gruner und Jahr Verlagshaus am Baumwall in Hamburg
    Das Gruner und Jahr Verlagshaus am Baumwall in Hamburg (imago/Lars Berg)
    Der Baumwall, eine Adresse mit Tradition. Hier sitzt Gruner und Jahr. Der Ableger von Bertelsmann, einem Weltkonzern aus Ostwestfalen, ist ein opulenter Verlag, eine regelrechte Zeitschriftenfabrik. "Brigitte", "Geo", "Stern" – stolze Marken für ein Geschäft, das seit mittlerweile 50 Jahren läuft, dazu junge Titel wie "Beef" für Fleisch-Fetischisten und "Business Punk" für junge, aggressive Geschäftsleute.
    Das Geschäft mit Zeitschriften ist ein Geschäft mit Höhen und Tiefen. Zuletzt hatten es die Macher am Baumwall schwer. So schwer, dass die eigenen Mitarbeiter den Medienkonzern für öffentlichkeitswirksame Aktionen kurzerhand umgetauft haben:
    "Gruner und Spar! Gruner und Spar! Gruner und Spar!"
    Gruner und Spar statt Gruner und Jahr – das Flaggschiff des Verlagsstandortes Hamburg ist in Reduktion begriffen. Da ist nicht nur das Aus der "Financial Times Deutschland" vor bald drei Jahren. Das Management um Julia Jäkel hat sich außerdem zum Ziel gesetzt, verlagsweit 75 Millionen Euro zu sparen. Der Verlag hat sich zuletzt zu lange an das klassische Geschäft geklammert. Es lief einfach alles sehr lange sehr gut – bis die Welt digital wurde, die Medienlandschaft inklusive.
    "Na ja, es ist mit einem Mal alles komplexer geworden in dem Moment, wo das Internet kam. Vorher sind wir in dem Gefühl gesegelt, wir beherrschen das, was wir tun. Wir haben es zu einer großen Perfektion getrieben."
    Erinnert sich Peter-Matthias Gaede, 20 Jahre lang Chefredakteur von "Geo". Für ihn und seine Leute war das "Digitale Neuland". Die Strategie des Verlags zudem: Alles muss aus dem eigenen Haus kommen. Der Verlag habe zwar früh damit begonnen, im Internet zu experimentieren, erzählt Gaede. Alle Titel hätten früh eigene Internet-Ableger gestartet. Nur: "Volle Kraft voraus" – dieses Kommando blieb lange aus. Die neuen Felder im Neuland – sie wurden sehr lange nur mit Bordmitteln bestellt.
    "Wir haben also keine Experten dazu geholt, wir haben das uns selber beigebracht und wir haben es als eine kleine Verlängerung unseres Tuns aufgefasst. Ich kann mich an Sitzungen erinnern, wo die versammelten Chefredakteure und der Vorstand zusammensaßen und wir sagten: Alles, was wir tun, muss aus dem Markenkern herauskommen. Es hat ein journalistisches Credo gehabt. Und das hat uns einfach ein bisschen mühsamer gemacht und insofern auch ein bisschen langsamer. Das haben wir dann irgendwann gemerkt, und auch Gruner und Jahr kauft nun das eine oder andere dazu und – ja, ich glaube, die jetzige Geschäftsführung hat ein bisschen nachzuholen."
    Eine Erkenntnis, die spät kommt – für manch einen Mitarbeiter zu spät. Und das Einsparziel von 75 Millionen ist noch nicht erreicht. Mit seinem anhaltenden Rückbau bleibt der Verlag bis auf Weiteres das große Sorgenkind des Medienstandorts Hamburg, der aber auch darüber hinaus in einem argen Wandel begriffen ist.
    Besonders einschneidend waren die Entscheidungen des Axel-Springer-Verlags, der einst nach dem Zweiten Weltkrieg in Hamburg entstand, erst mit dem "Hamburger Abendblatt", dann mit "Bild". Sie titelte im Frühjahr 2008 in eigener Sache: "Bild ist ein Berliner!" Ein Umzug nach 56 Jahren. Der nächste Schlag vor einem Jahr: Der Verlag gab – zusammen mit anderen Regionalzeitungen – das "Hamburger Abendblatt" ab, mit dem Verlagsgründer Axel Cäsar Springer einst an den Start gegangen war.
