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Mein Klassiker
Schiller über den Film "Interstellar"

Christopher von Deylen alias Schiller hat kürzlich sein neues Album "Future" veröffentlicht. Für die Produktion lebte er zwei Jahre am Rand der Mojave-Wüste in Kalifornien, um den eigenen Geist zu rekultivieren. Da verwundert es nicht, dass es in seinem Klassiker ebenfalls um eine Reise geht. Eine erzwungene Reise: Die Flucht von der Erde im Film "Interstellar".

Von Benedikt Wischer | 27.09.2016
    Musiker Christopher von Deylen alias Schiller
    Musiker Christopher von Deylen alias Schiller (dpa / Matthias Balk)
    Mein Name ist Christopher von Deylen. Ich bin Musiker. Und mein Klassiker ist "Interstellar" von Christopher Nolan.
    "Der Weizen war eingegangen. Wir mussten alles wegen Mehltau verbrennen. Und wir hatten noch Mais. Hektarweise Mais. Aber, am meisten hatten wir Staub."
    Die Erde ist zunehmend mit einer Dunstglocke verhangen und die Menschheit muss auswandern. Die Menschheit hat nur eine Chance zu überleben, indem sie diesen Planeten, die Heimat, verlässt. Und es wird also ein Team von Astronauten ins Universum geschickt, um mögliche Ersatzerden aufzuspüren. Und das ist natürlich etwas sehr Existenzielles, wenn man merkt, dass die Heimat nicht mehr zu retten ist.
    "Wir Farmer sitzen jedes Jahr hier, wenn der Regen ausbleibt. Und wir sagen: nächstes Jahr. Aber das nächste Jahr rettet uns nicht, genauso wenig wie das danach. Diese Welt ist schön, aber sie sagt uns schon lange, wir sollen sie verlassen. Die Menschheit wurde auf der Erde geboren, sie muss aber nicht hier sterben."
    Tatsächlich ist aber Interstellar eher eine schon fast metaphysische Abhandlung der urmenschlichen Emotionen von Angst, Verlustangst, Liebe.
    "Wenn ich sage, dass Liebe etwas ist, was wir nicht erfunden haben. Sie ist wahrnehmbar, kraftvoll. Ich fühle mich quer durch das Universum zu jemandem hingezogen, den ich zehn Jahre nicht gesehen habe. Wohlwissend, dass er wahrscheinlich sogar tot ist. Liebe ist das einzige was für uns spürbar ist und die Dimensionen von Zeit und Raum überwindet."
    Es geht um den Zusammenhalt einer Familie, es geht um die Rettung der Welt, nicht mehr und nicht weniger. Das Ganze ist aber auf eine sehr kluge, trotzdem aber, im positivsten Sinne, dramatische Art und Weise erzählt.
    Eine Parabel über die uralte Suche nach dem Ich
    Die Musik von Hans Zimmer - von dem man schon viel gehört hat, viele Filmmusiken - ich finde es ist ihm gelungen bei Interstellar wirklich sich selbst zu übertreffen, denn die Wucht und die trotzdem dezente Kompositionstaktik, die er gewählt hat, nämlich mit sehr einfachen Melodien und sehr zurückgenommenen und, wenn man so will, auch sehr uneitlen Melodien zu arbeiten. Das verleiht dem Film noch eine besondere Ebene, die sicherlich für die Gesamtwirkung sehr hilfreich ist.
    Ja, der Film arbeitet noch ganz nebenbei - aber auch mit sehr leichter Hand - noch die Relativitätstheorie von Einstein ein, in der Zeit unter gewissen Bedingungen an verschiedenen Orten auf völlig verschiedene Art und Weise vergeht. Eine Stunde auf einem entfernten Planeten bedeuten fünf Jahre auf der Erde. Und das ist etwas, was natürlich gerade in der Begegnung des Vaters, der von diesem entfernten Planeten zurück auf die Erde kommt und sieht, dass seine Tochter inzwischen das Alter seiner Großmutter erreicht hat. Das hat etwas Rührendes und etwas tief Berührendes.
    "Niemand hat mir geglaubt. Aber ich wusste du kommst zurück."
    "Woher?"
    "Weil mein Dad es mir versprochen hat."
    "Jetzt bin ich hier Murph. Ich bin hier."
    Ich kann ihn sehr empfehlen, es ist ein Film der uns wirklich zu dem zurückführt, was wir eigentlich sind und schon fast eine Parabel ist über die uralte Suche nach dem Ich.