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Mensch und Maschine
Mein Partner mit dem Roboter-Händchen

Der Mensch hat Fähigkeiten, die sich auch in der Produktion nur schwer von einem Roboter umsetzen lassen. Der kann aber helfen, wenn es zum Beispiel ums schwere Heben geht - intelligente System vereinfachen die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine.

Von Piotr Heller | 04.05.2018
    Das Werk "manifest" von Peter Weibel in der Ausstellung "Open Codes" - ein Industrieroboter verfasst die Maschinenrechtserklärung
    Ein Roboterarm: Zukünftig soll die Zusammenarbeit sicherer und einfacher werden. (dpa / Uli Deck)
    Beim amerikanischen Elektroautobauer Tesla stockt ja bekanntlich die Produktion des Model 3. 5.000 Exemplare dieses Mittelklasse-Elektromobils sollten inzwischen pro Woche vom hochautomatisierten Band im kalifornischen Freemont rollen. Derzeit sind es höchstens 2.000. Firmenchef Elon Musk postete letzten Monat auf Twitter eine mögliche Begründung für die Verzögerungen:
    "Die exzessive Automatisierung bei Tesla war ein Fehler – mein Fehler, um genau zu sein. Menschen sind unterbewertet."
    Die Frage ist aber: Was ist das richtige Maß an Automatisierung? Und wie integriert man die vielen cleveren Roboter, die es heute zweifelsfrei gibt, in die Arbeitsabläufe? Anschauungsbeispiele sind im Future Work Lab in Stuttgart zu sehen. Es ist eine Art Forschungs-, Spiel- und Demonstrationswiese für neueste Entwicklungen in den Werkhallen der Welt.
    "Was Sie hier sehen, ist unser Demonstrator zum Thema Kooperation von Menschen mit sehr großen Robotern. Stellt dar, wie der Roboter in Zukunft zu einer Art Kollege für den Werker werden könnte."
    Erklärt der Ingenieur Thomas Dietz vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung. Er steht in der Halle des Future Work Lab vor dem orangefarbenen Arm eines tonnenschweren Industrieroboters. Eigentlich sollte man bei solch kräftigen Maschinen einige Meter Sicherheitsabstand einhalten. Aber neben diesem Exemplar können sich Mitarbeiter sicher fühlen.
    "Das Ganze wird überwacht durch ein Kamerasystem. Das stellt sicher, dass sie sich nicht zu nahekommen, weil so ein Roboter ein gewisses Gefährdungspotenzial hat für den Menschen. Hier sehen sie die Überwachung mit den Zonen. Wenn wir hier mal kurz rausgehen, ist die nicht verletzt. Wenn wir reingehen, verletzen wir die Zone, was dem Roboter sagen würde: Halt an, ansonsten kannst du dem Menschen gefährlich werden."
    Statt einem physischen Sicherheitskäfig hat dieser Roboter sozusagen einen virtuellen Schutzzaun. Bei dieser Demonstration sollen Mensch und Maschine gemeinsam einen industriellen Sensor für Flüssigkeiten zusammenzuschweißen. Der Sensor besteht aus einem Gehäuse und einer Haube, beide mehrere Kilo schwer. Eigentlich eine kräftezehrende Aufgabe. Aber hier stellt der Roboter zunächst das Material bereit und nimmt dem Menschen das Heben ab.
    "Jetzt gehen wir in die nächste Phase der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Roboter. Und zwar geht es darum, diese Haube hier einzufädeln. Das ist sehr schwierig zu automatisieren, weil es ein hakeliger Prozess ist, auch ein toleranzbehafteter Prozess. Und hier kommt die Fähigkeit des Menschen ins Spiel, zu reagieren, die Situation einzuschätzen, Entscheidungen zu treffen, kreativ nach Lösungen zu suchen."
    Roboter übernimmt das schwere Tragen
    Der Roboter trägt jetzt die schwere Haube. Thomas Dietz greift den Arm der Maschine und führt ihn mit seiner Hand zum Gehäuse des Sensors. Die Maschine lässt sich folgsam in die richtige Position bugsieren und der Mensch kann das Bauteil ausrichten. Dann beginnt die dritte Phase.
    "Jetzt wird der Roboter zu einer Art intelligenter Vorrichtung. Er greift sich diese Baugruppe. Jetzt geht es darum, das Ganze auszuschweißen. Wenn ich das machen würde, müsste ich mich stark nach unten beugen, was Probleme mit sich bringt. Wenn der Roboter mir das Bauteil anreicht, kann er das in einer optimalen ergonomischen Position anreichen."
    Das Besondere an diesem Beispiel ist, dass Mensch und Maschine ihre jeweiligen Fähigkeiten in flexibler Arbeitsteilung ausspielen.
    "Wir versuchen, die ergonomisch problematischen Prozesse auf den Roboter zu übertragen und gleichzeitig den Werker permanent in den Arbeitsfluss einzubinden, sodass seine Expertise, seine Erfahrung weiter nutzbar wird."
    Auf diese Weise kann man die Maschine in bestehende Arbeitsabläufe integrieren. Der positive Effekt ist dabei nicht nur, dass so alles schneller und effizienter vorangeht. Auch die Ressourcen werden nachhaltiger genutzt. Man kann nämlich sagen, dass der Mensch im Laufe seines Arbeitslebens ein immer besserer Schweißer wird. Das bringt die Erfahrung mit sich. Und wenn die Maschine ihm die harte körperliche Arbeit abnimmt, kann der Mensch seine wertvolle Erfahrung viel länger ausspielen.