    Das "Abendblatt" lebt nun in der Essener Funke-Gruppe weiter, entsteht seit diesem Jahr aber nicht mehr im eindrucksvollen Bau am Axel-Springer-Platz. Der soll saniert werden, bevor schließlich – unter anderem – das Bezirksamt einzieht.
    "Na ja, es hat sich etwas umstrukturiert, was schlicht damit zu tun hat, dass wenn sie die Hauptstadt anderthalb Stunden Bahnfahrt von sich entfernt haben, wo irgendwann die Frage bei solchen tagesaktuell arbeitenden Medien kommt: Will ich jetzt eher Nähe zum Berichterstattungsgegenstand oder will ich eher Distanz zur Reflexion haben – das haben einige Häuser so für sich beantwortet und andere für sich anders bearbeitet."
    Hamburg bleibt dennoch wichtiger Standort
    Analysiert Carsten Brosda. Er ist der Bevollmächtigte der Hansestadt für die Medien. Dabei ist "Bild" für den Standortpolitiker nur ein Beleg für den Sog der Hauptstadt. Der hat vor einigen Jahren auch die Zentralredaktion der Deutschen Presse-Agentur erfasst. Und auch die Digitalredaktion der Wochenzeitung "Die Zeit" sitzt größtenteils in Berlin – nicht nur mit ihren Politikkorrespondenten. Schmerzhafte Entscheidungen gegen den Medienstandort Hamburg. Aber: Sie liegen längst etliche Jahre zurück.
    "Ich glaube auch nicht, dass wir weitere Wellen dieser Art erleben werden, sondern das ist jetzt durch, und meine These wäre eher: Wir sind an der Stelle vergleichsweise glimpflich davongekommen, wenn man sich anguckt, dass eben so nah eine Hauptstadt neu entsteht. Da hätte auch ein ganz anderer Sog entstanden sein können. Und nach wie vor ist die Medienlandschaft hier in der Stadt groß. Und grosso modo wächst sie, wenn ich alles zusammen nehme, wenn ich auch die neuen digitalen Angebote dazu nehme. Dann ist es nicht so, dass ich einen Abbau habe. Ich habe halt eine interne Verschiebung."
    Tatsächlich haben sich auch einige bewusst für den Aufbau ihrer Digital-Redaktionen in Hamburg entschieden. Das prägnanteste Beispiel ist "Spiegel Online". Im neuen gläsernen Bau in der Hafencity thront die Online-Redaktion förmlich über den etablierten Print-Redakteuren: Die oberste Etage – ein einziger Newsroom. Und auch die Internet-Ableger von "Stern" und "Tagesschau" entstehen seit jeher in Hamburg.
    Gleichzeitig haben angeschlagene Traditionshäuser damit begonnen, sich hinter den Kulissen neu aufzustellen, auch Gruner und Jahr, nach dem Motto "langsam aber sicher". Während Axel Springer Hamburg zunehmend den Rücken zugekehrt hat, konzentriert der Bertelsmann-Ableger seine Aktivitäten hier: Gruner und Jahr hat seine Redaktionen aus Köln und München an die Elbe geholt. Peter-Matthias Gaede, der nun den Vorstand berät, spricht von einem "vollen Haus":
    "Es ist so gut gefüllt, dass wir sogar ein bisschen zusammenrücken müssen. Natürlich hat die IT ein großes Wachstum gehabt, das ist ja ganz selbstverständlich."
    Internet ist Zukunft. Punkt.
    Mehr Technik also. Der Verlag kauft sie inzwischen auch zu und übernimmt dafür Internet-Dienstleister schon mal komplett. Und auch in den Redaktionen gilt heute: Das Internet ist keine Nebensache, sondern Zukunft. Die Folge: Arbeitsverdichtung.
    "Ja, da haben sie die Situation, die ist aber auch nicht ganz neu, dass es einen anderen Produktivitätszwang jedes Einzelnen gibt. Also heute sind wir einfach vor der Pflicht eines unheimlich disziplinierten Arbeitens, wenn sie an eine Redaktion wie 'Geo Epoche' denken, was die da stemmen. Sie müssen mit mehr Keulen jonglieren. Es wird erwartet von den Reportern, dass sie vielleicht auch mal mit einer Kamera hantieren können, mit einer Helm-Kamera in eine Höhle gehen oder so."
