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Mehr Wettbewerb durch weniger Geld

Nach langem Streit haben die Bundesminister für Wirtschaft und Umwelt, Philipp Rösler (FDP) und Norbert Röttgen (CDU), sich in wichtigen Streitfragen der Energiepolitik geeinigt. Die Solarförderung soll schnell und drastisch sinken, erklärten die Minister übereinstimmend.

Von Theo Geers | 23.02.2012
    Das kleine Häuflein protestierender Arbeitnehmer aus der Solarindustrie konnte den Bundeswirtschafts- und den Bundesumweltminister heute nicht umstimmen. Auch nicht die deutliche Warnung von Carsten Körnig vom Bundesverband Solarwirtschaft:

    "Wir wissen, dass an der Solarbranche inzwischen 130000 Jobs hängen und wir gehen davon aus, dass wenn es hart aufkommt, mehrere zehntausend Jobs in Gefahr sind. () möglicherweise binnen weniger Monate."

    Die Solarindustrie läuft Sturm gegen die Kürzungspläne der Bundesregierung, die es eilig hat, sehr eilig sogar. Schon ab dem 9. März sollen die Einspeisevergütungen für Solarstrom sinken. Auf diesen 9. März wird die zum 1. Juli ohnehin anstehende Kürzung aber nicht nur vorgezogen; sie fällt auch drastischer aus: Statt um 15 Prozent sinken die Einspeisevergütungen je nach Größe der Anlage um bis zu 30 Prozent. Bei kleineren Anlagen auf Privathäusern sind es immer noch 20 Prozent, auch danach geht es Monat für Monat mit den Vergütungen nach unten. Grund für die massiven Kürzungen ist, dass im letzten Jahr trotz der auch damals schon sinkenden Vergütungen so viele neue Anlagen ans Netz gingen wie noch nie, Anlagen mit einer Leistung von 7500 MW:

    "Das ist ein Zuviel – wir wollen die PV, ich halte sie für eine Zukunfts- nein Gegenwartstechnologie mit starken Exportchancen, aber sie muss was Kostenbelastung und Netzstabilität anbelangt, in einem vernünftigen Rahmen wachsen","

    sagt denn auch Bundesumweltminister Röttgen, der damit auch auf Kürzungsvorschläge von Bundeswirtschaftsminister Rösler reagiert. Und Röttgen glaubt im Gegensatz zur Solarindustrie oder den Umweltverbänden auch nicht, das mit diesen Kürzungen jetzt die Energiewende auf dem Spiel steht. Im Gegenteil:

    ""Die Energiewende wird nur Erfolgsgeschichte bleiben, wenn es zu Anpassungen kommt. Wenn wir heute noch 44 Cent für eine kleine Dachanlagen-Kilowattstunde bezahlen würden wäre das nicht mehr bezahlbar. Es würde auch die Akzeptanz verloren gehen."

    Um die Solarförderung bezahlbar zu behalten, werden die Photovoltaikanlagen für deren Käufer aber noch mit weiteren Änderungen unattraktiver gemacht. Bisher werden ihnen ab Inbetriebnahme der Anlage 20 Jahre alle erzeugten Kilowattstunden Solarstrom zum Fixpreis abgenommen. Künftig sind es bei Großanlagen nur noch 90 Prozent, bei Kleinanlagen auf dem Hausdach nur noch 85 Prozent. Solarstromerzeuger müssten also den Strom, der über die 85 oder 90 Prozent hinaus geht, entweder selbst vermarkten oder selbst verbrauchen. Dadurch sinkt die Solarförderung noch einmal, was Carsten Körnig vom Bundesverband Solarwirtschaft bitter kommentiert.

    "Die Summe all dessen ist ein Giftcocktail. Die einzelnen Maßnahmen setzten sich zusammen zu Absenkungen von über 40 Prozent binnen weniger Monate, das ist nicht darstellbar im Markt, das wird dazu führen, dass viele Anlagen hier nicht mehr realisiert werden."

    Treffen dürfte es dabei vor allem die Großanlagen, hinter denen oft kapitalkräftige Investoren stehen. Und weniger Neuanlagen bedeuten auch weniger Arbeitsplätze, doch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler verteidigt die Kürzungen dennoch:

    "Wenn wir das nicht tun, gefährden wir nicht nur 100 000 Arbeitsplätze in einer einzelnen Branche, sondern womöglich weitaus mehr Arbeitsplätze in ganz Deutschland, denn es geht um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft insgesamt, insbesondere des Mittelstandes, der am wenigsten Kompensationsmöglichkeiten dafür hat."

    Sorgen bereitet vor allem, dass die Stromkunden für die Solarstromförderung durch die schon installierten Anlagen schon jetzt weit über 100 Milliarden Euro aufbringen müssen. Doch an diesen Zahlungen ändern die heute verkündeten Kürzungen nichts mehr.