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Medizin-Nobelpreis für Forschungen zur Zellalterung

Der Nobelpreis für Medizin geht in diesem Jahr an die US-Forscher Elizabeth Blackburn, Carol Greider und Jack Szostak. Das teilte die Königlich-Schwedische Akademie in Stockholm mit. Die Wissenschaftler werden für ihre Leistung auf dem Gebiet der Chromosomenforschung ausgezeichnet. Sie haben sich mit der Zellalterung befasst. Damit legten sie die Grundlage für weitergehende Studien unter anderem in der Krebsforschung.

05.10.2009
    Elizabeth Blackburn, Carol W. Greider und Jack W. Szostak erhielten die mit einer Million Euro dotierte Auszeichnung zu gleichen Teilen. Ihr Verdienst sei es gewesen, so die Jury am Karolinska-Institut, die molekularen Grundlagen jener zellulärer Alterungsprozesse zu entschlüsseln, die jeden von uns früher oder später alt aussehen lassen, im wahrsten Sinne des Wortes, die uns also faltig und gebrechlich werden lassen.

    Die drei Wissenschafter haben den Alterungsprozess an einfachen Organismen untersucht: Szostak etwa befasste sich Ende der 70er-Jahre mit der Hefe unter diesem Aspekt, bei Elizabeth Blackburn war zur gleichen Zeit das Wimperntierchen Stammgast unter dem Mikroskop. An den einzelligen Organismen lässt sich die Zellteilung besonders gut beobachten. Immer wenn sich Zellen teilen, muss das Erbgut ebenfalls verdopppelt werden. Dazu ballt sich das Erbgut zu den Chromosomen zusammen und wird wie ein Schnürsenkel verschlungen. Am Ende dieses DNA-Schnürsenkels sitzen die Telomere als Schutzkappen. Bei einem Teilungsvorgang wird das Telomer jedoch jedesmal ein kleines Stückchen abgeschnitten, bis schließlich keine Telomere mehr übrig sind. Was dann passiert, erklärt Elizabeth Blackburn:

    "Wenn die Zellen keine Telomere mehr haben, dann sind die Chromosomen nicht mehr geschützt, und dann können sich die Zellen nicht mehr erneuern. Die Zellteilung ist zu Ende, die Folge ist Altern."

    Altern ist also nicht bloß ein Verschleiß des Körpers, sondern von der Natur bereits in die Zellen einprogrammiert worden.

    Doch die dritte Nobelpreisträgerin, Carol W. Greider, konnte zeigen, dass die Telomer-Schutzkappen nicht nur abgebaut werden, sondern dass es auch einen Mechanismus gibt, der sie wachsen lässt. Greider kam zunächst als Doktorandin, dann als Mitarbeiterin zu Blackburn. Sie entdeckte ein Enzym, die Telomerase, das den Wiederaufbach der Telomere veranlasst und somit den Alterungsprozess verlangsamt. Das Wechselspiel von Alterung und Wiederaufbau findet ständig in unserem Körper statt. Die Entdeckung dieser Prozesse würdigte Stockholm in diesem Jahre mit dem Nobelpreis für Medizin.

    Dass die Telomere und Telomerase eine solche wichtige Rolle auch bei menschlichen Alterungsprozessen und bei Krebserkrankungen spielen, sei aber Anfang der 80er-Jahre noch gar nicht deutlich gewesen, erinnert sich Professor Karl-Lenhard Rudolph vom Institut für molekulare Medizin, Universität Ulm, Experte auf dem Gebiet zellulärer Alterungsprozesse:

    "Das kam eigentlich erst ein bisschen später auf, in den 90er-Jahren, wo man gemerkt hat, dass das auch für menschliche Alterung und Krebsentstehung wichtig zu sein scheint."

    Heute könnten die Arbeiten von Blackburn, Greider und Szostak aber direkt in klinische Anwendungen münden. Karl-Lenhard Rudolph:

    "Es deutet in zwei Richtungen: Einmal könnte man sich vorstellen, dass man tatsächlich so regenerative Therapien entwqickelt, wo man sagt, man verbessert die Regenerationsfähigkeit. Zum andern kann man sich aber auch vorstellen, dass diese Arbeiten darin münden, dass man Krebstherapien entwickelt, also Therapien, wo man das Enzym Telomerase hemmt, um das Wachstum von Krebszellen einzuschränken."
    Carol W. Greider erhielt zusammen mit Elizabeth H. Blackburn und Jack W. Szostak den Nobelpreis für Medizin 2009.
    Carol W. Greider (AP)