    So lang die Tradition für Gedrucktes auch sein mag: In den Verlagen ist Multimedia inzwischen Pflicht, nicht mehr nur Kür. Und noch etwas hat sich verändert: Verlage wollen heute nicht mehr nur Magazine verkaufen – bestätigt auch Peter-Matthias Gaede, der Journalist.
    "Wir definieren Gruppen von Menschen und ihren Interessen und überlegen uns dann, wie wir ihnen sowohl medial entgegenkommen können wie eventuell auch mit Produktwelten. Das werden sie vielleicht eher nicht von 'Capital' oder vom 'Stern' erwarten, aber von nutzwertigen Zeitschriften. Bei diesen Gruppen können wir sagen: Ja, wir begleiten diese Menschen noch anders denn nur in Wort und Bild."
    Damit das klappt, hat sich der Verlag neu sortiert. Die Verlagsspitze hat die etwa 60 Zeitschriftenmarken, die in Hamburg entstehen, in acht Sparten gruppiert und sich überlegt: Womit lässt sich hier sonst noch Geld verdienen – neben dem Journalismus?
    Zum Beispiel in der Verlags-Sparte "Family". Etablierten Magazinen wie "Eltern" hat Gruner und Jahr in diesem Frühjahr eine App namens "Finderzimmer" zur Seite gestellt. Auf dieser digitalen Plattform können Eltern die Klamotten verkaufen, aus denen ihre Kinder herausgewachsen sind – ein praktischer Lebenshelfer, aber eben kein Journalismus. Bereits seit gut einem Jahr hilft der Verlag Eltern außerdem mit einer Plattform namens "Tambini" dabei, Kindergeburtstage zu organisieren – gegen Gebühr natürlich. Die digitalen Beiboote sollen das Dickschiff Gruner und Jahr flink und wendig machen, mit vielen kleinen, immer neuen Zusatzgeschäften.
    Das Medienhaus expandiert so ins Digitalgeschäft – nach dem Motto: besser spät als nie. Zum 50. Geburtstag ihres Hauses verbreitet Verlagschefin Jäkel dieser Tage dann auch – vorsichtig – Aufbruchsstimmung: Auf der Suche nach neuen Ideen habe man sich rund 250 Start-Ups angesehen. Außerdem komme inzwischen bald jeder fünfte Euro, den der Verlag umsetze, aus dem Digitalgeschäft. Für Apple sei Gruner und Jahr gar der größte Verlagspartner in Deutschland. Die Botschaft ist eindeutig: Alles wird wieder gut. Zum Betriebsfest spendierte Jäkel dann auch Champagner.
    "Also wir werden jetzt nicht fortan jeden Tag in Champagner baden – so hat sie es auch nicht gemeint. Aber wir haben keinen Anlass, in Sack und Asche zu gehen."
    Mehr wagen!
    Sagt Jäkels Berater Gaede. Ja, noch sei bei den Kürzungen Einiges zu tun – auch Unangenehmes für den Verlag und seine Redaktionen. Aber: Gleichzeitig bilde sich eine Atmosphäre, in der mehr möglich sei als früher. Ein Wandel im Traditionshaus.
    "Ich habe das Gefühl, dass wir gerade jetzt in einer Phase sind, wo wir mehr probieren als in vielen Jahren zuvor. Und dieses Gründerfieber – ist sicherlich ein ein bisschen übertriebenes Wort, aber diesen Gründungseifer wieder zu wecken und dieses Gefühl zu beerdigen, dass man sagt 'Oh Gott, also alles geht nach unten', das ist ganz, ganz wichtig. Also nicht, dass wir uns sozusagen einrichten in so einem Abwicklungsgedanken, weil man jeden Tag irgendwie liest, mit den Medien geht es den Bach runter. Es wäre sehr, sehr gefährlich, sich daran zu gewöhnen und deswegen nichts mehr zu wagen."
    Das andere große Verlagshaus in Hamburg, die Bauer Medien-Gruppe, ist aus der Krise in den Medien nicht nur glimpflich, sondern sogar gestärkt hervorgegangen. Im vergangenen Jahr machte Bauer den zweitgrößten Umsatz seiner Geschichte – ein Geschäft von gigantischen 2,3 Milliarden Euro. Auch hier: zunehmend im Digitalen.
