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Meer essen Heimat auf
Fidschi und der Kampf gegen den Klimawandel

Fidschi hat die Präsidentschaft bei der Weltklimakonferenz ab dem 6. November in Bonn. Der Südseestaat weiß, worum es bei diesem lebenswichtigen Kampf gegen den Klimawandel geht. Die Bewohner sehen und spüren die Auswirkungen am eigenen Leib.

Von Lena Bodewein | 03.11.2017
    Das Logo der Weltklimakonferenz hängt am 19.10.2017 in Bonn an einem Zelt. Die UNO-Konferenz findet vom 6. bis 17. November 2017 in Bonn statt.
    Die ersten Unterzeichner des Klimaprotokolls von Paris und nun die Präsidentschaft der Weltklimakonferenz inne: Fidschi (dpa / Oliver Berg)
    Der stärkste Wirbelsturm, der bis dahin je auf der Südhalbkugel gemessen wurde: Winston tobte im Februar vergangenen Jahres über die Fidschi-Inseln hinweg.
    "Wir hatten 44 Tote zu beklagen und ein Drittel unseres Bruttoinlandsproduktes verloren, als Fiji vom heftigsten Sturm unserer Hemisphäre getroffen wurde", so der Premierminister des Inselstaates Frank Bainimarama
    ,,Als Präsident dieser Klimakonferenz bin ich mir darum sehr bewusst, dass wir dringend auf die Ursache für diese Ereignisse reagieren müssen. Und das Leid in der Karibik und den USA nach den Stürmen macht uns allen klar, dass wir keine Zeit verlieren dürfen."
    Vom Klimawandel gefährdete Länder
    Der Mann weiß, wovon er redet: Fidschi, das vermeintliche Paradies, ein Südseestaat, ein Archipel aus mehr als 300 Inseln, gehört zu den Ländern, die als erste vom Klimawandel gefährdet werden.
    "Es sind sehr verletzliche Länder", führt Kosi Latu aus, Leiter des regionalen pazifischen Umweltprogramms. "Sie liegen weitab der normalen Märkte, sie bestehen aus fragilen Ökosystemen, umgeben vom Meer; unsere Staaten sind 98 Prozent Wasser, zwei Prozent Land. Und weil wir klein sind, sehen wir den Einfluss des Klimawandels viel deutlicher als andere Länder."
    Statt zu fischen, sollen sie Maniok anbauen
    Die Temperaturen steigen, die Regenmengen ebenso, sagen die Meteorologen, das Meer wird wärmer, die marinen Ökosysteme geraten aus dem Gleichgewicht, die wärmere Luft nimmt mehr Regen auf, dieser geht oft in heftigen Stürmen nieder. Häuser, Straßen, Felder werden zerstört – die eh schon armen Länder verlieren ihre Lebensgrundlagen. 45 Dörfer auf Fidschi müssen dringend umgesiedelt werden in höher gelegene Regionen – das heißt aber auch: die Bewohner verlieren ihre bisherige Lebensweise – statt zu fischen, sollen sie Maniok anbauen; doch wie lange geht das gut? Salzwasser dringt mit dem steigenden Meeresspiegel in den Boden ein und immer weiter ins Landesinnere vor, bis der Salzgehalt die Ernten zerstört; Friedhöfe, die oft außerhalb der Dörfer und näher am Wasser gelegen sind, sind von den Wellen bedroht – damit geht die Ruhestätte der Ahnen verloren.
    "Für die Menschen auf Fidschi ist der Klimawandel Realität. Er beeinträchtigt unser aller Leben."
    Klimawandel kein Asylgrund
    Darum war Fidschi auch das erste Land, das das Klimaprotokoll von Paris unterzeichnet hat. Die Umsetzung ist lebenswichtig, für alle Länder, doch für die pazifischen besonders: Im Jahr 2015 beispielsweise sind 20 Millionen Menschen vor Naturkatastrophen geflohen, die Hälfte davon in Ostasien und dem Pazifik. Nur wer soll die Bewohner der versinkenden Länder aufnehmen? Doch Klimawandel ist laut Genfer Flüchtlingskonvention kein Asylgrund.
    "Drei unserer Nachbarn sind akut gefährdet. Darum bieten wir den Menschen von Kiribati und Tuvalu eine Zuflucht. Im schlimmsten Fall versinken ihre Länder in dreißig Jahren in den Wellen."
    Die Regierung von Kiribati hat auf einer der Inseln Fidschis ein Stück Land gekauft, zehnmal so groß wie Monaco. Denn Kiribati verliert den Boden unter den Füßen. Kein einziger Bereich des Landes liegt mehr als zwei Meter über dem Meeresspiegel, Welle für Welle frisst die See die Heimat der Bewohner auf, umspült ihre Häuser, zerstört den Boden, mit dem sie, mit dem ihre Vorfahren eigentlich untrennbar verbunden sind. Doch jetzt müssen sie sich trennen
    "Niemand möchte seine Heimat verlassen, sie leben dort seit Jahrhunderten. Doch der Klimawandel zwingt sie dazu."