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Mehr Gewissheit über den Klimawandel in Europa

Klimaforschung. - 37 Millionen Euro des Bundesforschungsministeriums standen dem Deutschen Klimaforschungsprogramm DEKLIM zur für Projekte zur Verfügung, die sich mit Verbesserungen der Klimavorhersage und -analyse befassen. Auf einem Abschlusssymposium in Leipzig haben die beteiligen Wissenschaftler nun Bilanz gezogen und Weichen für die Zukunft gestellt.

11.05.2005
    Vorhersagen über künftige, regionale Klimaänderungen können die Klimaforscher heute tatsächlich liefern, auch wenn sie selbst lieber vorsichtig von "möglichen Szenarien" für die Zukunft sprechen. Daniela Jacob, stellvertretende Direktorin der Abteilung "Atmosphäre im Erdsystem" am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg hält danach für Zentraleuropa eine Zunahme der Temperatur um zwei bis drei Grad für wahrscheinlich: "Zwei Grad bis ungefähr Mitte dieses Jahrhunderts und drei Grad ungefähr bis Ende dieses Jahrhunderts." Ihre Prognose geht davon aus, dass der CO2-Gehalt der Atmosphäre vorerst weiter wächst. Ein solcher Anstieg hätte auch Auswirkungen auf die Niederschlagsmengen, so Jacob: "Alle Modelle, die heute regionale Klimaszenarien rechnen, sagen dann eine Zunahme der Winterniederschläge in Mitteldeutschland, in weiten Teilen auch in Mitteleuropa, voraus, und fast alle eine Abnahme der Sommerniederschläge. Die Modelle unterscheiden sich nicht mehr in ihrem Trend, nur in der Stärke des Trends."

    Im Sommer also weniger Regen, im Winter mehr - wie groß dieser Effekt sein wird, vermag aber noch niemand genau zu sagen. Manche Modelle sehen eine Abnahme des Sommerregens in Mitteleuropa von lediglich fünf Prozent, andere bis zu 40 Prozent voraus.

    Für die Landwirtschaft könnte es jedenfalls durchaus kritisch werden. Denn bliebe der Regen während der Vegetationsphase aus, wäre die Ernte in Gefahr. Zudem sagen die Simulationen im Rahmen von DEKLIM auch noch stärkere Ausschläge des Wetterpendels voraus, erklärt Daniela Jacob: "Alle Modelle sagen mittlerweile, dass die Variabilität zunimmt. Man muss also damit rechnen, dass extreme Wettersituationen auftreten, die wir heute nicht beobachtet haben. So etwas wie den Sommer 2003 zum Beispiel oder auch Starkniederschläge, wie sie zum Elbe-Hochwasser geführt haben, können immer wieder und unter Umständen auch noch stärker auftreten."

    Die steigenden Mitteltemperaturen; die Umverteilung der Niederschläge, das wachsende Risiko für Wetterextreme - das alles, sagt die Klimaforscherin, decke sich mit den Ergebnissen anderer europäischer Forschergruppen. Auch sie rechneten , in einem zeitgleich laufenden EU-Projekt, regionale Klimamodelle durch: "Diese beiden Projekte zusammen haben dazu geführt, dass wir jetzt diese doch gesicherten Trends abzeichnen können. Das ist wirklich neu, denn das hatte man vor drei oder fünf Jahren noch nicht. Da waren sich die Modelle in ihren Trends noch nicht einig."

    Andere Projektzweige im DEKLIM-Verbund befassten sich mit dem so genannten Paläoklima, also dem Klima der Vergangenheit, oder auch mit den komplizierten, globalen Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre, Ozeanen und Biosphäre. Wolfgang Lucht vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, nennt einige Highlights aus diesen Forschungsergebnissen: "Zum Beispiel wurde festgestellt, dass die Erwärmung des Indischen Ozeans einen Einfluss auf die Wetterentwicklung in Europa hat. Ein Beispiel für eine Fernwirkung. Es ist festgestellt worden, dass durch eine Erwärmung in den nördlichen Breiten das Vegetationswachstum dort zugenommen hat. Der Norden wird grüner." Die Forschungsergebnisse wurden in renommierten Fachzeitschriften wie "Science" oder "Nature" veröffentlicht und fließen, Lucht zufolge, auch in den neuen Welt-Klimareport der Vereinten Nationen ein. Er soll spätestens in zwei Jahren erscheinen und darlegen, was dann aktueller Stand der Dinge in Sachen Klimawandel ist. DEKLIM selbst läuft derzeit zwar aus, aber ein Nachfolge-Programm ist bereits aus der Taufe gehoben, wiederum gefördert vom Bundesforschungsministerium. Diesmal soll die Wissenschaft aber Konzepte dafür entwickeln, wie Wirtschaft und Gesellschaft am besten mit dem Klimawandel und seinen Folgen umgehen.

    [Quelle: Volker Mrasek]