    Im digitalen Bereich ist in den vergangenen Jahren in Hamburg aber auch sonst viel Neues entstanden. Zuerst hat sich Google entschieden, seine Deutschland-Zentrale im frischen Norden anzusiedeln und nicht etwa im hippen Berlin oder gediegenen München. Google war ein Magnet. Auch Facebook, das größte soziale Netzwerk der Welt, siedelte seine Deutschland-Dependance hier an. Xing, das soziale Netzwerk für das Geschäftsleben, entstand sogar in Gänze in der Hansestadt und war von Anfang an profitabel. Seitdem hat sich eine ganze Start-Up-Szene entwickelt. Die Stadt ist eine einzige große Garage für Entwickler. Und auch die machen irgendwie "Was mit Medien".
    Traditionelle Medienhäuser und schnelle Start-Ups: Die Stadt versucht, beide Welten miteinander zu verknüpfen. Brosda, der Medienbeauftragte des Senats, erzählt: Seit bald drei Jahren probierten das die Stadtoberhäupter strukturiert. Damals war klar: Hamburg wird den nationalen IT-Gipfel der Bundesregierung ausrichten. Das ist auch immer ein Anlass, die Branche vor der eigenen Haustür zusammen zu bringen.
    "Und wir haben in der Arbeitsgruppe fast zwei Jahre lang mit Medienhäusern auf der einen Seite und Technologiehäusern auf der anderen Seite genau an diesen Fragen gearbeitet: Wie sehen neue Konstellationen aus, in denen trotzdem alle, die daran beteiligt sind, miteinander zusammenarbeiten können und auch noch plausibel annehmen können, dass sie auch noch Geld damit verdienen können – egal, was sie tun?"
    Wie Arbeitsgruppen so sind: Ein konkretes Ergebnis gab es natürlich nicht – Gruner und Jahr und Google arbeiten weiter getrennt vor sich hin. Und auch Facebook und der Bauer-Verlag sind keine Liaison eingegangen. Aber: Tatsächlich reden nun alle miteinander, auch, weil der Senat im Hintergrund weitere Runden organisiert hat.
    "Aber wir werden nie einen Punkt erreicht haben, an dem wir sagen: So, jetzt ist es vorbei, sondern das ist ein dauerhafter Prozess, von dem ich auch nicht glaube, dass der irgendwann an Dynamik verlieren wird, weil die Innovationszyklen einfach immer enger geworden sind und ich nicht glaube, dass sie irgendwann mal wieder weiter werden, sondern sie werden sehr eng aufeinander folgend bleiben."
    Kurze Innovationszyklen: Traditionelle Medienhäuser müssen sich daran erst einmal gewöhnen. Gleichzeitig wollen sie neue Ideen aber auch selbst entdecken, sie aufbauen und an ihnen profitieren statt bloß dabei zuzusehen, wie das andere neben ihnen machen. In Hamburg greifen dafür gerade Medienhäuser nach den Start-Ups.
    Neue Ideen gesucht mit dem "CATS"-Prinzip
    Das Beta-Haus im Hamburger Schanzenviertel. Hier entsteht der "Next Media Accelerator", eine Art Start-Up-Agentur. Der "Next Media Accelerator" sammelt Geld bei klassischen Medienhäusern aus Hamburg ein und fördert damit neue Ideen. Treiber des Modells ist Meinolf Ellers von der Nachrichtenagentur dpa, die zwar ihre Zentralredaktion nach Berlin verschoben hat, nicht aber ihr Management. Ellers glaubt daran, dass sich Medienhäuser dringend etwas von Start-Ups abschauen sollten.
    "Und wenn es so ist, dass wir von Start-Ups an dieser Stelle lernen können, dann ist es sehr wichtig, dass wir Mechanismen schaffen, dass wir diese Energie der Start-Ups, dass wir uns die auch ein bisschen zunutze machen."
    Das soll künftig so laufen: Menschen, die Ideen haben, melden sich beim "Next Media Accelerator". Vertreter der beteiligten Medienhäuser prüfen die Konzepte. Wer den Zuschlag bekommt, erhält Geld und Räume für ein paar Monate. Die klassischen Medien schießen also erst einmal zu. Sie bekommen aber auch etwas zurück: eine Umsatzbeteiligung, wenn aus einer Idee tatsächlich ein ordentliches Geschäft wird.
    "Wir haben hier für uns so ein kleines Schlagwort geprägt und das heißt CATS. Und das steht für C wie Content – Inhalte, A wie Advertising – also die Zukunft von Werbemodellen, T für Technologien, die rund um Inhalte eine Rolle spielen und S wie Services. Das beschreibt so in etwa das Viereck, in dem wir die Start-Ups europaweit suchen."
