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Mehr Vitamin D ist nötig

Physiologie. - Nahrungsergänzungsmittel sind nicht unumstritten. Von vielen wird die zusätzliche Einnahme von zum Beispiel Vitaminen abgelehnt. Doch beim Vitamin D scheint sie nach der jüngsten Empfehlungsrevision der deutschen Gesellschaft für Ernährung durchaus sinnvoll. Die erhöhte den Referenzwert auf das Vierfache.

Von Volker Mrasek | 12.01.2012
    Vitamin D hält Knochen bis ins hohe Alter stabil und Muskeln kräftig; außerdem ist es wichtig für unser Immunsystem. Wie gut jemand mit Vitamin D versorgt ist, läßt sich an einem Blutwert ablesen. Und zwar an der Konzentration von Hydroxy-Vitamin D, einem Umbauprodukt im Körper. Angela Bechthold, Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, DGE:

    "Da wird ein Wert von 50 Nanomol pro Liter als wünschenswerte Konzentration angesehen, um Krankheiten vorzubeugen. Also, dieser Wert ist der Wert, für den gezeigt wurde, daß damit das Risiko für Frakturen im Alter, für Stürze im Alter, für vorzeitigen Tod – daß das Risiko gesenkt werden kann. Dafür haben wir eine überzeugende Evidenz, so heißt das. Das heißt, die Beweislage ist ganz eindeutig. Daher wünschen wir uns diesen Wert in der Bevölkerung."

    Um diesen Versorgungsstatus zu erreichen, genügen die bisherigen Empfehlungen für die tägliche Zufuhr von Vitamin D aber nicht.Das ist das Ergebnis einer neuen Bewertung durch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Peter Stehle, Professor für Ernährungsphysiologie an der Universität Bonn und bis vor kurzem Präsident der DGE:

    "Im Bereich des Vitamin-D-Stoffwechsels und der Forschung dazu hat sich in den letzten zehn, 15 Jahren sehr viel getan. Auch hinsichtlich der Überlegung, wie viel wir tatsächlich brauchen, damit wir unseren Stoffwechsel unterstützen."

    Die Reaktion der DGE: Sie hat den sogenannten Referenzwert für Vitamin D jetzt erhöht, und zwar kräftig. Säuglinge sollen nunmehr zehn Mikrogramm pro Tag zuführen, Kinder, Jugendliche und Erwachsene 20. Die frühere Empfehlung lag bei fünf Mikrogramm pro Tag. Der Referenzwert hat sich also verdoppelt beziehungsweise vervierfacht. Säuglinge und Senioren in Heimen und Kliniken erhalten heute schon vorsorglich Vitamin-D-Präparate. Bei ihnen wird die Dosis nun verdoppelt werden. Doch was bedeuten die neuen Referenzwerte für alle anderen?

    Nach Untersuchungen des Robert-Koch-Instituts liegen immerhin 60 Prozent der Bundesbürger unter dem wünschenswerten Blutspiegel für Vitamin D. Wie läßt sich das ändern? Durch die Ernährung so gut wie gar nicht, sagt Angela Bechthold:

    "Es gibt wenige Lebensmittel, die Vitamin D in nennenswerten Mengen enthalten. Das ist in erster Linie fetter Fisch, also zum Beispiel Makrele oder Hering. Das heißt, der neue Referenzwert von 20 Mikrogramm pro Tag ist über die Ernährung mit den üblichen Lebensmitteln bei weitem nicht zu erreichen."

    Nach heutigem Kenntnisstand steuern Lebensmittel bestenfalls zehn bis 20 Prozent bei. Die überwiegende Menge Vitamin D muss unser Körper also selbst produzieren, was er durchaus kann. Wir sprechen ja hier über das "Sonnenvitamin". In Hautzellen gibt es einen entsprechenden Stoffwechsel-Weg. Peter Stehle:

    "Für die Eigensynthese müssen Sie UV-B-Bestrahlung haben, also ein Teil des Sonnenlichts, das dann auf die Haut einwirkt. Wenn Sie eine gewisse Zeit einen Viertel des Körpers, sag ich mal - Arme, Beine, Kopf, Hals -, freihalten und dann zehn, 15, 20 Minuten Sonnenbestrahlung, haben, dann bilden Sie im Prinzip genügend Vitamin D und müssen es nicht mehr essen."

    In den sechs Monaten von Oktober bis März strahlt die Sonne in unseren Breiten allerdings nicht mehr stark genug. Dann ist die Frage, ob man im Sommer genügend Vitamin D gebildet und im Körper deponiert hat, um auch noch in der dunklen Jahreszeit optimal damit versorgt zu sein. Nach den Daten des Robert-Koch-Instituts ist das bei den meisten offenbar nicht so. Wer gar nicht nach draußen kommt oder die Sonne aus welchen Gründen auch immer meidet, dem bleibt laut Angela Bechthold nur eines:

    "Dann ist zur Deckung der Differenz zwischen der Zufuhr mit der Ernährung und den 20 Mikrogramm die Einnahme eines Vitamin-D-Präparates notwendig."

    Wobei die DGE-Expertin betont: Es gehe hier nicht um gesundheitliche Mangelzustände, sondern darum, möglichen Krankheiten vorzubeugen. Dafür sei eben ein Wert von 50 Nanomol Hydroxy-Vitamin-D im Blut nach heutigem Wissen optimal:

    "Das heißt jetzt nicht wenn jemand weniger im Blut hat, daß er dann automatisch krank wird oder jetzt irgendeiner Gefahr ausgesetzt ist."

    Wer es genau wissen will, kann seinen Vitamin-D-Status vom Hausarzt untersuchen lassen. Allerdings ist die Analyse ziemlich teuer. Kostenlos gibt es dagegen den Rat von Peter Stehle:

    "Leute, geht an die frische Luft!"

    Und das auch zu dieser Jahreszeit.