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Ein Blick auf die Zahnarztrechnung

Nur wenig Transparenz, bemängeln Verbraucherzentralen und Krankenkassen, oft höhere Kosten als erwartet, heißt es von Patientenseite. Die Praktiken bei der Erstellung von Zahnarztrechnungen sind nur schwer zu durchschauen, aber es gibt Wege selbst für mehr Transparenz zu sorgen.

Von Verena Kemna | 12.04.2012
    Die unabhängige Patientenberatung in Berlin Schöneberg ist eine von bundesweit 21 Beratungsstellen, die Einzige in ganz Berlin. Allein im vergangenen Monat haben sich dort etwa 350 Menschen kostenfrei beraten lassen. Eine Hotline, ein persönliches Gespräch vor Ort, Berater, von denen einige auch türkisch und russisch sprechen - so lautet das Angebot der Berliner Beratungsstelle. Viele Patienten beklagen, dass sich Zahnärzte zu wenig um Aufklärung bemühen, erklärt die Juristin Michaela Schwabe:

    "Dass ich einfach weiß, möchte ich die Behandlung bei diesem Zahnarzt zu diesen Kosten durchführen lassen. Es gibt natürlich Fälle, wo die Kosten etwas höher werden können, weil der Zahnarzt das medizinisch vorher nicht erkennen konnte. Aber auch in so einem Fall ist der Zahnarzt gehalten, den Patienten darauf hinzuweisen, das könnte jetzt teurer werden. Bitte rechnen sie damit, dass ich leider eine etwas höhere Rechnung stellen muss, die dann so und so hoch sein wird, dann wären schon viele Missverständnisse ausgeräumt."

    Um die Patienten vor überhöhten Rechnungen zu schützen, fordert der GKV-Spitzenverband, die zentrale Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen in Deutschland, mehr Transparenz. Die Kassen fordern mehr Einblick in die zahnärztliche Abrechnungspraxis. Ihnen geht es vor allem um den stetig steigenden Kostenanteil, den gesetzlich Versicherte, etwa für Füllungen und Implantate privat dazu bezahlen müssen. Um zu verhindern, dass unerwartete Extrabehandlungen die Rechnung in die Höhe treiben, rät Michaela Schwabe jedem Patienten zu einem Kostenvoranschlag:

    "Man bekommt ja als gesetzlich Versicherter einen Heil- und Kostenplan und in der Regel, wenn es um zusätzliche Leistungen geht, die die Krankenkasse nicht übernimmt, schließt man ja eine gesonderte Vereinbarung. Da würde ich mir als Verbraucher, wie wir es ja bei Handwerksrechnungen auch machen, einen Kostenvoranschlag geben lassen und das vielleicht im vor hinein schon mal überprüfen lassen."

    Wer Zweifel hat, kann sich derzeit an die Verbraucherzentralen oder an die Unabhängige Patientenberatung Deutschland wenden. Nach der Ankündigung des GKV-Spitzenverbandes ist damit zu rechnen, dass auch die gesetzlichen Krankenkassen künftig vermehrt solche privaten Heil- und Kostenpläne überprüfen. Patientenberaterin Michaela Schwabe:

    "'"Ich denke mal da steckt mehr ein politisches Interesse dahinter, um einen Allgemeineindruck zu bekommen, ob Zahnärzte korrekt abrechnen. Das heißt, wer individuell ein Problem mit seiner Zahnarztrechnung oder seinem Zahnarzt hat, der ist sicherlich bei der UPD besser beraten.""

    Gesetzlich Versicherte müssen beim Zahnarzt immer mehr privat dazu zahlen - ein Trend, der sich in den vergangenen Jahren verstetigt hat. Dazu kommt, Zahnärzte können über die Art der Diagnose indirekt selbst entscheiden, welche Leistungen sie über die private oder über die gesetzliche Gebührenordnung abrechnen. Das erklärt, weshalb Rechnungen für ähnliche Leistungen je nach Zahnarztpraxis unterschiedlich hoch ausfallen können. Der GKV Spitzenverband fordert, dass die Krankenkassen mit den Zahnärzten Höchstsätze aushandeln. Der Verbraucherzentrale Bundesverband unterstützt die Forderung nach mehr Transparenz. Gesundheitsreferentin Susanne Mauersberg:

    "Da gibt es sehr viele Missstände in diesem Bereich und da werden mehrere Missstände aufgegriffen in diesem Papier. Also es ist nicht Populismus, es sind ernsthafte und wichtige Anliegen, die wir in der Zukunft verfolgen müssen."

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