Lieder auf die Ex-Liebhaber

Von Judith Kochendörfer · 09.08.2010
Ihr Kollege Horst Evers nannte sie "einen der beeindruckendsten neuen Sterne am Vorlesehimmel": Sarah Hakenberg ist schriftstellernde Kabarettistin, viele kennen sie aus der ARD-Dokuserie "Abenteuer 1927 - Sommerfrische". Nun feiert sie Premiere mit ihrem zweiten Soloprogramm.
Lied: "Unter den Pinien von Argentinien habe ich mich so in dich verliebt...."

Zeitreise ins Jahr 1927. Im Gutshaus Belitz singt und spielt Sarah Hakenberg mit den anderen Sommergästen Lieder aus den 20er-Jahren, schreibt auf einer Schreibmaschine, die ständig hängt, trägt Bubikopf und Chiffonkleider. Als sie sich vor fünf Jahren für die ARD-Dokuserie bewarb, studierte sie gerade Theaterwissenschaft, Philosophie und Literatur und schrieb Geschichten nur zum Hobby.

"Als ich die Sommerfrische mitgemacht habe, da wusste ich noch gar nicht, wo es langgeht in meinem Leben. Das war direkt nach meinem Studium. Ich hab so nen Job gemacht als literarische Reiseleiterin. Daraus ist dann leider nichts geworden, weil diese Reisen nie stattgefunden haben. Da kam die Sommerfrische genau richtig. Und dort hab ich dann viele nette Künstler kennengelernt, die dann wiederum mich dazu gebracht haben, zu sagen, ja, ich kann das doch eigentlich auch machen, das nur auf der Bühne."

Die Sarah Hakenberg von 2010 ist zierlich und braungebrannt, trägt Jeansshorts. Ihr Gesicht ist offen, auf den Lippen liegt oft ein amüsierter Zug. In ihren Programmen kann sie bösartig sein, aber privat ist Sarah Hakenberg ziemlich harmoniesüchtig.

"Das hab ich so ein bisschen in mir. Ich mag, dass mich alle mögen. Krieg ich aber nicht hin. Männer können da viel besser mit umgehen."

Lied mit Klavier: "Sein Name ist Rose, sein Vorname Robert. Ach allzu leicht hatte mich Robert erobert. Ach eigentlich wollt ich den Ralf aus Schleswig, doch Ralf wollt ne andre und Robert wollt mich."

Ihr erstes Soloprogramm heißt "Knut, Heinz, Schorsch und die anderen" und erzählt von den insgesamt 206 Ex-Freunden und Ex-Liebhabern der Sarah Hakenberg. Natürlich sei nicht alles davon autobiografisch, meint die 32-Jährige augenzwinkernd, auch wenn sie es nach außen hin so verkauft. Sarah Hakenberg ist auch kein Mensch, der gerne über ehemalige Liebschaften herzieht, obwohl sie mit dem Lästern an sich weniger Probleme hat.

"Ich würde sagen, dass ich ziemlich gemein geworden bin. Die Lieder fangen oft sehr nett an, die Geschichten und werden oft gemein. Also als Beispiel:. Ich fange an mit dem Lied 'April April ich hab euch reingelegt.' Und der Schluss ist dann: 'Ein Autofahrer achtet nicht auf euch, so ein Idiot. Naja, denkt ihr, ist nicht so schlimm, dann bin ich eben tot. Doch statt des Himmelreichs mit hübschen Engelein liegt ihr im schwarzen Sarg und fragt euch, wie komm ich da rein? Tja, man hat euch reingelegt. Ihr glaubt auch wirklich alles, was man euch erzählt. Nach dem Tod das Himmelreich, haha ich lach mich schief – Mann, mann, mann, Ihr seid vielleicht naiv.' Und das ist sowas, das wird mir teilweise bereits übelgenommen. So: '*Das ist doch gemein! Vielleicht glaubst du nicht an Gott, aber es gibt genug Leute, die dran glauben! Und das kannst du doch nicht gleich am Anfang so niedermachen!'"

Sarah Hakenberg hat zwei Schwestern und einen Bruder, alle machen Musik, aber nur Sarah nutzt das heute im Beruf. Eigentlich hatte nie von der Kreativität abhängig sein wollen. Dachte, sie brauche unbedingt einen festen Job. Las ihre Geschichten auf Poetry Slams. Wollte Schauspielerin werden. Oder promovieren. Erst nach der Sommerfrische fand die gebürtige Kölnerin den Mut, ausschließlich fürs und vom eigenen Bühnenprogramm zu leben. Doch der Start als Künstlerin war nicht leicht, zumal sie damals in Berlin wohnte, dieser von Kulturangeboten so übersättigten Stadt.

"Also das erste Jahr war schon ziemlich krisig. Da hatte ich wirklich finanzielle Probleme und hab auch im Call-Center gearbeitet drei Monate lang. Und fand das ganz furchtbar. Und meine WG-Mitbewohner waren nicht wirklich gut gelaunt mir gegenüber, weil sie das Gefühl hatten, ich hab sowieso kein Geld und kann nicht mit ihnen feiern gehen.

Aber es ging trotzdem immer bergauf. Die Bühnen wurden immer größer, die Veranstaltungen immer professioneller, die Gagen immer höher, so ganz allmählich hat sich das entwickelt."

Aus dem Programm: "Gerade lese ich wieder einmal in einer Männerzeitschrift, dass es in unserer Gesellschaft an lustigen Frauen mangelt. Tja, denke ich stolz: Es kann nun mal nicht jede Frau so ausgesprochen witzig sein wie ich! Dann lese ich weiter, dass sich bei Frauen Witz und Attraktivität grundsätzlich ausschließen. Spontan beschließe ich, meine Lustigkeit an den Nagel zu hängen und mich in eine melancholische und tiefsinnige Frau zu verwandeln."

Berlin hat Sarah Hakenberg recht bald verlassen, sie zog nach Strasbourg, der Liebe wegen. Auch nicht die ideale Stadt für ein deutschsprachiges Kabarettprogramm. Aber die nahen süddeutschen Bühnen boten ihr genügend Raum zum ausprobieren, und auch die ersten Fernsehauftritte sollten kommen. Hier liest Sarah Hakenberg nicht nur, sie begleitet sich selbst am Klavier. Im neuen Programm wird noch die singende Säge dazukommen. Die hat sie grade frisch gelernt. Geige und Gitarre spielt sie auch, lässt sie aber lieber zuhause.

Aus dem Programm: "Im nächsten Song segelt Rod Steward sich frei. Frau Lennox fragt passenderweise nur "why?" Dann bittet Phil Collins um noch eine Nacht. Ich denk: Hätt ich nur schon die erste geschafft! Ja so ging's mit Robert Rose..."

Webseite von Sarah Hakenberg