    Doch welche Chance hat Hamburg im Wettbewerb um die besten Ideen? Berlin etwa hat Hamburg schon einige Redaktionen abgezogen – warum sollte das bei Start-Ups nicht ähnlich sein? In Berlin-Mitte residiert beispielsweise Rocket Internet, der deutsche Netzgigant mit "Zalando" und Co. Und SoundCloud, eine Art YouTube für Musik- und Radioinhalte, hat sich ebenfalls für die Hauptstadt entschieden, obwohl die Macher aus Stockholm kommen und maritime Lagen schätzen dürften.
    "Das ist ganz interessant, weil wir ja mit dem Next Media Accelerator, den wir hier gerade aufbauen, genau die gleiche Frage beantworten mussten. Alle reden von Berlin – und warum denn Hamburg? Und wenn man ein bisschen darüber nachdenkt und ein bisschen in die Praxis guckt, stellt man Eines fest: Hamburg hat eine bestimmte DNA und die ist viel älter als die modernen Medien, die geht nämlich zurück bis in die Hansezeit. Die Tatsache, dass diese Stadt als Freie- und Hansestadt eine Stadt der Kaufleute ist und der selbstbewussten Bürger, das ist eine DNA, die gerade auch bei dem Thema Medien und Innovation plötzlich unglaublich viel Kraft entfaltet."
    Und überhaupt: Berlin und Hamburg, das sei doch nun wirklich keine Distanz mehr. Nachdem er sich an der Westküste der USA umgesehen hat, wo die Internet-Riesen zu Hause sind, die Googles und Facebooks dieser Welt, findet dpa-Mann Ellers diese Diskussion inzwischen: albern. Man müsse den globalen Maßstab stehen.
    "Da schrumpfen die Abstände zwischen Berlin und Hamburg auf ein Nichts. Ich sage immer Amerikanern, die sagen, ja, Hamburg, Berlin, wie muss man das einschätzen, sage ich immer: Also wenn ein Facebook-Programmierer, der in Downtown San Francisco lebt, der sich morgens in den Shuttlebus setzt und wackelt da rauf ins Silicon Valley zu seinem Arbeitsplatz, der ist genauso lange unterwegs wie jemand, der sich am Hamburger Hauptbahnhof in den ICE setzt und nach Berlin fährt. Also: Wir sind ja eigentlich, Neudeutsch, wir sind hier eine Art Valley zwischen Hamburg und Berlin."
    Das Valley Hamburg/Berlin als Konkurrenz zum Original an der amerikanischen Westküste – so wollen sie sich in Hamburg verstanden wissen. Die Medienmacher und auch die Standortpolitiker. Und, tatsächlich: Irgendwie passt das zusammen. Ja, Berlin hat natürlich seine Stärken. Eine Hauptstadt hat eine ganz besondere, eine unangreifbare Anziehungskraft, egal was sie tut – da sind sich alle einig. Hinzu kommt: In vielen Berliner Kiezen wird inzwischen Englisch gesprochen. Das zieht internationale Fachkräfte an, nicht zuletzt wichtige Programmierer. Cafés, in denen Barista gar kein Deutsch sprechen – in Hamburg ist das bisher undenkbar.
    Start-Ups überleben in Hamburg länger als in Berlin
    Wer am Ende aber Geld verdienen will, der ist wiederum mit einer Hansestadt gut beraten. Hamburg – die Stadt der Kaufleute, analog wie digital. Erste vorläufige Studien zeigen: an der Elbe haben Start-Ups eine längere Halbwertzeit als an der Spree. Das Internationale und das Hemdsärmelige ist für den Hamburger Medienbeauftragten Brosda die perfekte Kombination, für alte wie für neue Häuser.
    "Die beiden Standorte haben sehr, sehr unterschiedliche, sehr, sehr spezifische Kompetenzen, die sich eigentlich wunderbar ergänzen, und nur sehr wenige Bereiche, in denen sie in einem echten Ressourcen-Wettbewerb um die gleichen Unternehmen stehen. Da gibt es schon sehr unterschiedliche Ausprägungen. Daraus mehr zu machen, noch mehr zu machen an Gemeinsamkeit – weil das eigentlich ein Raum ist, wenn ich weltweit darauf gucke – ist schon eine Aufgabe, vor der wir noch miteinander stehen."