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Meister der Hochrenaissance

Er ist der bedeutendste Repräsentant der venezianischen Malerei des 16. Jahrhunderts und einer der Hauptmeister der italienischen Hochrenaissance: Tiziano Vecellio. Die Schau in Rom gibt anhand von 45 seiner Werke einen Einblick in die wichtigsten Phasen seines künstlerischen Schaffens.

Von Thomas Migge | 06.03.2013
    "Nach den Ausstellungen zum Schaffen von Antonello da Messina, Giovanni Bellini, Lorenzo Lotto und Tintoretto ist es fundamental diesen Zyklus venezianischer Maler mit Tizian abzuschließen, dem ersten ganz großen europäischen Maler."

    Tiziano Vecellio, erklärt Ausstellungskurator Giovanni Villa, besaß die erstaunliche Fähigkeit, die Größe Michelangelos, die Klassizität Raffaels und die Essenz der Natur auf den Punkt zu bringen.
    45 der wichtigsten Werke Tizians, des, so Giovanni Villa, unbestritten wichtigsten Repräsentanten der venezianischen Malerei des 16. Jahrhunderts und einer der Hauptmeister der italienischen Hochrenaissance wurden für diese Kunstschau zusammen geliehen. Die römische Kunstschau stellt das Schaffen Tizians in seinen wichtigsten künstlerischen Phasen vor. Der junge Künstler, dessen genaues Geburtsdatum unbekannt ist, wahrscheinlich zwischen 1488 und 1490, kam schon früh in die damals glanzvolle und reiche Handelsstadt Venedig. Bei den Brüdern Gentile und Giovanni Bellini ging er in die Ausbildung. 1513 gründete er seine eigene Werkstatt und entwickelte sich zu einem in ganz Europa gefeierten Künstler. Tizian wurde ein Malerstar, reich und hoch geachtet. Aber er war nie ein Künstler, das will die Ausstellung deutlich machen, der nur einfach malte was seinen reichen Auftraggebern gefiel. Im Gegenteil, meint Kunsthistoriker Giovanni Villa:

    "Tizians großer künstlerischer Einfluss war in seiner Zeit außergewöhnlich. Er beeinflusste die Malerei des 16., des 17., 18. Jahrhundert, ja bis zur Revolution des Kubismus. Ohne ihn hätten wir nicht Velazques, Rubens und Rembrandt."

    Tizian war Porträtist, Landschaftsmaler und Spezialist in religiösen und mythologischen Sujets. Egal was er malte: charakteristisch für alle seine Werke ist der noch heute faszinierende Kolorismus. Viele seiner Gemälde, einige davon sind in der römischen Ausstellung zu sehen, waren zu ihrer Zeit eine Sensation. Vor allem das zwischen 1516 und 1518 entstandene Gemälde "Himmelfahrt Mariä" für die venezianischen Kirche Santa Maria Gloriosa dei Frari, die sogenannte "Assunta". In diesem vielleicht bedeutendsten Bild seiner langen Karriere vereinen sich die anmutige Lieblichkeit eines Raffael und die ausdrucksstarke Größe und malerische Gewalt Michelangelos zu etwas ganz Neuem. Mit einem Schlag wurde Tizian ein Star. Er wurde reich, erhielt Pensionen von Adligen und auch von Kaiser Karl V. und wurde offizieller Staatsmaler der Seerepublik Venedig.

    Was die wohlhabenden Zeitgenossen Tizians ausgerechnet bei diesem Maler Schlange stehen ließ, war dessen, so Giovanni Villa, chromatischer Klassizismus:

    "Das war eine ganz neue Art der Malerei: Tizian spielte mit chromatischen Flächen, mit Farben, die oft in starkem Kontrast zueinander stehen oder unterlegte sie mit einem dunklen Hintergrund. Und er stattete die Darstellung der Natur mit viel Gefühl aus."

    Villa gelang es einige der schönsten Hauptwerke Tizians nach Rom zu holen. Darunter das "Porträt Karl V. mit seinem Hund", die "Allegorie der Zeit, die von der Vorsicht gelenkt wird" und die "Bestattung Christi".

    Die Ausstellung thematisiert auch die besondere Beziehung zwischen dem Maler und Philipp II. von Spanien. In den letzten 25 Jahren seines Lebens malte Tizian vor allem für den spanischen König. Immer mehr zog er sich während dieser letzten Lebensperiode aus dem öffentlichen Leben Venedigs zurück. In dieser Zeit schuf Tizian auch ein Kruzifix für das spanische Klosterschloss Escorial. Ein Gemälde, das nach wie vor in dem Schloss bei Madrid hängt und nur einmal im Jahr ausgestellt wird. Kurator Villa ist es nach langen und zähen Verhandlungen gelungen, dieses Hauptwerk Tizians nach Rom zu holen. Ein düsteres, ungemein ergreifendes Bild des leidenden Gottessohnes, der einsam am Kreuz hängt, wahrscheinlich schon tot. Der starke Gegensatz zwischen dem leblosen Körper, der ganz in sich ruht, und dem drohenden mit zuckenden Blitzen dargestellten Gewitterhimmel im Bildhintergrund berührt den Betrachter auf beklemmende Weise. Ein Bild, das schon für sich allein einen Besuch dieser Ausstellung lohnt.